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Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
Autoren: Evelyn Sanders
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Wochenenden. Der Jerschke kauft mir doch nie ab, dass ich samstags und sonntags Spesen mache.«
    »Und immer die gleichen! Zwei Bier und zwei Korn.«
    Florian ließ seine Lesebrille auf die Nasenspitze rutschen und plierte zu Tinchen hinüber. »Du willst mir doch nicht etwa meinen Feierabendtrunk und meinen Frühschoppen ankreiden?«
    »Nö, mir tut’s nur Leid um das schöne Geld. Du solltest es lieber in Steuern investieren. Die steigen bestimmt.«
    Lachend knipste er die Schreibtischlampe aus und setzte sich auf Tinchens Sessellehne. »Du hast ja Recht, Tine, alles wird teurer. Heute kann einer allein schon genauso billig leben wie früher zwei.«
    »Mhmm, und wenn ein Kind kam, sprach man von Zuwachs. Jetzt redet man von Abzugsposten. Auf deinem Nachttisch liegt übrigens wieder ein Brief vom Finanzamt.« Plötzlich richtete sie sich kerzengerade auf. »Du hast mir noch immer nicht gesagt, was in Fabians Brief steht.«
    Er zog den zerknitterten Umschlag aus der Hosentasche. »Weiß ich selber nicht. Bevor ich fertig lesen konnte, kam ja deine Katastrophenmeldung aus der Küche.«
    »Nun mecker doch nicht immer, wenn mir mal was danebengeht. Es ist ja schließlich meine erste Ehe.«
    Mit gerunzelter Stirn überflog Florian den Brief. Zwischendurch schüttelte er immer wieder den Kopf. »Der Junge spinnt!«, verkündete er endlich. »Der will uns mieten.«
    »Der will was?«
    »Uns mieten! Mit Kind und Kegel. Und gleich für ein halbes Jahr.«
    »Gib mal her!« Sie nahm ihm den Briefbogen aus der Hand, kuschelte sich wieder in ihre Ecke und begann halblaut zu lesen.
    Lieber Florian,
    wenn ich heute schriftlich und nicht nur telefonisch bei Dir melde, dann hat das einen sehr triftigen Grund, wie Du Dir denken kannst. Du brauchst Zeit, Dir meinen Vorschlag zu überlegen, und Ernestine muss ebenfalls einverstanden sein.
    (Warum nennt der mich bloß immer Ernestine?, dachte Tinchen erbost. Kann er nicht Tina sagen wie die anderen auch, dieser überkorrekte Holzkopf?)
    Vor einigen Wochen habe ich die Einladung bekommen, für ein halbes Jahr als Wissenschaftler und Gastdozent nach Amerika zu gehen, und zwar an die renommierte Universität Princeton. Du wirst Dir denken können, dass mich diese Aufgabe reizt, zumal die Einladung auch meine Frau einbezieht. Gisela hat in den letzten beiden Jahren auf dem Gebiet der Massenspektrumsanalyse bzw. der Aktivitätsmessung große Fortschritte gemacht und wird mir bei meiner Arbeit eine wesentliche Hilfe sein können.
    (Massenspektrumsanalyse, was ist das überhaupt? Ich kann das nicht mal ohne Stottern aussprechen. Muss er uns denn dauernd seine geistige Überlegenheit beweisen?)
    Nun haben wir allerdings ein Problem, für das sich noch keine befriedigende Lösung gefunden hat, und deshalb haben wir ein Attentat auf Euch vor. Während unserer Abwesenheit sollte eine vertrauenswürdige Person (resp. deren mehrere) das Haus bewohnen, sich um den Garten kümmern und auf diese Weise u.a. potenzielle Einbrecher von ihrem evtl. Vorhaben abbringen. Martha wird selbstverständlich auch hierbleiben, aber mit ihren nunmehr 72 Jahren kann ich ihr die ganze Verantwortung nicht mehr zumuten.
    Des weiteren sollten die Kinder nicht gänzlich ohne Aufsicht sein. Wir können sie leider nicht mitnehmen in die Staaten, obwohl ich die Möglichkeit, ihren Gesichtskreis zu erweitern, gern wahrgenommen hätte, aber dem stehen triftige Gründe entgegen: Clemens befindet sich mitten im Vorphysikum und kann seine Studien jetzt nicht unterbrechen. Urban hat noch zehn Monate Wehrdienst vor sich, deren Ableistung sich nicht verschieben lässt, und Rüdiger wird in anderthalb Jahren sein Abitur machen. Ließe ich ihn von der Schule beurlauben, dann ginge ihm ein Jahr verloren, und das möchten weder er noch ich. Bleibt noch Melanie, die wir durchaus mitnehmen könnten, aber unbegreiflicherweise weigert sie sich. Sie möchte nicht als Einzige den Vorzug eines Auslandsaufenthalts genießen – eine Einstellung, die ihr soziales Verhalten unterstreicht und die ich deshalb nur akzeptieren kann.
    Wie du weißt, lieber Florian, leben wir in recht guten finanziellen Verhältnissen, die sich dank meiner Berufung nach Amerika in Zukunft noch wesentlich verbessern werden. Aus diesem Grunde wäre ich auch bereit und in der Lage, unserem »Hausbesorger« ein entsprechendes Gehalt bei freier Station zu bieten. Dabei habe ich erster Linie an Dich gedacht. Auf Grund Deiner langjährigen Zugehörigkeit zum Redaktionsstab
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