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Rune

Rune

Titel: Rune
Autoren: Brian Hodge
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zu machen und dabei mit den Schlachtermessern und den Kohlköpfen einen Samuraiakt à la John Belushi vollführten. Und als ich ging, lächelte Aaron das Fenster an, und ich hoffte, daß er nun etwas weniger Widerwillen dagegen haben würde, sich der Welt der arbeitenden Bevölkerung anzuschließen.
    Ich für meinen Teil hatte auch einen Job, den ich in den nächsten Tagen antreten sollte. Phil und ich hatten uns beim Straßenbauamt beworben; wir würden Schlaglöcher füllen und Verkehrsschilder halten, während man die Straßen reparierte. Vier Kröten die Stunde und soviel Staub, wie wir nur schlucken konnten.
    Ich ging nach unten und glitt über die mit Teppich belegten Stufen ins Wohnzimmer. Wie ich es vermutet hatte, schliefen meine Eltern. Teile der Sonntagszeitung lagen über Tisch und Boden verstreut. Dad lag rücklings auf dem Boden, den einen Arm auf seinem Bauch und den anderen hinter seinem Kopf. Mom saß dösend im Lehnstuhl, und ihr Kopf kippte auf die linke Schulter. Ihre Augen blinzelten, und sie lächelte mich verschlafen an. Ich konnte mich nie an ihr vorbeischleichen. Sie zeigte auf Dad und hob einen Finger vor ihre Lippen.
    »Wieviel Uhr ist es?« flüsterte sie.
    »Fast vier.«
    Sie runzelte die Stirn. »Das heißt wohl, daß man bald was zu essen haben will.«
    »Wir könnten Pizza bestellen.«
    Mom gab vor, darüber nachzudenken, aber ich war mir sicher, daß sie meinen Köder geschnappt hatte. Sie würde töten für italienische Wurst.
    »In Ordnung«, sagte sie. »Aber du mußt sie abholen.« Sie gähnte. »Was macht Aaron?«
    »Beim letzten Stand der Dinge starrte er aus seinem Fenster in den Regen.«
    »Er wollte doch heute an den See, oder?«
    »Mmm. Drei Wochen lang regnet es nicht, und jetzt sieh dir das an. Das war wohl ein Griff ins Klo.«
    Mom rümpfte die Nase. »Sprich bitte nicht so, Christopher. Du weißt, daß ich das nicht mag.«
    »Tut mir leid, ist mir so rausgerutscht. Ich will verdammt sein, wenn das nicht stimmt.« Ich lachte, als sie mich mit einem weiteren entrüsteten Blick strafen wollte. »Warum regst du dich überhaupt auf? Ich könnte wetten, daß du bei der Arbeit weit schlimmere Sachen hörst.«
    »Ach, du. Du mußt immer das letzte Wort haben, was?« Sie schüttelte den Kopf, als sei ich der hoffnungsloseste Fall, den sie je gesehen hatte.
    Doch ich hatte nur die Wahrheit gesagt, denn sie hatte Schlimmeres gehört und gesehen, mehr als einmal. Die Arbeit, wie ich es genannt hatte, war kein bezahlter Job. Sie nahm auf freiwilliger Basis Anrufe für die Telefonseelsorge entgegen. Doktor Mom, wie Aaron und ich sie nannten, wenn sie uns ein bißchen zu analytisch kam, hatte einen Dr. phil. in Psychologie, der die letzten achtzehn Jahre viel Staub angesetzt hatte, seit ich aufgetaucht war, gefolgt von Aaron. Sie arbeitete aktiv auf ehrenamtlicher Basis, drohte aber damit, wieder hauptberuflich einzusteigen. Schließlich waren Aaron und ich nun erwachsen, wenn auch nur auf Probe.
    Ein tiefes Grummeln kam vom Wohnzimmerboden: Dad wachte auf. Er stöhnte und streckte sich, bis die Gelenke krachten. Als er auf den Füßen stand, sah er auf die Uhr. »Hat jemand Lust auf Steaks?«
    »Zu spät«, sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter. »Wir haben schon für Pizza gestimmt.«
    »Noch besser«, sagte er. »Alles außer italienischer Wurst.« Er grinste Mom an, und sie streckte ihm die Zunge heraus.
    Dad griff mich wie ein Bär von hinten an und hob mich vom Boden hoch. Er hatte im Laufe der Jahre seinen starken Körperbau erworben. Wir waren gleich groß, aber ich war viel dünner. Ich hatte mich oft gefragt, ob es ihm etwas ausmachte, daß ich nicht in seine Fußstapfen trat, was den Schulsport anging. Er war eine ziemlich große Nummer gewesen, besonders im Football. Doch ich bemerkte, daß es ihn nicht störte, daß ich einen anderen Weg einschlug. Als ich eines Sommers bei der Jugendliga teilnahm, hatte er mich nicht dazu gedrängt. Und als sich herausstellte, daß ich weder mit Ball noch mit Schläger umgehen und auch nicht viel besser fangen konnte, schien er sich nicht für mich zu schämen. Er setzte mich auf seine Knie und sagte mir, daß Sport eben nicht jedermanns Sache sei, und daß ich eines Tages etwas finden würde, was besser zu mir paßt. Und dann umarmte er mich. Ein Junge kann sich nie ganz frei fühlen, wenn er seinen Vater liebt, weil er ihn immer stolz machen will, doch es war großartig, nicht mehr unter Druck zu stehen.
    Ich trat nach hinten aus,
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