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Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde

Titel: Rywig 08 - Sonjas dritte Sternstunde
Autoren: Berte Bratt
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Welt.“, fragte ich. „Es ähnelt einem Gnu, aber.“
    „Die Ähnlichkeit liegt daran, daß es ein Gnu ist! “ schmunzelte Heiko. „Und zwar ein Weißschwanzgnu. Sie leben nur in einem einzigen Gebiet in Südafrika. Dieser Kerl hier hat eine weite Reise hinter sich.“
    Das Tier war braun, nicht grau wie unsere afrikanischen Gnus, und hatte auf dem Rücken eine steife Mähne. Komisch, wir wohnten in Afrika und mußten ausgerechnet nach Honolulu, um dieses afrikanische Tier zu sehen!
    Wir gingen weiter, blieben aber stehen. Auf einem offenen Platz lief ein allerliebstes kleines japanisches Mädchen, es konnte so um die vier Jahre alt sein. Es streute Erbsen aus einer Tüte und jubelte, wenn unzählige bildschöne, schneeweiße Tauben angeflattert kamen und die Erbsen aufpickten.
    Ja, was waren doch hier für Tauben! Ich hatte niemals solche Mengen auf einmal gesehen!
    Viele wohlwollende Blicke folgten dem entzückenden Kind, viele Fotoapparate waren auf es gerichtet.
    Ich stutzte - traute meinen eigenen Augen nicht. Unter den Fotografen entdeckte ich eine schmale, weißgekleidete Gestalt, einen schönen Kopf mit glatten, schwarzen Haaren.
    „Heiko! Nun schlägt’s aber dreizehn! Da steht Olivia Stone und macht Bilder von einem Kind - und von Tauben!“
    Ich hatte Heiko von Mrs. Stones Abneigung gegen Tiere und Kinder erzählt. Jetzt standen wir beide da und starrten sie fassungslos an.
    Sie entdeckte uns nicht. Sie steckte ihren Apparat ein und ging langsam weiter. Anscheinend war sie allein hier, ich konnte ihren Mann nicht entdecken.
    Etwas später sahen wir sie wieder. Sie hatte sich eine Tüte
    Taubenfutter besorgt. Jetzt saß sie in der Hocke, hatte Futter auf die Hand gestreut und versuchte, eine Taube dazu zu bringen, sich darauf zu setzen.
    Jetzt entdeckte sie uns. Sie stand auf und grüßte kurz.
    „Na, können Sie auch nicht schlafen? Und wo haben Sie ihren Mann gelassen?“ fragte Heiko.
    „Mein Mann schläft. Ich konnte nicht. Ich ging hierher, weil ich weg von dem Lärm wollte. Ich sah all die Tauben.“ dann schwieg sie.
    „Ja, sie sind schön“, sagte ich. „Sie mögen auch Tauben?“
    „Ja“ - mehr antwortete sie nicht.
    Dann geschah etwas.
    Ein Stück weg von uns stand ein Junge von etwa zehn, zwölf Jahren. Er hatte einen großen Beutel Futter im Arm, und um ihn ließen sich unzählige von den wunderbaren Vögeln das Fressen schmecken.
    Und dann, ganz plötzlich, warf sich der Junge flach hin, auf die Tauben, bekam blitzschnell eine zu fassen, und ehe wir etwas tun konnten, um ihn daran zu hindern, hatte er dem hübschen Vogel den Hals umgedreht und das tote Tier in den Beutel gesteckt.
    Da ertönte ein Schrei neben mir. Olivia Stone war hochgesprungen. In langen Sprüngen lief sie dem Jungen nach, holte ihn ein, faßte ihn um den Nacken - und dann prügelte sie auf ihn ein, sie schlug und schlug. Der Junge brüllte wie am Spieß. Das dünne kleine Baumwollhöschen, sein einziges Kleidungsstück, bot wenig Schutz gegen die harte, kräftige Hand, die unbarmherzig zuschlug. Was mußte die Frau doch für Muskeln haben, daß sie den Jungen festhalten und ihn so erbarmungslos verprügeln konnte!
    Einige Meter weg standen noch fünf, sechs Jungen, auch mit den verdächtig großen Futterbeuteln.
    Heiko und ich waren zu Olivia hingerannt und erreichten sie in dem Augenblick, wo sie, ganz erschöpft, den Jungen losließ. Laut heulend verschwand er, die Hände ans Hinterteil gedrückt.
    Olivia stand da, zitternd am ganzen Körper. Die Tränen strömten über ihre Wangen, sie weinte, weinte, wie ich nie einen Menschen habe weinen sehen!
    Ich legte den Arm um ihre Schultern.
    „Kommen Sie, Olivia - kommen Sie, setzen Sie sich.“ Sie ließ sich zu einer Bank führen, sie setzte sich, und immer noch rollten die Tränen.
    Heiko war zu den anderen Jungen mit den Beuteln getreten.
    „Und ihr“, sagte er mit einer nicht gerade sanften Stimme, „ihr macht, daß ihr wegkommt! Ein Zoo ist dazu da, die Tiere zu schützen und pflegen, ein Zoo ist kein Jagdgrund! Also los, und wenn ihr euch wieder sehen laßt, passiert euch genau dasselbe wie eurem Kameraden! Es sind sehr viele Besucher hier, die so etwas nicht dulden. Also los!“
    Die Jungen lösten sich in Luft auf, sie waren weg, bevor wir bis drei zählen konnten.
    Heiko bückte sich und nahm den Beutel des verprügelten Sünders auf. Er enthielt reichlich Futter und vier tote Tauben.
    Heiko setzte sich zu uns. Er legte seinen gesunden Arm um Olivias
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