Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Samuraisommer

Samuraisommer

Titel: Samuraisommer
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
Ich spürte den
Schrecken in mir so deutlich, als wäre er in der Nacht vorbeigeflattert und
hätte mir einen Schlag versetzt.
    Die letzten Meter zur Erde sprang ich und fiel
weich. Ich hörte nicht, was die Alte auf Christians Frage antwortete. Ich
wusste nur eins, sie hatten Klops gefangen.
    Plötzlich erhellte ein Blitz den ganzen Himmel.
     
    16
     
    Eine Sekunde nach dem Blitz ertönte ein furchtbares Krachen. In der
nächsten Sekunde zuckte noch ein Blitz. Ich hatte das Gefühl, als befände ich
mich mitten in einer Explosion. Alles war in helleres Licht getaucht als
mitten am Tag.
    Ich erwartete einen dritten Blitz, sah jedoch keinen. Es kam auch kein
Donnern mehr.
    Ich stürmte zurück zum Tor. Jetzt war keine Zeit mehr, sich durchs
Gras zu schlängeln.
    Am Waldrand war niemand. Waren alle verschwunden 1 ? Bei
einem etwa fünf Meter entfernten Baum bewegte sich eine Hand wie ein weißer
Kreis. Ich lief hin und Kerstin trat aus dem Schatten hervor.
    „Wir haben uns solche Sorgen gemacht!“
    „Wo sind die anderen“?“
    „Janne ist zum Rest der Truppe zurückgelaufen. Micke ist unten am See,
glaub ich.“
    „Was macht er dort?“
    „Ich weiß es nicht, späht, vielleicht.“
    Späht, dachte ich. Suchte er eine Position für den Angrifft Oder
wollte er uns in einen Hinterhalt locken? Konnten wir uns auf ihn verlassen
oder nicht 1 ?
    „Hast du Klops gesehen 1 ?“, fragte ich.
    „Ja, Himmel, er ist an uns vorbeigestürmt, ehe wir ihn aufhalten
konnten.“
    „Habt ihr es versucht“?“
    „Es war unmöglich. Er ist einfach vorbeigerast und dann war er schon
auf dem Hof und wir konnten nicht hinterherlaufen. Wir waren nicht genug.
Darum holt Janne die anderen.“
    „Habt ihr Klops nicht gerufen 1 ?“
    „Wir haben es versucht. Aber er hörte nicht. Er schien überhaupt
nichts zu hören.“
    „Hast du gesehen, was dann passiert ist    „Nein. Er verschwand hinterm Haus.“ Sie zeigte zum Haus, zur Ecke,
hinter der er verschwunden war. Sie schaute mich an. „Warum hat er das getan 1 ?
Das war doch total idiotisch, der reine ... Selbstmord.“
    Selbstmord, dachte ich. Ein Samurai muss ständig bereit sein,
Selbstmord zu begehen. Aber nicht irgendwann und nicht irgendwie. Wenn es dazu
kommt, dann muss es ein Seppuku sein oder Harakiri, wie es auch genannt wird.
Das bedeutet Schnitt in den Magen, man schneidet mit dem kleinen Schwert den
Magen auf. Hara ist das japanische Wort für Magen. Kiri bedeutet Schnitt.
    Es gibt einen Grund, warum die Samurai es auf die Art tun. Der Magen
ist das Zentrum von Körper und Seele. Wenn der Magen nicht mehr funktioniert,
funktioniert gar nichts mehr. Das weiß jeder Samurai.
    Aber sich geradewegs in die Arme der Alten zu stürzen, das war kein
Harakiri. Das war nur bescheuert.
    „Was machen wir jetzt?“, fragte Kerstin.
    Ich antwortete nicht. Ich dachte immer noch an Klops.
    „Wir müssen was unternehmen!“, fuhr sie fort. „Wir können hier nicht
mehr nur rumstehen. Ich kann hier
nicht mehr rumstehen. Wir müssen Klops retten. Und die anderen.“
    „Hast du sie gesehen?“, fragte ich.
    „Es sah aus, als hätten sie einige Male aus dem Fenster geguckt. Aber
es ist ja dunkel.“
    Ich hörte Geräusche hinter uns. Wir drehten uns um. Es war Micke.
    „Sie haben Klops durch den Haupteingang geschleift“, sagte er. „Woher
weißt du das“?“
    „Ich hab neben dem Baum am Badeplatz gestanden.“
    „Wer war es“?“
    „Die Alte. Christian hab ich auch gesehen.“
    „Was haben sie mit ihm gemacht“?“
    „Haben ihn niedergeschlagen“, sagte Micke. „Die Alte hat ihn einfach
niedergeschlagen. Er ist umgefallen wie ein Baum.“
    „Herr im Himmel“, sagte Kerstin.
    „Ist Janne noch nicht wieder zurück“?“, fragte Micke.
    In dem Augenblick hörten wir einen Zweig im Wald knacken. Micke griff
nach seinem Schwert. Dann hörten wir das Geräusch noch einmal und sahen einen
nach dem anderen leise aus dem Wald treten. Die Truppe war versammelt.
     
    In breiter Linie mit fünf Meter Abstand schlichen wir vorwärts. Wir
deckten die ganze Seite vom Waldrand bis zum Seeufer.
    Weine ging an der äußersten rechten Seite und Micke links, dem Wald am
nächsten. Ich ging in der Mitte neben Kerstin. Wir hatten alle unsere Schwerter
gezückt. Kerstin atmete hörbar. Ich hatte gerade ein Licht in einem der Fenster
im ersten Stock aufblitzen und wieder verschwinden sehen und schaute zum
Himmel, aber dort waren keine Blitze mehr. Der Himmel war ganz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher