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Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
Autoren: Evelyn Sanders
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Ein Brief mit Konsequenzen
    D er Herr Professor hat geschrieben!«
    »Dann ist entweder sein Telefon kaputt oder seine Sekretärin krank. Vermutlich beides.«
    Misstrauisch nahm Florian den Brief in Empfang. Die steile Handschrift auf dem Umschlag war unverkennbar die seines Bruders: Raum füllend, kaum leserlich und bezeichnenderweise mit Bleistift hingeschmiert.
    »Da muss irgendetwas passiert sein, sonst hätte Fabian seine kostbare Zeit nicht für einen simplen Brief geopfert. Das letzte Mal hat er sich schriftlich gemeldet, als Julia geboren wurde. Und das ist immerhin fünf Jahre her.«
    »Nun mach doch schon auf!«, befahl Tinchen ungeduldig. Sie mochte ihren Schwager zwar nicht besonders, ihre Schwägerin noch weniger, beide waren genauso staubtrocken wie die Mumien, mit denen sie sich in ihrer Eigenschaft als Archäologen befassten, aber Neugierde war nun einmal Tinchen hervorstechendste Eigenschaft, und wenn der überbeschäftigte Professor Bender seinem kleinen Bruder einen Brief schrieb, dann musste es sich um etwas Wichtiges handeln.
    Mit dem Finger schlitzte Florian den Umschlag auf und zog einen eng mit Maschine beschrifteten Bogen heraus.
    »Hat ja doch seine Sekretärin getippt«, meinte Tinchen enttäuscht. »Wahrscheinlich ist es bloß wieder die Kopie seines nächsten Referats. Ewig dieses langweilige Geschwafel! Wer außer ihm interessiert sich schon für eingemachte Könige?«
    Inzwischen hatte Florian die ersten Zeilen überflogen. »Diesmal ist es ein richtiger Brief.«
    »Aber ein diktierter«, widersprach Tinchen. »Das MA da oben heißt ja wohl Mahlke und nicht Mittelalter, obwohl es auf diese vertrocknete alte Schachtel auch zutreffen würde, die sich Sekretärin nennt und nicht mal die Kommaregeln kennt. Siehste, hier hat sie schon wieder eins ausgelassen!« Tinchen tippte auf die fragliche Zeile.
    »Wenn auf ›und‹ ein vollständiger Hauptsatz folgt, muss man ein Komma setzen.« Stirnrunzelnd las sie weiter. »Was soll das überhaupt heißen: ›Und deshalb haben wir ein Attentat auf Euch vor‹? Sollen wir etwa wieder diesen grässlichen Papagei in Pflege nehmen? Kommt nicht in Frage! Das letzte Mal hat Tobias sein Repertoire an Kraftausdrücken verdoppelt, und ich wurde in die Schule zitiert, weil seine Lehrerin wissen wollte, wo er diese ganzen Schimpfwörter aufgegabelt hat.«
    »Jetzt lass mich doch erst einmal zu Ende lesen, ich weiß ja selbst noch nicht, worum es geht. Du solltest lieber mal in der Küche nachsehen, ich glaube, das Wasser brennt an.« Schnuppernd zog er die Luft ein.
    »Himmel, die Bratkartoffeln!«, schrie Tinchen und stürzte zur Tür hinaus. Sekunden später ein neuer Aufschrei: »Bist du verrückt geworden, Tobias? Du kannst doch nicht eine ganze Kanne Wasser über den Herd gießen!«
    »Aber es hat doch alles gequalmt, Mami, und da habe ich gedacht, es brennt.«
    »Mach bloß, dass du rauskommst, sonst brennt es gleich hinter deinen Ohren!« Angewidert betrachtete Tinchen die verkohlten Kartoffelscheiben, die in einer nicht weniger schwarzen Brühe schwammen.
    »Das Essen ist hin«, stellte sie lakonisch fest. »Mach mal die Klotür auf, Julia!«
    Während sie die unappetitlichen Überreste in die Toilette kippte, überschlug sie in Gedanken ihre Vorräte. »Wollt ihr lieber Pizza oder Ravioli?«
    »Ravioli«, entschied ihr Sohn. »Pizza gab es erst vorgestern, als die Bohnensuppe so salzig war.«
    »Ich kann aber auch Eierkuchen machen«, bot seine Mutter als Alternative an, »und das mit der versalzenen Suppe ist bloß deshalb passiert, weil Papi mal wieder den Deckel vom Salzstreuer nicht richtig zugeschraubt hatte.«
    »Vorher ist ja nichts rausgekommen.« Florian hatte sich in der Tür aufgebaut und betrachtete kopfschüttelnd das Stillleben in der Toilette. »Jetzt spül endlich die Kartoffeln runter, am besten schmeißt du die verbrannte Pfanne gleich hinterher. Dann erübrigen sich wenigstens die Eierkuchen, die bei dir ja doch immer nach gerösteter Wellpappe schmecken, und dann mach in Gottes Namen die Raviolibüchsen auf. Aber nicht wieder mit dem Hammer! Die weiße Farbe reicht nicht mehr für einen neuen Anstrich.«
    Schuldbewusst stellte Tinchen die verkohlte Pfanne auf den Herd zurück. »Kochen ist nun mal nicht meine starke Seite. Bei meiner Mutter habe ich doch bloß Diätrezepte mitgekriegt, und damit bekomme ich euch nicht satt.«
    »Dafür fütterst du uns jetzt mit künstlichem Aroma, Kaliumnitrat, Benzoesäure und Glutamin«, sagte
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