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Nosferatu 2055

Nosferatu 2055

Titel: Nosferatu 2055
Autoren: Carl Sargent & Marc Gascoigne
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    Warum, zum Teufel, dieses Massenaufgebot von Knight Errant? fragte sich Serrin, während er sich die schläfrigen Augen rieb und in die Juni-Sonne blinzelte. Uniformierte Sicherheit hatte sich auf dem Rasen vor der Campus-Bibliothek ausgebreitet wie Schimmel auf einem faulenden Pfirsich. Ohne seinen Schritt zu verlangsamen, steuerte der Elf die Gruppe an, die ihm den Weg zum Eingang des Gebäudes versperrte.
    »Es tut mir leid, Sir«, sagte der Sicherheitsbeamte gleichgültig. »Zu diesem Gelände hat heute niemand Zutritt.«
    »Ich habe alle Ausweise dabei«, wandte Serrin ein und machte Anstalten, in seine Jackentasche zu greifen, um seine Sammlung von Plastikkarten herauszuholen. Seine Hand erstarrte auf halbem Weg, da ihm die Miene des Mannes verriet, daß es nicht ratsam war, die Hand auch nur in die Nähe seiner Taschen zu bringen.
    »Tut mir leid, Sir«, wiederholte der Mann in gelangweiltem Tonfall. »Block C ist heute geschlossen. Haben Sie es nicht gehört?«
    »Was habe ich nicht gehört?« sagte der Elf gereizt.
    »Das Beloff-Forschungslabor wird heute nachmittag um zwei Uhr feierlich eröffnet. Von Andrew T. Small persönlich.« Bei der Erwähnung des New Yorker Bürgermeisters klang in der Stimme des Mannes ein unmerklicher Anflug von Verachtung durch.
    »Toll«, murmelte Serrin und machte kehrt. Er ging zur nächsten Kantine, kaufte sich eine grell aufgemachte Times aus dem Automaten und setzte sich, um sie bei einer Tasse Soykaf und einem Plunderhömchen zu lesen. Im Jahre 2055 las niemand mehr ein billiges Boulevardblatt wie dieses um der Nachrichten willen, doch selbst die wilde Sensationsmache konnte den Elf nicht
     

     
    von seiner Verärgerung ablenken. Die Zauberbücher, die er konsultieren mußte, gehörten zu denjenigen mit den strengsten Zugriffsbeschränkungen, und dies war der einzige Ort auf der Welt, der sie besaß. Trotz seiner Bemühungen hatte er lediglich die Erlaubnis für eine Woche Zugang zur magischen Bibliothek hier an der Columbia-Universität erhalten, und jetzt würde er einen ganzen Tag dieser Woche verlieren.
    Seine grauen Augen wanderten über den Zeitungsrand zu dem Mädchen, das ihm gegenüber Platz genommen hatte. Sie hatte das frische Aussehen der typischen Universitätsstudentin, aber Serrin glaubte, ein kurzes Aufblitzen von etwas Hartem in ihren braunen, von dunklen Locken eingerahmten Augen gesehen zu haben, die ihn mit stetem Blick musterten. Ihre Datenbuchse war versilbert, und ihre Fingernägel waren entsprechend lackiert, aber der metallische Lippenstift war für seinen Geschmack ein wenig zu auffällig. Andererseits entging ihm nicht, daß er gut an ihr aussah.
    »Sind Sie ein Magier?« fragte sie ihn abrupt. Er nickte. »Einer von den Parapsych-Profs?«
    Er lächelte und schüttelte den Kopf. »Nein, ich erledige hier nur ein paar Forschungsarbeiten.« Er holte seine Zigaretten aus der Tasche und bot ihr eine an.
    »Sie dürfen hier drinnen nicht rauchen«, sagte sie mit einem kurzen Auflachen. »Wir gesellschaftlich Geächteten müssen nach draußen gehen.« Sie nahm ihre Tasse und ging zur Tür. Mit einem verstohlenen Blick auf ihre langen geschmeidigen Beine stand Serrin auf und hinkte hinter ihr her.
    »Woran arbeiten Sie?« fragte sie, als er sich neben sie ins Gras setzte. Sie hatte sich bereits aus ihrer eigenen Packung bedient, und der Rauch ihrer Mentholzigarette erhob sich träge in die bereits sehr warme morgendliche Luft.
    »Äh... magische Abwehr«, sagte er, indem er selbst eine Qualmwolke in die feuchte, drückende Luft blies.
     
    Ihre Augen verengten sich ein wenig, und er bereute schon, so offen gewesen zu sein. Obwohl jeder herausbekommen konnte, woran er arbeitete, indem er einfach einen Blick in die Zauberbücher warf, die er in der Bibliothek zu Rate gezogen hatte.
    »Abwehr von wem oder was?« fragte sie, während sie sich auf einen Arm stützte und sein Gesicht musterte.
    Serrin zuckte die Achseln. »Von niemandem... Oder zumindest von niemandem, den ich kenne. Belassen wir es dabei, daß ich ein wenig paranoid bin.«
    »Dann ist New York genau der richtige Ort für Sie. Aber Sie sind nicht von hier, nicht wahr?« Sie neigte den Kopf ein wenig und betrachtete ihn eingehend. »Ich würde sagen, ihr Akzent ist Westküste, irgendwo aus dem Norden vielleicht? Seattle?«
    Schlaues Mädchen, dachte er, um gleichzeitig festzustellen, daß ihm die Sache Spaß machte. Trotz der Hitze war es ein wunderschöner Sommermorgen, und sie war
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