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Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer
Autoren: Ake Edwardson
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Schlüssel passte. Wir öffneten die Tür und die Kinder auf
der anderen Seite quollen alle gleichzeitig heraus.
    „Ganz ruhig!“, rief Lennart. „Alle in Ordnung?“
    Im Saal roch es nach Rauch, aber nicht sehr. Ich, Weine und Janne
kontrollierten rasch, ob dort drinnen jemand ohnmächtig geworden war.
    „Schnell die Treppe runter“, sagte Lennart.
    Er war jetzt mein Stellvertreter. Er machte seine Arbeit gut.
    „Was ist mit dem Feuer in der Küche?“, fragte ich. „Es ist unter
Kontrolle“, antwortete er. „Was ist mit Klops?“
    „Ich weiß es nicht“, sagte ich. „Das will ich jetzt herauskriegen.“
     
    Als ich zurück ins Büro kam, war die Alte verschwunden. Es war immer
noch hell im Zimmer. Ich ging um den Schreibtisch herum, und dort lag Klops,
mit dem Rücken zu mir. Ich beugte mich über ihn und berührte ihn vorsichtig an
der Schulter. Er wirkte leblos, aber ich sah kein Blut.
    Ich sagte „Klops?“, bekam aber keine Antwort. Er öffnete auch nicht
die Augen.
    Als ich näher hinschaute, schienen sie nicht richtig geschlossen. Ich
versuchte Atemzüge zu hören.
    Plötzlich schlug er die Augen auf.
    „Kenny!“
    „Hallo, Klops!“
    „Ich hab die Schokoladenbonbons gesehen, Kenny!“
     
    Der Bogenschütze kam uns aus dem Speisesaal entgegen. Klops konnte
nicht richtig gehen, er hatte einen Schlag gegen den Kopf bekommen und war noch
ziemlich benommen.
    „Die Alte hat mir eine gewischt“, sagte er.
    „Du lebst jedenfalls noch“, sagte der Bogenschütze.
    Der Rauch war dünner geworden. Die Köchin war nirgends zu sehen.
    „Wo ist sie?“, fragte ich und zeigte zum Speisesaal. Der Bogenschütze
verstand.
    „Irgendwo draußen“, antwortete er. „Vor einer Weile hab ich auch die
Alte vorbeistürmen sehen.“
    „Was machen sie?“
    „Keine Ahnung.“
    „Was ist mit dem Feuer?“
    „Unter Kontrolle.“
    „Lass sehen.“
    Er zeigte es mir. Wir standen in der Küche. Auch hier löste sich der
Rauch auf. Ich konnte aus dem Fenster sehen. Nebel trieb über den See. Als
hätte sich der Rauch dorthin verzogen.
    „Der Blitz ist ordentlich eingeschlagen“, sagte der Bogenschütze und
zeigte auf die Wand oberhalb vom Herd.
    Neben dem Fenster war ein schwarzes Loch, durch das die Flammen sich
einen Weg von dem Baum herein gebahnt hatten. Immer noch brannte es ein wenig, kleine
züngelnde Flammen. Würde man die Küche verlassen, ohne zu löschen, würde es in
einer Stunde lichterloh brennen. Alles hier war aus Holz und das Feuer würde
innerhalb weniger Minuten auf das ganze Gebäude übergreifen.
    Plötzlich zuckte eine längere Flammenzunge aus der Wand.
    Der Bogenschütze bückte sich nach dem Wassereimer.
    Janne kam in die Küche. In der Hand hielt er die Fahne mit unserem
Wappen. Der Kreis und die beiden Linien waren genauso schwarz wie der Ruß an
der Wand.
    Mir fiel plötzlich ein, was Janne einmal im Sommer, als wir im Schloss
saßen, gesagt hatte. Wenn es überhaupt kein Camp gäbe, hatte er gesagt, könnten
wir ja so lange hier bleiben wie wir wollten. Aber es gibt das Camp, hatte ich
gesagt, da hinten liegt es hinter den Bäumen.
    Wenn es das Camp nicht gäbe. Wenn es das überhaupt nicht gäbe. Das
Camp gibt es nicht. Das Camp ist weg.
    Der Bogenschütze hob den Wassereimer.
    „Lass ihn stehen“, sagte ich.
     
    In den Schatten, die das Feuer warf, sahen alle aus wie Krieger. Wir
bewegten uns in einem großen Kreis um das Feuer. Als Schatten gegen den Himmel,
den Wald und den See wurde alles zehnmal größer. Es war wie eine Theaterkulisse
mit Pappfiguren, Schattenfiguren, genau wie wenn wir vor einem Kampf
trainierten. Unsere langen, schmalen Fahnen waren scharfe Silhouetten vorm
Himmel, der jetzt fast weiß schien.
    Ich, Kerstin, Klops, Ann, Lennart, Micke und Janne standen schweigend
da und sahen zu, wie das Feuer das Camp fraß. Niemand sagte etwas. Die
Mohikaner waren zum See gegangen, um nach ihrem Kanu zu sehen. Weine und seine
Truppe bewachten die Alte und die Köchin, die wie versteinert im Gras hinter
der Baracke der Betreuerinnen saßen. Was hatte ich Christian sagen hören? Es
ist alles zu spät. Christian selber war verschwunden.
    Ich hatte die Alte nach Christian gefragt, jedoch keine Antwort
bekommen. Die Alte war verstummt, genau wie die Köchin.
    Ich schaute sie an. Sie betrachtete das Feuer mit demselben blinden
Blick, mit dem sie mich in ihrem Büro angestarrt hatte.
    Jetzt hörte ich die Sirenen überm Wald und dem See.
„Sie kommen“, sagte
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