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Mr. K: Thriller (German Edition)

Mr. K: Thriller (German Edition)

Titel: Mr. K: Thriller (German Edition)
Autoren: J.A. Konrath
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Einundzwanzig Jahre vorher
23. Juni 1989
    Der Typ ist kein Mörder
, denkt Dalton.
Er ist ein Schlächter.
Was Dalton da sieht, widert ihn nicht an. Es stört ihn nicht einmal besonders. Selbst als er Brotsky dabei fotografiert, wie dieser mit irgendeinem dreizackigen Gartengerät auf die leblose Prostituierte einschlägt, bleibt er unbeteiligt und professionell.
    Es fließt jede Menge Blut.
    Dalton fragt sich, ob es nicht besser gewesen wäre, einen Farbfilm zu nehmen. Aber Schwarz-Weiß-Aufnahmen haben etwas Klassisches und Authentisches. Auf ihnen sieht das wirkliche Leben noch echter aus.
    Dalton öffnet die Blende im Objektiv und stellt die passende Belichtung für den Sonnenuntergang ein. Er steht im Garten hinter Brotskys Haus und seine Zielperson hat freundlicherweise die Jalousien offen gelassen. Von seinem Standort auf dem Rasen hat Dalton einen ungehinderten Blick in Brotskys Wohnzimmer, wo sich gerade das Blutbad abspielt. Das Grundstück ist zwar von einem hohen Zaun umgeben und hat jede Menge Büsche und Bäume, aber trotzdem geht Brotsky ein hohes Risiko ein. Links und rechts wohnen Nachbarn, und das Gartentor, das auf eine Seitenstraße hinausgeht, ist unverschlossen. Jeden Moment könnte jemand vorbeikommen.
    So begeht man keinen Mord.
    Dalton hat Brotsky schon zuvor dabei beobachtet, wie er auf dieselbe Weise zwei Nutten umgebracht hat. Bestimmt hat er noch andere auf dem Gewissen. Aber die Polizei ist noch nichtbei ihm gewesen. Bis jetzt hat Brotsky unverschämtes Glück gehabt.
    Aber Glück währt nicht ewig.
    Wenigstens ist Brotsky so vernünftig, eine Plastikplane unterzulegen
, denkt Dalton.
    Er macht noch ein Bild. Auf Brotskys nacktem, breitem Brustkorb klebt Blut. Er schlägt immer wieder mit dem Gartengerät zu, der Blick in seinem unrasierten Gesicht eine Mischung aus Mordlust und Ekstase. Er ist zwar nicht besonders groß, aber korpulent und unter der Fettschicht hat er kräftige Muskeln. Brotsky schwitzt stark, was seinen kahlen Schädel glänzen lässt – ein Effekt, den Dalton mit einem Filter im Objektiv ausgleicht.
    Brotsky legt das Gartengerät weg und nimmt ein Hackebeil.
    Der Kerl hat echt einen an der Waffel.
    Ehrlich gesagt hat Dalton schon Schlimmeres mit Menschen angestellt, hat sie furchtbar leiden lassen. Wenn das Geld stimmt, kann Dalton den Tod eines Opfers ganz schön in die Länge ziehen, über mehrere Stunden oder sogar Tage. Aber er empfindet dabei kein Vergnügen. Töten ist für ihn nichts weiter als ein Job.
    Brotsky dagegen mordet aus niedrigeren Beweggründen. Sex, Macht, Blutgier. Und Hunger, denkt Dalton, als er noch ein Bild von Brotsky schießt. Der hat gerade den Mund mit etwas Feuchtem voll.
    Wenn Brotsky es diesmal wieder so macht wie immer, wird er das Mädchen zerstückeln, ihre Körperteile in Plastiktüten verpacken und den abgetrennten Kopf mit in die Dusche nehmen. Wenn er wiederkommt, wird er blitzsauber sein und derKopf verschwunden. Dann wird er die Tüten in sein Auto laden und zum Müllplatz bringen.
    Noch elf Minuten, schätzt Dalton. Er wartet geduldig, macht ein paar Schnappschüsse und fragt sich, was Brotsky wohl mit den Köpfen anstellt. Weder die Hitze noch die hohe Luftfeuchtigkeit machen Dalton etwas aus, obwohl es fast 90 Grad Fahrenheit hat und er Anzug und Krawatte trägt. Im Gegensatz zu Brotsky schwitzt Dalton nicht. Er hat zwar auch Poren, aber aus ihnen fließt kein Schweiß.
    Nach genau elf Minuten und neun Sekunden tritt Brotsky durch die Hintertür ins Freie. Er trägt kurze Hosen, Sandalen und ein zerknittertes blaues Hawaii-Hemd und schleppt mehrere schwarze Müllbeutel mit sich herum. Der Mann merkt überhaupt nicht, dass ihn jemand beobachtet, und er sieht sich kein einziges Mal um. Er geht direkt an Dalton vorbei, der mit gezogener Waffe hinter einer alten Eiche lauert.
    Der Auftragskiller folgt dem Schlächter dicht auf den Fersen. Die weichen Schuhsohlen machen auf dem Gehsteig kein Geräusch. Nach ein paar Schritten stößt er Brotsky die Ruger in den Rücken. Der Dicke erstarrt.
    »Das ist eine Pistole, Victor Brotsky. Eine falsche Bewegung und ich schieße. Die Kugel pustet Ihnen das Herz aus der Brust. Damit ist keinem von uns gedient. Verstanden?«
    »Ja«, sagt Brotsky. »Könnte ich bitte diese Beutel hinstellen? Sie sind schwer.«
    Brotsky scheint keine Angst zu haben und überrascht wirkt er auch nicht. Das beeindruckt Dalton. Vielleicht hat er den Mann unterschätzt.
    »Nein. Wir gehen jetzt beide ganz langsam
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