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Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Titel: Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort
Autoren: Mirjam Mous
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zwei Minuten.
    Ich habe keine Zeit mehr, eine Karte zu kaufen, renne zum Gleis und steige schnell ein. Vor drei Tagen hätte allein die Vorstellung, ich könnte schwarzfahren, bei mir einen Kollaps verursacht. Jetzt setze ich mich fast pfeifend in ein Abteil. Wenn man einmal Mordverdächtiger gewesen ist, wird das Reisen ohne Fahrkarte so spannend wie ein Fußballspiel der Kategorie: mal sehen, wie das Gras wächst.

3
    Zeit: heute
Ort: Isla Caballo – Spanien
    Vier Stunden später steige ich aus dem Zug. Ich stinke und ich habe Hunger und Durst. In einem kleinen Laden kaufe ich die letzten beiden verpackten Sandwiches und eine Flasche Wasser. Der Käse ist zäh wie Gummi, aber ich bin so k. o., dass ich alles ohne Weiteres verschlinge. Danach mache ich mich auf der Toilette ein bisschen frisch: Kopf unter den Wasserhahn, sauberes T-Shirt an.
    Ich verlasse die Bahnhofshalle. Es ist schon dunkel. Beim Ausgang warten ein paar Taxis. Einer der Fahrer ruft etwas auf Spanisch.
    »Isla Caballo.« Ich suche in meinem Sprachführer. »Cuánto?«
    Er zeigt dreizehn mit seinen Fingern.
    Ich nicke. »Okay.«
    Wir fahren über einsame, kurvige Straßen. Manchmal mache ich ein paar Lichter in der Dunkelheit aus. Der Fahrer versucht, ein Gespräch anzuknüpfen, aber sein Englisch ist so schlecht wie das von Barbalala und mein Spanisch ist immer noch erbärmlich. Nur ein einziges Wort werde ich bestimmt nie wieder vergessen: caballo. Pferd.
    »Hotel?«, fragt der Fahrer.
    »Setzen Sie mich ruhig im Zentrum ab«, antworte ich auf Englisch.
    »No le entiendo.«
    Ich nehme an, dass er mich nicht versteht. »Centro«, sage ich.
    Er schaut zur Seite und lächelt breit. »Okay.«
    Isla Caballo ist noch kleiner, als ich erwartet hatte. Sobald wir am Ortseingangsschild vorbei sind, sehe ich ein paar Bauernhöfe, Reitställe und verschiedene Häuser. Dann hält das Taxi.
    »Centro«, sagt der Fahrer, noch immer lächelnd.
    Ich gebe ihm die vereinbarten dreizehn Euro und steige aus. Noch bevor ich meinen Rucksack geschultert habe, ist das Taxi verschwunden. Ich schaue mich um. Ein Laden für Reitzubehör, eine Tankstelle und ein Hotel. In der Ferne höre ich Meeresrauschen. Es wirkt wie ein Magnet. Ich biege in einen Sandweg ein und gelange nach einer Weile zu einem Campingplatz. Auf einmal weiß ich sicher, dass ich heute draußen schlafen möchte und nicht zwischen vier Wänden. Ich sehne mich nach frischer Luft und der Abwesenheit geschlossener Türen. Leider habe ich kein Zelt dabei.
    Wo der Campingplatz aufhört, gibt es auch keine Straßenlaternen mehr. Zum Glück ist der Mond noch da, sonst würde ich in einen Kaninchenbau treten. Ich pflüge durch den weichen Sand, bis ich das Meer sehe. Es ist schwarz und glänzt silbern. Ich lasse meinen Rucksack neben einen Strauch fallen und gehe pinkeln. Dann zerre ich meinen Leichtgewicht-Schlafsack heraus und krieche hinein. Ich bin so müde, dass ich binnen fünf Minuten einschlafe.
    Ich weiß einen Augenblick lang nicht, wo ich bin.
    Sand. Meer. Isla Caballo.
    Mein Magen ist hohl, die Beine sind steif. Ich krieche aus dem Schlafsack und strecke mich. Weit und breit niemand zu sehen. Ich ziehe mich aus und renne ins Meer. »Aaaaaahh!«
    Als ich wieder rauskomme, fühle ich mich erfrischt und stark. Ich rubbele mich mit meinem Handtuch trocken, ziehe mich wieder an und verlasse den Strand. Erst etwas essen, danach werde ich Valerie suchen.
    Ich bin der erste Gast beim Imbiss am Parkplatz. Sie schenken Tee aus, der so stark ist, dass ich ihn nur mit fünf Stück Zucker trinken kann. Ich bestelle ein Spiegelei, was sie normalerweise nur mittags servieren. Danach putze ich mir auf der Toilette die Zähne und bin bereit. Bevor ich in der vergangenen Nacht einschlief, ist mir ein cleverer Gedanke gekommen. Auf meiner Kamera sind Fotos. Die von Stefano sind zwar gelöscht, aber Valerie hat ihre draufgelassen.
    Das war ein Fehler.
    Ich zeige dem Mann vom Imbiss ein Bild auf dem Display. »Kennen Sie sie?«, kann ich leider nicht in meinem Sprachführer finden, also sage ich: »Valerie Reina. Dónde?« Womit ich meine: Wissen Sie, wo sie ist?
    Als er die Schultern zuckt, bin ich nicht einmal enttäuscht. Kein Profi schießt so schnell ein Tor. Ich packe meine Sachen und setze meine Suche auf dem Campingplatz fort. Vielleicht hat Valerie Stefanos Zelt mitgenommen und hier übernachtet. Ich schlendere herum und suche das Gelände ab. Aber Valerie begegne ich nicht und auch das silberfarbene Kuppelzelt
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