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Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
Autoren: Evelyn Sanders
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baldigen Hochzeit bestanden. Noch vor Weihnachten, obwohl seine Schwiegermutter den Frühling für eine passendere Jahreszeit (»Das Kind erkältet sich ja in dem dünnen Tüllkleidchen!«) und die fünf Monate bis dahin für eine weitaus schicklichere Frist gehalten hatte.
    »Das gibt doch in der Nachbarschaft nur Gerede. Am Ende glauben die Leute noch, ihr müsst so schnell heiraten. Oder müsst ihr wirklich?«
    Obgleich Tobias am 11. Oktober und somit nach genau zehn Monaten und sechs Tagen geboren wurde, war Frau Antonie Pabst ihre Zweifel nie ganz losgeworden. »Es hat auch schon Fälle gegeben, in denen Kinder übertragen worden sind«, hatte sie behauptet und gleich das passende Beispiel aus ihrem weitläufigen Bekanntenkreis zur Hand gehabt.
    Unter diesen Umständen war es Tinchen nicht möglich gewesen, sich unter fachkundiger Anleitung die notwendigen Kenntnisse in Haushaltsführung anzueignen. Einen Säuglingskurs hatte sie besucht und Schwangerschaftsgymnastik betrieben, hatte sich von ihrer Mutter gesundheitsbewusst ernähren lassen und Florian mittags in die Kantine vom Pressehaus geschickt, aber der hatte dafür volles Verständnis aufgebracht. Wenn das Baby erst einmal da und die ersten kritischen Wochen überstanden sein würden, dann würde sich der Alltag normalisieren, und statt zäher Schnitzel würde Florian Sauerbraten mit Klößen und Pfeffersteaks vorgesetzt bekommen. Immerhin war seine Schwiegermutter eine respektable Köchin, auch wenn sie viel zu häufig ihren Diätfimmel bekam und die Familie mit Rohkostsalaten und kalorienarmen Hefesuppen traktierte. Geholfen hatten diese spartanischen Menüs allerdings nur dem Inhaber des Reformhauses, bei dem Frau Pabst die Zutaten kaufte, denn die jedes Jahr neu geeichte Badezimmerwaage hatte sich irgendwo an der 80-Kilo-Marke eingependelt und zeigte niemals auch nur die geringste Tendenz, nach unten auszuschlagen. Im Gegenteil. Tinchens Bruder Karsten, der trotz seiner sechsundzwanzig Jahre noch genauso dünn und schlaksig war wie damals, als Florian ihn kennen gelernt hatte, hatte erst unlängst ernüchternd festgestellt: »Da soll bloß einer behaupten, wir hätten keine Inflation. Was bei Mutti vor kurzem noch fünfundsiebzig Kilo waren, sind jetzt schon achtzig.«
    Leider hatte Florian ziemlich schnell herausgefunden, dass Tinchen von den kulinarischen Talenten ihrer Mutter nicht das Geringste geerbt hatte. Dafür besaß sie andere Vorzüge, die bei ihm weitaus höher zu Buche schlugen. Sie hatte Humor, nahm nur ganz selten mal etwas übel, akzeptierte die manchmal recht unorthodoxe Lebensauffassung ihres Mannes und lehnte die pedantische Ordnungsliebe ihrer Mutter rundweg ab. »Bei ihr sieht’s immer aus wie in einem Möbelkatalog. Bei uns merkt man wenigstens, dass hier jemand wohnt«, behauptete sie jedes Mal, wenn Florian sich erst einen Weg bahnen musste durch Legosteine, Spielzeugautos, Hundeknochen und zerfledderte Zeitschriften.
    »Kannst du das Zeug nicht trotzdem mal ein bisschen zusammensuchen?«
    »Mach’ ich, wenn du endlich deinen Schrank aufräumst. Der ist so voll gestopft, dass die Motten darin niemals fliegen lernen werden.«
    Nein, noch keine Sekunde hatte Florian bereut, dass er sein verrücktes, unpraktisches Tinchen geheiratet hatte, und das Kochen würde sie auch noch lernen. Mit ihren sechsunddreißig Jahren war sie schließlich noch keine alte Frau!

    »Was hat der Fabian denn nun wirklich gewollt?«, fragte Tinchen und rührte mit dem Finger die Eiswürfel in ihrem Campariglas um. Sie hatte sich auf ihrem Lieblingsplatz, einem schon etwas ramponierten Ohrensessel mit Plüschbezug, zusammengerollt und genoss die Stille nach dem Sturm. Die Kinder waren endlich im Bett, die Fliesen im Bad halbwegs trockengelegt, die Winterolympiade war vorbei, und Florian hatte keinen Grund mehr, auch heute wieder vor der Röhre zu hängen. Zwar hatte er als Lokalredakteur mit Sport auch im weitesten Sinne nichts zu tun, aber nach seiner Ansicht musste er über aktuelle Ereignisse der übrigen Ressorts ebenfalls informiert sein, und welche andere Möglichkeit gab es da schon als den Fernsehapparat?
    »Deine Zeitung«, hatte Tinchen geantwortet, aber Florian hatte abgewinkt. »Wer liest die denn schon? Ich bestimmt nicht.«
    Stattdessen hockte er mit untergeschlagenen Beinen auf seinem Schreibtischstuhl und sortierte Belege. Neben ihm lag ein Taschenkalender.
    »Ich weiß nicht, wie das kommt, aber die meisten Rechnungen stammen alle von
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