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Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Titel: Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)
Autoren: Emil Sommer
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daß Holda und Berchta den Fleiß der Mägde überwachen und daß die weiße Frau und verwünschte Prinzessin gewöhnlich ein Schlüsselbund trägt. Unter den verwandten Göttinnen stellt sich Frau Gode schon durch ihren Namen zu Wodan, wie Frau Motte, nach der in der Anmerkung zur achten Sage ausgesprochenen Vermuthung, zu Muot, dem wilden Jäger. – In Bechsteins Kiffhäusersagen (im vierten Bande des thüringischen Sagenschatzes) wird Nr. 16 nur eine Schaffnerin im Kiffhäuser erwähnt. – Daß Napoleon mit Holda und Friedrich Barbarossa in Verbindung gebracht wird hat nichts Unvolksthümliches: vielmehr finden sich zahlreiche Beispiele, daß geschichtliche Personen, welche die Aufmerksamkeit des Volkes in hohem Grade erregt haben, bald nach ihrem Tode, und bisweilen selbst schon beim Leben, in die Sage aufgenommen werden. So sind, um nur zwei Fälle aus neuerer Zeit anzuführen, an Ziethen und den alten Dessauer Sagen geknüpft, die schon von Faust und noch früheren Zauberern berichtet werden und auch auf diese sicher erst von heidnischen Gottheiten übertragen sind (Tettau und Temme Die Volkssagen Ostpreußens, Litthauens und Westpreußens Nr. 155; Temme Sagen der Altmark Nr. 74).

     

    3. Lohjungfer ist deutlich nur ein andrer Name der vom wilden Jäger verfolgten Waldweibchen oder Moosfräulein, an deren Spitze die Buschgroßmutter steht (Myth. 452): doch muß die Benennung alt sein, da sich das als einzelnes Wort erloschene lôch, Gebüsch, hier in der Zusammensetzung erhalten hat. Ohne Kopf wurde der wilde Jäger wohl erst gedacht, seit man ihn als Teufel oder Gespenst faßte: auf echtheidnischer Vorstellung aber beruht es daß hier sein Erscheinen Sturm verkündigt und nach der fünften Sage an der Stelle, an welcher er einst seine Thiere fütterte, stets der Wind weht; da Wodan wie Indras (s. Jahrbücher f. wiss. Kritik, Januar 1844 S. 99), eh er zum Himmelsgott erhoben wurde, Gott des Windes war und die Sage von der wilden Jagd, die verbreitetste der von Odhinn noch fortbestehenden, nur »eine Deutung des durch die Luft heulenden Sturmwindes« ist (Myth. 599).

     

    4. Der Grund wird vom Volke gewöhnlich Pfaffenmagd genannt; doch ist die Form Pfaffenmat, welche daneben vorkommt, sicher die richtige, indem mât von mæjen gebildet ist wie sât von sæjen. – Zu der Sage vergl. Deutsche Sagen 1, 48, Kuhns märkische Sagen Nr. 102, Wolfs niederländische Nr. 259. Daß es gerade eine Pferdekeule ist, welche Menschen vom wilden Jäger empfangen, erinnert daran daß man noch spät am Genuß des Pferdefleisches die Heiden erkannte (Myth 41). – Bei dem Fluche verschwindet das Geschenk der Gottheit wie in der 19. Sage.

     

    6. Zu dem Wechsel des H und W in Holle und Wolle könnte man Herre und Werre (s. die folgende Anmerkung) und zu dem des W und R in Wolle und Rolle Formen wie Wasen und Rasen, Wocken und Rocken vergleichen: doch die Benennungen Harfe und Haken (Haupts Zeitschrift 4, 386), welche man für Harre, Harke braucht, machen es wahrscheinlicher daß sich hier Reste alter Euphemismen erhalten haben, durch die man den Namen der Göttin halb verschwieg, wie man jetzt in Flüchen und Ausrufungen, Kotz Wetter! Potz Blitz! und dergl. für Gottes Wetter, Gottes Blitz, Herr Je für Herr Jesus und Ähnliches sagt, aus Scheu den Namen Gottes, wenn man ihn unverändert ausspräche, zu entheiligen (Myth. 14). – Nach dem Fenster blickt die Frau wohl, weil sie fürchtet daß Holda wie sonst Berchta (Myth. 253) oder der Teufel (Kuhns märk. Sagen S. 379 Nr. 26), wenn man sie verletzt, plötzlich durch das Fenster schauen und eine Strafe verhängen wird.

     

    8. Die Namen Harre und Archen machen es unzweifelhaft daß Harke und Herke nur Diminutivformen sind, die letztere der schon von Gobelinus Persona aus Sachsen angeführten Domina Hera (Myth. 232) entsprechend. Diminutiva auf ke erscheinen bekanntlich in Sachsen häufig als Eigennamen. Auch die verwandte Berchta aber wird Berchtel, Prechtölderli (Myth. 884) genannt, und das schweizerische Posterli und die Sträggele (Myth. 886) gehören zu demselben Kreise von Göttinnen. Doch ob die Göttin ursprünglich Hara oder Hera hieß ist nicht zu entscheiden, so lange nicht für eine der beiden Formen eine sichre Ableitung gewonnen wird. Hêra, die hehre, würde zu Holda und Berchta passen; auch ist zu Hera, Herre oben schon Werre verglichen. Dagegen könnte in Hara (von harên, clamare: Graff 4, 978) die Göttin als die dahinbrausende, das Wild hetzende
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