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Die Liebe eines Klon

Die Liebe eines Klon

Titel: Die Liebe eines Klon
Autoren: Frieda Rosa Meer
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Kapitel 1: Friedhof
    Sie parkte ihren Kleinwagen auf dem großen, leeren Parkplatz gegenüber dem Friedhof. Ein ganzes Stück entfernt, von den letzten Häusern des kleinen Dorfes, mitten auf dem Lande. Es war noch recht früh am Vormittag, so ca. halb zehn, ihr freier Tag. Sie sah sich, wie jedes Mal, wenn sie ihn besuchte, nach allen Seiten um. Es war weit und breit niemand auf dem Friedhof zu sehen. Bei ihren letzten Besuchen war es nicht viel anders gewesen. Einmal kam ihr eine alte Frau, auf einem noch älteren Fahrrad, mit einer Gießkanne auf dem Gepäckträger, entgegen. Ein kurzes Nicken als Gruß. Das Quietschen ihres Rades war noch von weitem zu hören, als sie langsam ins Dorf zurück fuhr. Oder ein Andermal, liefen zwei junge Frauen den Feldweg entlang, in Trainingsanzügen, modisch, farblich abgestimmt auf Turnschuhe und Stirnband. Als sie an ihr vorbeigelaufen waren und sie ihnen nachsah, konnte sie die Beiden miteinander tuscheln sehen, während sie sich ebenfalls nach ihr umsahen, verstehen konnte sie nichts, von dem was sie sprachen. Aber sie glaubte auch so zu wissen worüber sie sprachen. Sie selbst stammte aus einem kleinen Dorf, und wusste, dass jeder Fremde beobachtet und über seine Absichten spekuliert wurde. Lisa war froh heute niemanden zu sehen. Es war nicht einfach dem Dorftratsch zu entgehen. Erst recht nicht ihn zu verhindern, es sei denn, sie würde auf diese Besuche verzichten, doch das wollte sie auf gar keinen Fall. Sie ging das kurze Stück bis zu der alten Holzpforte. Mit etwas Kraftaufwand schob sie diese beiseite. Jedes Mal wenn sie dort stand, wo so viele Menschen ihren Platz gefunden hatten, den sie nie wieder verlassen würden, überfiel sie eine merkwürdige Stimmung. Sie konnte nicht anders, sah nach links, sah nach rechts, las die Namen, die Geburtstage, die Sterbetage. Sie fand alte und junge Menschen. Menschen, die ein so langes Leben hatten, dass sie sich danach sehnte, Geschichten aus ihrem Leben zu hören. Kinder, die nur wenig Zeit hatten ihr Leben mit Geschichten zu füllen, aber glücklich waren, wie Lisa hoffte. Ehepaare, Lebensgefährten, die einander nach nur wenigen Tagen gefolgt waren. Familiengräber, liebevoll gepflegt, bepflanzt, gegossen und gehakt. Die schon jetzt erzählten, wer hier einmal liegen würde. Der Mann würde seiner Frau folgen. Die Frau ihrem Mann. Aber sie entdeckte auch Menschen die alleine, ohne Familie da lagen, neben ihnen, völlig fremde Menschen. So war es auch „ihm” ergangen. Lisa war an seinem Grab angekommen. Einige verwelkte Sträuße standen in Vasen und Töpfen auf seinem Grab. Sie mussten wunderschön ausgesehen haben, als die Sonnenblumen und Margeriten ihre volle Blütenpracht zeigten. Vereinzelt waren auch noch blaue Kornblumen und die bereits leeren Blütenstängel der einst purpurroten Mohnblume zu erkennen. Wer auch immer ihm diese Sträuße gebracht hatte, musste sehr Naturverbunden sein. Ein flacher Stein lag mittlerweile am Kopfende des mit Rasen bewachsenen Grabes. Es war nichts weiter, als sein Name, und diese schrecklichen Zahlen auf ihm zu finden. Die die Kürze seines Lebens aufzeigten. Lisa war nur wenige Jahre jünger als er. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich sie. Bis vor wenigen Monaten hatte sie den Tod als eine in der Ferne liegende Begebenheit betrachtet. Etwas, was sie nicht beachten brauchte. Jetzt stand sie hier und der Tod war so nahe. Sie hatte das Gefühl er würde sie auslachen, wie naiv sie doch war. Ihr fröstelte. Die Luft war feucht, und der Morgennebel wollte sich nicht so recht von den grünen Wiesen trennen. Eine blass gelbe Scheibe hatte sich hinter ihm, den Himmel hinaufgeschoben. Wie ein blinder Spiegel, in den man hineinsah und nur Nebel erkennen konnte, stieg sie höher und höher. Vielleicht würde heute Mittag die Sonne scheinen, überlegte sie. Wieso dachte sie an heute Mittag? Sie hatte nichts vor. Langsam löste sie ihre Blicke von seinem Stein und ließ sie umher schweifen. Sein Grab lag am Rande des recht großen Friedhofes. Rundherum von einem Jägerzaun aus Holz und verschiedenen Büschen und Sträuchern umsäumt. Der Zaun war grün mit Moos überzogen und an manchen Stellen hing eine Latte senkrecht zu Boden. Hinter ihm begann ein großes Feld, was nun abgemäht und brach da lag. Die noch aus der Erde ragenden Stoppeln, erinnerten an das Korn, das noch vor wenigen Tagen dort stand. Hinter dem Feld verlief eine wenig befahrene Landstraße. Obwohl es schon Ende September war,
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