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Rosendorn

Rosendorn

Titel: Rosendorn
Autoren: Jenna Black
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selbst hinterm Steuer zu sitzen. Graces Augen funkelten belustigt, als ich sie empört ansah, und ich schaffte es, meine Wut zu zügeln, ehe ich ihr antwortete.
    »Eigentlich sollte mich jemand vom Flughafen abholen«, sagte ich, obwohl das keine Antwort auf ihre Frage war. »Niemand ist aufgetaucht, also habe ich einfach ein Taxi genommen. Mein Vater wartet auf mich, wenn ich die Zollabfertigung hinter mir habe.«
    Nachdenklich nickte Grace und schrieb alles mit. »Wie heißt Ihr Vater?«
    »Seamus Stuart.«
    »Adresse?«
    »Äh, Ashley Lane 25 .« Ich war froh, dass ich nach seiner Adresse gefragt hatte, bevor ich hierhergekommen war. Ich hätte nicht gedacht, dass ich sie tatsächlich brauchen würde.
    »War er auf dem Parkplatz? Ich kann ihn bitten hereinzukommen, wenn Sie mögen.«
    »Äh, ich habe ihn genau genommen noch nie gesehen, also kann ich nicht sagen, ob er da war oder nicht.« Hoffentlich wurde ich nicht rot. Ich weiß nicht, warum es mir peinlich war, meinen Vater noch nie gesehen zu haben, doch das war es.
    Sie machte sich noch ein paar Notizen. Ich fragte mich, was sie da alles aufschrieb. Schließlich erzählte ich ihr ja nicht gerade meine Lebensgeschichte oder so. Und warum wollte der Grenzschutz diesen ganzen Mist überhaupt wissen? Ich hatte die meisten der Fragen schon beantwortet, als ich mein Visum beantragt hatte.
    »Bekomme ich mein Gepäck zurück?«, fragte ich, zu nervös, um einfach nur dazusitzen und still zu sein.
    »Sicher, meine Liebe«, erwiderte sie mit einem dieser falschen Lächeln.
    In dem Moment ging die Tür zum Büro auf. Der Typ im Overall, der mein Gepäck mitgenommen hatte, steckte seinen Kopf herein und wartete darauf, dass Grace ihm ihre Aufmerksamkeit schenkte. Mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue sah sie ihn an.
    »Es wurde bestätigt«, sagte er nur.
    Zum ersten Mal wirkte Graces Lächeln echt.
    »Was wurde bestätigt?«, wollte ich wissen. Aus irgendeinem Grund machte mir das echte Lächeln mehr Angst als das falsche.
    »Na ja, deine Identität, meine Liebe. Es scheint so, als wärst du tatsächlich die Tochter von Seamus Stuart.«
    Mir fiel die Kinnlade hinunter. »Wie haben Sie das
bestätigt?
«
    »Ich sollte mich dir erst einmal richtig vorstellen«, entgegnete sie statt einer Antwort. »Mein voller Name ist Grace Stuart.« Ihr Lächeln wurde geradezu schelmisch. »Aber du darfst ruhig Tante Grace zu mir sagen.«

[home]
    2 . Kapitel
    T odsicher sah ich wie ein Idiot aus, als ich mit offenem Mund vor dem Schreibtisch saß. Grace lachte über meine Miene, während ich versuchte, mich zu sammeln und nachzudenken.
    Zum ersten Mal, seit ich sie getroffen hatte, blickte ich über die Uniform und ihre achtunggebietende Art hinaus, um sie tatsächlich richtig zu
sehen.
Sie war groß und dünn wie ein Model, ihr schmaler Körper wirkte ohne die weiblichen Kurven jungenhaft. Fast wie meiner. Meine Hoffnung, dass sich das eines Tages noch ändern könnte, schwand dahin. Ihr hellblondes Haar war dick und glänzend. Sie hatte es aus ihrem kantigen Gesicht gekämmt und im Nacken zu einem Zopf gebunden, der ihr lang den Rücken hinunterhing. Wie ich hatte sie blaue Augen, allerdings waren ihre außen leicht nach oben geschwungen. Die Schrägstellung, die für
Feen
so typisch war.
    »Du bist die Schwester meines Vaters«, sagte ich, und es klang wie eine Mischung aus einer Frage und einer Feststellung.
    Grace klatschte in die Hände, als hätte ich gerade einen Rückwärtssalto gemacht. Ich spürte, wie mein Gesicht immer heißer wurde.
    »Sehr gut, meine Liebe«, entgegnete sie in einem Tonfall, der keinen Zweifel daran ließ, dass sie mich für etwas beschränkt hielt. »Seamus ist zurzeit, sagen wir mal, indisponiert. Aber er hat mich damit beauftragt, mich um dich zu kümmern, bis er es wieder selbst tun kann.«
    Mit leicht zusammengekniffenen Augen blickte ich sie an. »Wenn das hier deine Vorstellung davon ist, dich um mich zu kümmern, sollte ich das vermutlich besser selbst übernehmen.« Normalerweise bin ich nicht so frech – und ganz bestimmt nicht gegenüber Autoritätspersonen –, doch der Jetlag, der Stress und die Verwirrung zusammen sorgten dafür, dass man meine Laune bestenfalls als »reizbar« beschreiben konnte. »Du hättest dich ruhig von Anfang an vorstellen können, statt mich mit deinem Gestapo-Gehabe zu Tode zu erschrecken.«
    Grace blinzelte ein paarmal. Ich bezweifelte, dass sie es gewohnt war, von
irgendjemandem
Widerworte zu
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