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Love at Second Sight - Liebe auf den zweiten Blick

Love at Second Sight - Liebe auf den zweiten Blick

Titel: Love at Second Sight - Liebe auf den zweiten Blick
Autoren: Herbert Friedmann
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Traumboy mit Schokolade
    “So, da wären wir”, sagt der Fahrer und nennt den Preis der Fahrt. Ich gebe großzügig Trinkgeld und steige aus. Bin ich im falschen Film und vor dem verkehrten Hotel gelandet? Die Glastür zum Palace-City ist von Polizisten umstellt. Davor lauern ein paar Dutzend kreischender Mädchen. Das darf einfach nicht wahr sein. Dabei habe ich ewig im Internet gesucht und Telefonate geführt, bis ich herausgefunden habe, in welchem Hotel die Electric Boys übernachten. Anscheinend bin ich nicht die Einzige gewesen. Dabei hatte ich mir alles so einfach vorgestellt. Ich würde vor dem Hotel auf Rico warten: ein tiefer Blick, ein Lächeln, eine scheue Berührung, meine Rose, das Gedicht, eine Umarmung, ein Wangenkuss, ein Lippenkuss, ein Zungenkuss, der Anfang einer wunderbaren Liebesgeschichte, wie sie kein Romanschreiber erfinden könnte.
    Stattdessen hat meine eigene Fantasie mich angeschmiert, ja das hat sie, belogen, betrogen, reingelegt und in die Irre geführt hat sie mich.
    Ich schalte mein Handy an, höre die Mailbox ab und die aufgeregte Stimme meines Vaters: “Wo steckst du denn? Ellen-Jo und ich haben schon ganz Darmstadt nach dir abgesucht. Melde dich bitte.”
    Fingerflink tippe ich eine SMS an Ellen-Jo: Sorry I → shook you off . I’m at Rico’s birthday party. I’m fine, I’ll contact you again. → Greetings to my papa.
    Ich finde, die drei Smileys hat sie sich verdient. Einen davon kann sie ja meinem Vater schenken. Ich nähere mich den kreischenden Fans, die durchweg weiblich und zwischen zwölf und gruftig alt sind. Ein paar Mädchen spielen ein albernes Spiel mit der Polizei. Sie versuchen immer wieder, ins Hotel zu flutschen, werden aufgehalten und sanft zurückgeschubst. Soll ich bleiben und auf Rico warten, eine unter vielen mit einer Rose und einem Gedicht in der Hand? Im Laufen lasse ich die Rose fallen. Das Gedicht werde ich ihm bei Gelegenheit schicken.
    Zum Glück kenne ich in der Nähe des Hotels eine Eisdiele. Das “Venezia” ist drinnen gähnend leer und im Hof zum Gähnen langweilig. Alle Tische sind mit Pärchen besetzt, die fette Eisbecher löffeln und sich anhimmeln. Ich suche mir lieber drinnen einen Platz, bestelle die “Überraschung des Hauses”: sieben bis acht Kugeln Fruchteis, Krokant und Mandelsplitter, eine verboten süße Erdbeersoße und Sahne bis zum Abwinken.
    Zwischendurch nehme ich mein Handy wieder in Betrieb, habe eine SMS von Ellen-Jo: I’m very disappointed in you.
    Papa hat mir wieder auf die Mailbox gequatscht: Dein Verhalten ist nicht fair. Bitte melde dich.
    Ja, ja, ja, fair geht zwar vor, gewinnt aber nicht immer. Ist es denn fair, dass noch andere Mädchen vor dem Hotel auf Rico warten? Ist es fair, dass ich zu viel von diesem blöden Botenstoff in mir habe und durchgeknallt und verknallt bin? Die kluge Ellen-Jo kann meinem Vater ja meine momentane chemische Zusammensetzung erklären. Oder kann es auch sein lassen. Mir doch egal. Ich bin wütend, einfach so. Erwachsene haben schlechte Laune, wie es ihnen gerade passt. Heute bin ich mal dran.
    “Zahlen!”
    Der Kellner scheint schwerhörig zu sein. Wie oft muss ich denn noch rufen und mit meinem Geldschein wedeln? Jedenfalls bekommt er von mir keinen Cent Trinkgeld. Ich gebe ihm noch zwei Minuten, dann werde ich einfach gehen.
    “Zahlen, bitte!”
    Ich schaue in die Karte, lege den Betrag abgezählt auf den Tisch: sieben Euro, davon drei Zwei-Euro-Münzen und ein Euro in Zwei- und Ein-Cent-Münzen. Meine kleine Rache. Und tschüs ...
    Mein Gott, hat der Typ keine Augen im Kopf? Rennt mich fast um und schüttet mir auch noch seine Schokosoße übers T-Shirt. Bravo, der Abend ist ein echter Griff in die Mülltonne. Das blöde Grinsen kann der Typ sich schenken. Woher kenne ich den nur? Aus der Schule, aus der Nachbarschaft? Ist er mir schon einmal begegnet, als ich Kimba ausgeführt habe? Oder gehört er zu Ellen-Jos Bekanntenkreis? Mein Gehirn rattert, aber bei Verliebten sind ja wichtige Teile lahmgelegt, unter anderem auch die Erinnerung. Außerdem ist es auch nicht wichtig, ob und woher ich den Kerl kenne. Er soll sich endlich vom Acker machen und mich nicht anstarren wie einen Verkehrsunfall. Was heißt mich? Meinen Busen stiert er an. Voll peinlich, der Typ!
    “Sorry, that was → clumsy .”
    Oh, er kann sprechen, immerhin, das ist ja kein schlechter Anfang. Und er spricht englisch. Ob er auch ein Fan von Rico ist, der vor dem Hotel gewartet hat? Liebe kann ja jeden
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