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Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)

Titel: Sagen und Maerchen aus Sachsen und Thueringen (Erweiterte Ausgabe)
Autoren: Emil Sommer
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mit verbundenen Füßen wie hier der wilde Mann im Dorfe umhergeführt und Allen gezeigt wird (Kuhn S. 324). Vielleicht hängt dieser Gebrauch mit der Einholung des Sommers und der Austreibung des Winters gar nicht zusammen.

     

    Der Johannistag wird in der Umgegend von Halle noch wie ein Volksfest begangen. Die Illuminationen mögen an die Stelle der Johannisfeuer getreten sein, von denen ich in Sachsen sonst keine Spur gefunden habe. Die Johanniskronen aber gleichen den in der Mark und andern Gegenden zu Pfingsten aufgehängten Maikronen.

    Der zwischen Johannis und die Ernte fallende Gebrauch »Die Räuberbande suchen« hat offenbare Ähnlichkeit mit der oben besprochenen Einholung des wilden Mannes: vielleicht sind sie nur verschiedene Formen einer und derselben Sitte, mit welcher wohl auch die vier zunächst folgenden Gebräuche zusammen hängen.

     

    Zu dem Ernte gebrauch vergl. Haupts Zeitschrift 5, 472 ff., wo bereits der Reiter auf Wodan gedeutet wird. Da Wodan Gott der Ernte war, scheint der Gebrauch ursprünglich nur ein Erntefest gewesen zu sein und erst später, als man seine Bedeutung nicht mehr kannte, sich mit den Frühlingsgebräuchen vermischt zu haben.

     

    Am Martinstage werden auch in der Mark die Kinder beschenkt; doch ziehen sie hier von Haus zu Haus und sammeln sich die Gaben ein (Kuhn 344 f.). In Belgien zündeten früher, wie Gisbertus Voetius Selectae disputationes theologicae Th. 3 (Utrecht 1659) S. 448 angiebt, die Knaben in der Martinsnacht Feuer an und sangen dabei

    Stoockt vyer, maeckt vyer:

    Sinte Marten komt hier,

    Met syne bloote armen;

    Hy soude hem geerne warmen,

    wo auf die Legende angespielt wird, nach welcher Martin einst im Winter die Hälfte seines Oberkleides einem Armen gab (vergl. J. Grimm Gedichte des Mittelalters auf Friedrich I.S. 51).

     

    Andreasnacht. Vergl. Deutsche Sagen 1, 114. Wolfs niederländ. Sagen 273.

     

    Die zwölf Nächte (25. Dezember bis 5. Januar). Am Berchtentage, dem 5. Jannuar, ißt man Fische und Klöße oder sonst eine aus Getreide bereitete Speise: wie es scheint, muß Etwas aus dem Wasser und Etwas von den Früchten des Feldes genossen werden, weil Berchta, wie die verwandten Göttinnen, sowohl über die Seen gebietet als die Felder befruchtet. Daß man, wenn Frau Holla in den zwölf Nächten umgeht, keine Hülsenfrüchte ißt führt schon Grimm (Myth. 251) aus dem braunschweigischen Anzeiger von 1760 an; da jedoch Feldfrüchte in dieser Zeit sonst gerade geboten sind, wird es zweifelhaft ob dieses Verbot sich noch aus dem Heidenthum herschreibt, oder ob es nicht vielmehr, wie manches andere, erst aus der Absicht eine heidnische Sitte zu unterdrücken hervorgegangen ist. – Wie man in Thüringen in den zwölf Nächten an den Bäumen rüttelt, klopft man in der Mark am Neujahrstage daran und ruft »Bäumchen wach auf, Neujahr ist da !« (Kuhn S. 378.) Nach dem Spruche »Bäumchen, schlaf nicht, Frau Holle kommt« scheint es älterer Glaube gewesen zu sein daß die Natur, wenn die Göttin naht, wach sein müsse, gleichsam um sie zu empfangen, und daß Bäume, die eingeschlafen sind, bei der Vertheilung des Fruchtsegens von ihr übergangen werden.

     
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