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Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Titel: Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)
Autoren: Emil Sommer
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dem Hollenteiche (Deutsche Sagen 1, 4). Aus diesem trägt sie Holda selbst herauf: man darf darum in der Gräfin unserer Sage eine Göttin vermuthen, die mit den Elben im Wasser haust. Holda selbst ist Göttin der Seen; die verwünschten Prinzessinnen pflegen sich in Teichen und Brunnen zu baden, und schon die Terra mater verschwand nach Tacitus im See. – Die Vorstellung daß die Menschen bei der Geburt aus der Gemeinschaft der Elbe heraustreten und beim Tode in sie zurückkehren wurzelt tief in unserm Heidenthum, und sie scheint, da die Elbe aus einer Personification der elementarischen Kräfte entsprungen sind, nach pantheistischer Ausschauungsweise auszudrücken daß die menschliche Seele nur ein Theil der allgemeinen Naturkraft ist, der bei der Geburt im Menschen zum Selbstbewußtsein kommt, beim Tode in das allgemeine, die ganze Natur durchdringende Leben sich wieder auflöst; während die Mythen, welche die Menschen nach dem Tode bei Odhinn und Thor, bei Freyja, Gefjon und Ran einkehren lassen, die Seele als persönlich fortlebend denken.

     

    21. Der Name Kornengel, welchen hier die Roggenmuhme führt, stimmt zu Grimms Annahme (Myth. 446) daß ihr Umgehen im Getreide ursprünglich eine wohlthätige Ursache hatte. – Die von Grimm, Myth. 444, zu den im Korn umwandelnden Pilwizen verglichne Stelle der Kaiserchronik bezieht sich auf Simon den Zauberer, von dem schon in den clementinischen Recognitionen (Clementis Romani Opera Col. Agr. 1570 p. 27) berichtet wird, als er in der Jugend von seiner Mutter Rachel einst auf das Feld gesandt worden sei um Gras zu schneiden, habe er die Sichel auf den Boden gelegt und ihr geboten »Geh und mähe«, und sie habe weit mehr gemäht als andre Sicheln.

     

    22-31. Ich schalte hier noch einige allgemeine Züge von den Kobolden nach mündlicher Ueberlieferung ein. In ganz Sachsen und Thüringen tragen die Kobolde rothe Röcke und rothe Kappen, haben große, feurige Augen und ziehen, wenn sie durch die Luft fliegen, lange feurige Streifen hinter sich her. Bisweilen erscheinen sie in der Luft ganz wie helles, roth und blau flackerndes Feuer; und im Braunschweigischen erzählt man daß Kobolde als Flammen quer durch die Zimmer und aus einem Hause in das andre schweben. Gewöhnlich heißen sie darum, wie in der Mark (Kuhns Sagen, Vorr. IX), nur »rothe Jungen«: sonst werden sie Hänschen, Steppchen, Hanschristel und Drache genannt. Weit seltener denkt man die Kobolde (wie in der 25. und 26. Sage) grün gekleidet, wozu die märkische Benennung »grüner Junge« (s. Kuhn daselbst) und die in grünes Moos gehüllten Waldleute zu vergleichen sind. Die Kobolde kommen meist durch den Schornstein in die Häuser und haben auf dem Heerde, hinter dem Ofen oder im Schornstein ihren Platz, wodurch Kuhns Annahme daß sie Feuergottheiten sind bestätigt wird (vergl. Wolfs niederländische Sagen 229. 474. 475. Temmes Sagen der Altmark 64). Wer einen Kobold in seinem Dienste hat darf sich nie kämmen noch waschen: er wird ihn meist bis an seinen Tod nicht wieder los und muß, eh er stirbt, ihm einen neuen Herrn schaffen; doch darf ihn ein Mann nur immer einer Frau und eine Frau einem Manne geben. 2 Weil ihn Niemand gern nimmt, sucht man ihn mit List unterzubringen. So wird erzählt daß eine Hexe in Wettin, die nicht sterben konnte, einem Mädchen, das grade zu ihr kam, ein Knäuel Wolle gab, und weil das Mädchen die Wolle annahm, kam der Kobold zu ihr und die Hexe verschied. 3 Einem andern Mädchen schenkte ein altes Weib auf dem Sterbebette einen Apfel, und von der Stunde an ging der Kobold des Weibes dem Mädchen überall nach und war nicht von ihr zu treiben. 4 In der Regel bekommen die Kobolde nur täglich ein Näpfchen Milch und ein Stückchen Semmel für ihre Dienste. Sie haben gewöhnlich die Gestalt drei- bis fünfjähriger Knaben; doch bisweilen sind sie auch weit kleiner oder nehmen Thiergestalt an. Als dreibeinige Hasen kennt man sie um Wettin und Gutenberg, und man schreckt die Kinder mit der Drohung »Der dreibeinige Hase kommt .« Auch erscheinen sie als Fliegen und Schmetterlinge, Hummeln und Käfer (wie in der 30. und 31. Sage), bisweilen als kleine bunte Vögel und als Frösche (vergl. die Hausunken). – In der 24. und 27. Sage brechen Erinnerungen durch daß sie als heidnisch dem Christenthum entgegenstehen.

     

    22. Das schon im zwölften Jahrhundert vorhandene, aus dem lateinischen fundamentum entsprungene fullemunt ist in der Form Füllemund in Sachsen und
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