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Satans Eulen

Satans Eulen

Titel: Satans Eulen
Autoren: Jason Dark
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durften sie keine Menschen angreifen, und das hatte diese Eule getan. Zudem war sie kein richtiges Tier, sondern ein wahres Monster. Einen Totenschädel trug sie, das würde ihm keiner glauben. Als er darüber nachdachte, fiel ihm Enna, seine Frau, ein. Verflixt, was sollte er ihr sagen? Wie konnte er ihr beibringen, ohne daß sie mißtrauisch wurde, wie die Wunde an seiner Wange entstanden war. Denn das war ein regelrechtes Loch. Da Enna das Mißtrauen in Person war, mußte er sich schon etwas Gutes einfallen lassen.
    Darüber dachte er nach, als er den Weg zurückging. Nur noch ein letzter, schmaler, heller Streifen war am Himmel zu sehen. Ein blasses Grau, das bald verschwinden würde.
    Im Haus brannte Licht. Der Schein fiel gelb durch die Scheiben und sah irgendwie anheimelnd aus. Man konnte sich geborgen fühlen. Das Haus strahlte Ruhe aus.
    Lars Strindberg war auch froh, sich an den Tisch setzen und essen zu können, obwohl er die innerliche Unruhe und leichte Angst nicht völlig unterdrücken konnte.
    Der Vogel ging ihm nicht aus dem Sinn. Eine Eule mit einem Totenschädel. Hatte sich da jemand einen Spaß erlaubt? Denn wie sollte ein Vogel fliegen können, der einen Totenschädel besaß? Das mußte einfach eine Nachbildung sein, eine andere Erklärung hatte der Maler nicht. Da wollte sich bestimmt jemand einen Scherz erlauben. Allerdings ging dieser Scherz zu weit. Verletzte durften nicht zurückbleiben.
    An der Haustür hing eine Glocke. Am Klöppel war ein Lederband befestigt, das der Maler zwischen die Finger nahm und die Glocke damit anschlug, so daß ihr helles Bimmeln auch oben im Haus gehört werden konnte und als melodischer Ton bis zum nahen Wald schwang. Lars hatte bewußt geklingelt, denn wenn die Laute ertönten, dann sprang die fünfjährige Sonja die breite Holztreppe herunter, um zu öffnen.
    Lars Strindberg wartete vergebens auf die leichten, schnellen Schritte seiner Tochter.
    Dafür öffnete Enna. Sie war noch immer eine schöne Frau. Für manchen Geschmack vielleicht zu korpulent, aber dem Maler gefiel sie. Er wollte etwas im Arm haben. Das Gesicht unter den blonden Locken war verschwitzt, die großen, blauen Augen zeigten Sorge, und auf Ennas Oberlippe lag ein feiner Schweißfilm.
    »Was ist?« fragte Lars. »Ich habe mich verletzt, wenn du das meinst, Enna…«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Lars, nein. Hast du sie nicht mitgebracht?«
    »Wen?«
    »Sonja! Lars, sie ist verschwunden…«
    ***
    Warum Lars Strindberg sofort an die schreckliche Eule denken mußte, wußte er auch nicht zu sagen. Es war einfach so. Dann hob er die Schultern. Bei dem breitschultrigen Mann sah das hilflos aus. »Ich… ich weiß es nicht«, murmelte er.
    »Du… du mußt sie suchen«, sagte Enna und schüttelte seinen Arm, während sie ihn beschwörend anschaute. »Ich dachte, du hättest sie mitgebracht, aber sie ist nicht gekommen, und du…« Enna war durcheinander. Das merkte auch Lars. Er wollte ihr Haar streicheln, ließ es jedoch bleiben, als er feststellte, daß sich an seiner linken Hand Blut befand. Er hatte es verschmiert. »Geh doch, Lars!«
    »Ja, ja, natürlich. Kannst du mir nicht sagen, wo ich suchen soll?«
    »Nein.«
    »Wo ist sie denn hingegangen?«
    »Ich weiß es nicht.« Enna hob die Schultern. In den großen Augen glitzerte es verräterisch. Sie war ansonsten eine resolute Frau, aber die Angst um Sonja machte sie nervlich fertig.
    Auch Lars spürte das Unbehagen, doch er durfte nicht die Nerven verlieren. Er mußte vor seiner Frau Haltung bewahren, in beiderseitigem Interesse. »Ich gehe sie suchen, Enna, du brauchst keine Angst zu haben, wirklich. Das schaffe ich schon. Sonja wird irgendein Tier entdeckt haben, du weißt doch, wie sie ist. Die Tiere kommen zu ihr, sie hat ein besonderes Verhältnis zu ihnen…«
    Verdammt, warum dachte er denn wieder an die Eule?
    »Aber nicht in der Dunkelheit. Sie kommt immer nach Hause, wenn die Dämmerung einbricht.«
    »Ich gehe.« Lars wollte nicht noch länger mit seiner Frau darüber diskutieren. Außerdem verlor er Zeit, und beinahe abrupt drehte er sich um, wobei er tief einatmete und seine Schultern straffte. Das Kind mußte gefunden werden.
    Am liebsten hätte er das Gewehr mitgenommen, aber das hätte Enna nur mißtrauisch gemacht. Nein, es war schon besser, wenn er waffenlos ging. Sonja konnte nicht weit sein, sie lief nie weg, auch nicht zu den Klippen, wo der Fjord mit seinem tiefen, blauschwarz schimmernden Wasser endete, denn die
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