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Sax

Sax

Titel: Sax
Autoren: Adolf Muschg
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ihr im Weg war.
    Achermann, Asser und Schinz ließen die brüllende Walze auf sich zukommen, sie maßen das bedrohliche Gestürm, die idiotische Sturmflut mit aller verdienten Geringschätzung, sie sahen dem Blendwerk in die Augen, ohne zu zwinkern.
No pasarán!
sagten sie mit einer Stimme. Doch unbeeindruckt wälzte sich die verkehrte Welt immer näher, auf breiter Front, hageldick.
    Da klopfte es einmal, nicht laut, doch durchdringend. Die drei merkten auf; hatten sie diesen Ton nicht schon irgendwo gehört? Da erklang er zum zweiten Mal.
    Und siehe, wieviel auch kam und immer noch nachkam: die ganze Masse geriet ins Stocken. War der Effekt des ersten Abklopfens noch zweifelhaft gewesen: das zweite lähmte die feindliche Bewegung schon erkennbar. Und beim dritten Schlag, der gemächlich folgte, begann sich der Angriff in sich zusammenzuziehen wie eine Schnecke, die mit Säure beträufelt wird. Eines fünften und sechsten Klopfzeichens hätte es kaum noch bedurft. Der Feind hatte eben noch die ganze Landschaft überschwemmt; jetzt blieben nur noch vereinzelte Herde zurück, zappelnde Pfützen, in denen sich die aufgehende Sonne spiegelte; man konnte zusehen, wie sie verdampften.
    Man konnte aber auch geradewegs in die Sonne sehen, ohne daß sie die Augen blendete.
    Ja, das Klopfen, das gelassen weiterging, ein stabiler Puls, war unverkennbar; zwei von ihnen kannten den Ton und erläuterten ihn dem dritten, Jacques, der nie im Fabriklein gewesen war. Die Wildschweinscheuche. Ein mit Bedacht zugeschnittenes Bambusrohr, auf einem Drehpunkt befestigt. War es unter dem Wasserstrahl vollgelaufen, so kippte es nach vorn, und war sein Inhalt auf die eine Seite ausgeflossen, schlug es nach der andern Seite zurück, auf den Stein, daß er klang.
    Ich wundere mich nur, daß man es so weit hört, sagte Hubert. – Ein so diskreter Ton. Und daß es so durchschlagend wirkt.
    Ich wundere mich über etwas anderes, sagte Moritz. – Wo kommt das Wasser her? Die Scheuche stand unter der Traufe des Gartenhäuschens.Jetzt steht sie im weit offenen Feld, auf dem Grab des Genossen.
    Hubert sagte: dann hat
er
geklopft.
    Aus dem Boden vielleicht? fragte Moritz. – Es müßte regnen. Und es regnet gar nicht.
    Marybel ist im «Fabrikli», sagte Jacques. – Ich kenne den Ton.
    Die andern stutzten und blickten dann betreten in die Morgensonne; Moritz lachte.
    Sie bleibt eine von uns, sagte er, aber sie ist
unerschöflich
.
    In Gottes Namen, fügte Hubert bei.
    Nom de dieu
, vollendete Jacques.

 
     
     
     
     
     
     
     
    Impressum
     
    © Verlag C.H.Beck oHG, München 2010
    ISBN Buch 978 3 406 60517 8
    ISBN eBook 978 3 406 61518 4
     
    Weitere Informationen zum Buch und zum Programm des Verlags C.H.Beck
    Literatur – Sachbuch –Wissenschaft
     
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