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Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Titel: Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort
Autoren: Mirjam Mous
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das muss Perez ihr erst einmal nachweisen. Außerdem ist sie sechzehn und demnach noch minderjährig. Am Ende kommt sie mit ein paar Sozialstunden oder so etwas davon.
    Und das nach allem, was sie mir angetan hat!
    Ich zögere nicht länger und öffne meinen Rucksack. Hände voll Geld schaufele ich hinein. Valeries Tasche wird immer leerer und meine immer voller. Unterdessen beschwichtige ich mein Gewissen. Ich bin kein Dieb. Dies ist Schmerzensgeld. Darauf hat man einen Anspruch, wenn einem so etwas Schreckliches widerfahren ist. Und zur Not gebe ich es…
    Still!
    Ich lausche angespannt. Ja, die Duschgeräusche haben aufgehört. Ich muss mich beeilen. Ich stecke das letzte Geld in meinen Rucksack und verschließe ihn. So, und jetzt Valeries Schmutzwäsche wieder in ihren Rucksack. Was wird sie nachher eine Wut haben.
    Halt!
    Ich möchte, dass Valerie weiß, dass ich es war. Mit einem Ruck reiße ich den Schlüsselanhänger mit dem Fußball von meinem Gepäck. Ich lege ihn auf den Boden von Valeries Rucksack und stopfe ihre ungewaschene Kleidung darauf.
    Fußball ist Krieg und das ist meine Visitenkarte.
    Gepolter im Bad.
    Rasch werfe ich mir meinen Rucksack um. Die Gurte drücken mir in die Schultern. Ich stelle Valeries Tasche in den Schrank zurück, schließe die Tür und mache, dass ich wegkomme.
    Eins zu eins.
    Sobald ich hinter der Hecke und außer Sicht bin, wage ich es, lautlos zu jubeln.

Abpfiff
    The winner takes it all
The loser standing small
Beside the victory
That’s her destiny
    (Fragment aus dem Songtext
The winner takes it all von Abba)
    Zeit: heute
Ort: Barcelona – Spanien
    Ich betrete das Bahnhofsgebäude. Heute fahre ich zum Flughafen, um meine Mutter abzuholen. Ihr Flieger landet in einer Stunde. Auf meinen Schultern prangt ein Rucksack mit einer sonnengebleichten Klappe, der gut fünfundzwanzigtausend Euro verbirgt. Der Erlös aus falschen Konzertkarten, einem unechten Paket, geklauten Geldbeuteln und meinem geplünderten Konto.
    Gestern habe ich in meinem Hotelzimmer in Barcelona nachgezählt – nachdem ich eine extra große Pizza mit Käse und Sardellen verspeist hatte –, Geld ohne Ende.
    Erst als ich mir den Bauch vollgeschlagen hatte, dämmerte es mir allmählich: Wenn ich in die Niederlande zurückfliege, würde ich meinen wertvollen Rucksack dem Flughafenpersonal anvertrauen müssen. Außerdem wird das Gepäck gescannt. Angenommen, sie überprüfen es nicht nur auf Waffen und Bomben, sondern ein Alarm gellt auch bei einer verdächtigen Geldmenge los? Man könnte denken, ich sei ein gewöhnlicher Dieb.
    Und war ich das eigentlich nicht auch?
    Meine euphorische Stimmung schlug in Schuldgefühl um. Wenn ich das Geld von Valerie und Felipe selbst behielte, wäre ich keinen Deut besser als sie. Aber was sollte ich dann damit machen? Zurückbringen war nicht so einfach, wenn man die wahren Eigentümer nicht kannte. Und vielleicht hatte man sie schon auf andere Weise entschädigt, über eine Versicherung oder so?
    Dann eben auf der Wache abgeben? Aber ich hatte wenig Lust, noch einmal bis Francaz zu reisen. Und das Geld hier in Barcelona zu deponieren, traute ich mich auch nicht. Ich hatte viel zu große Angst, dass sie mich nicht verstehen würden, wenn ich mit einem solchen Betrag in bar ankäme. Angenommen, sie verdächtigten mich des Diebstahls und würden mich wieder in so eine Zelle…
    Nein.
    Und da kam mir eine andere Idee.
    Ich kaufe ein Ticket an einem Schalter und nehme die Rolltreppe zum Gleis.
    Es ist ein Gefühl, als wäre ich auf dem Weg zu einem Fußballspiel. Ich bin ein wenig ausgelassen und sehr gespannt. Angenehm gespannt, denn warum sollte ich mir Sorgen machen? Ich sehe nicht aus wie ein Junge, von dem man annehmen würde, er transportiere fünfundzwanzigtausend Euro in seinem Rucksack.
    Ich komme an einem Straßenmusikanten mit Akkordeon vorbei.
    Nein, nicht meine Musik.
    Auf einer Bank sitzt eine Obdachlose. Sie isst etwas, das aussieht, als käme es geradewegs aus dem Müll. Ihr Rock ist schmuddelig und trotz der Hitze trägt sie eine dicke Jacke, als hätte sie Angst, jemand könnte sie ihr wegnehmen, sobald sie sie ablegt. Scheint mir unwahrscheinlich, denn ich glaube nicht, dass irgendjemand auf diesem Bahnhof auch nur irgendetwas von dieser Frau haben möchte. Sie hat nicht nur die ganze Bank für sich allein, sondern auch den Platz drum herum. Jeder möchte gern so weit wie möglich aus ihrem Dunstkreis bleiben. Ihre schmutzigen Socken haben unterschiedliche
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