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006 - Der lebende Leichnam

006 - Der lebende Leichnam

Titel: 006 - Der lebende Leichnam
Autoren: Peter Randa
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Zu unserer Rechten liegt das Zentrum für wissenschaftliche Forschung. Ich bedeute Marco, langsamer zu fahren. Fünf Stockwerke. Ein wuchtiges Gebäude mit unzähligen Fenstern. Ein ultramodernes Bauwerk, das gar nicht in diese ärmliche Vorortgegend passt.
    »Bist du sicher, dass es nicht streng bewacht ist?« fragt mich Marco mit seiner heiseren Stimme.
    »Es gibt nur einen Hausmeister.«
    »Eigentlich seltsam.«
    »Warum?«
    Ich lächle überlegen, bevor ich antworte:»Du vergisst den Panzerraum. Er ist praktisch unzugänglich. Was riskieren sie also?«
    »Dass wir einbrechen.«
    »Wir sind ja auch einmalig.«
    Dass es soweit kommen konnte, verdanken wir einer Kette von Zufällen und vor allem der Tatsache, dass ich bei Cordier gearbeitet hatte. Damals fand ich diesen Job ziemlich langweilig. Er gefiel mir ganz und gar nicht.
    Zu jener Zeit dachte ich nicht im entferntesten daran, dass mir das alles eines Tages dabei helfen würde, den sensationellsten Einbruch des Jahrhunderts zu begehen. Ich hatte mich ganz schön entwickelt, seit ich bei Cordier mithalf, Panzerräume zu installieren.
     

     
    Marco fährt langsamer, und wir rollen am Haupteingang vorbei. Auf einer großen schwarzen Tafel steht in Goldbuchstaben: Zentrum für wissenschaftliche Forschung.
    Das große Tor ist verschlossen, aber wie bei allen Festungen dieser Art, die bürokratisch verwaltet werden, gibt es Mittel und Wege hineinzukommen.
    Ich sage zu Marco: »Bieg nach der Mauer rechts ab.«
    Ein Schotterweg, der über unbebaute Felder führt. Dieses Gelände, das jetzt noch als Schuttabladeplatz benutzt wird, bietet Raum für weitere Gebäude des Zentrums für wissenschaftliche Forschung.
    Marco biegt ab und ich spreche mit meinen »Kollegen« noch einmal alle Einzelheiten des Plans durch, den wir so sorgfältig ausgearbeitet haben: »Auf mein Klingeln wird der Hausmeister erscheinen und ohne Misstrauen öffnen. Er wird glauben, dass es sein Neffe ist. Der Bursche kommt nämlich manchmal vorbei und besucht ihn. Dann müssen wir sofort reinstürmen. Du, Marco, übernimmst den Hausmeister. Ich kümmere mich um die Alarmanlage. Riley und Antoine passen auf. Vielleicht ist der Hausmeister nicht allein.«
    »Und dann?« fragt Riley.
    Ich drehe mich auf meinem Sitz um. »Dann gehen wir zum Panzerraum ’runter.«
    »Das klingt mir ein bisschen zu einfach.«
    »Es ist auch einfach. Ich kenne mich doch hier ganz genau aus.«
    »Und wann inzwischen irgend etwas geändert wurde?«
    »Die Anlagen sind im Prinzip alle gleich. Ich werde schon damit zurechtkommen.«
    »Und die Pläne?«
    »Ich weiß genau, wo sie sind.«
    »Erinnerst du dich so gut daran?«
    »Nein.. Aber Artof hat mir alles erklärt. Er wusste verdammt gut Bescheid.«
    »Von einem der Ingenieure?«
    »Wahrscheinlich.«
    Wir fangen an. Marco wendet schon den Wagen. Wenn wir die Pläne geklaut haben, müssen wir Zusehen, dass wir sofort aus dieser Gegend verschwinden. »Los!«
    Wir springen aus dem Wagen, einem Citroën, den Riley auf den Champs-Elysees gestohlen hat. Alles ist ruhig. Ich zeige Marco eine kleine Tür, auf die er zugeht, während wir uns so aufstellen, dass wir sofort losstürmen können.
    Jeder von uns hat einen Revolver in der Hand, aber nur um Angst zu machen, denn wir hoffen, dass wir nicht gezwungen sein werden, zu schießen.
    »Soll ich klingeln?«
    »Ja.«
    Marco drückt auf den Knopf. Die Nacht ist lau und der Himmel voller Sterne. Sobald ich morgen Artof die Pläne übergeben und die versprochene Belohnung kassiert habe, werde ich mich aus dem Staub machen. Ich fahre aufs Land, um mich zu erholen.
    Im Hof hört man den schlurfenden Schritt des Hausmeisters. Sofort sind alle meine Sinne aufs äußerste gespannt. Der Erfolg unseres Unternehmens hängt ganz davon ab, wie schnell wir ihn überwältigen.
    Der schwere Schlüssel dreht sich im Schloss, und ein Flügel des Tors öffnet sich langsam.
    »Marco …«
    Blitzschnell rennt er los, die rechte Schulter voran. Er stößt den Türflügel auf, drängt den Hausmeister zur Seite, und bevor dieser sich von seiner Überraschung erholt hat, hält er ihm den Colt unter die Nase.
    »Mach keinen Unsinn, Opa!«
    Schon sind wir alle vier im Hof, Riley schließt die Tür hinter uns und schiebt den Riegel vor. Der Hausmeister blickt uns verblüfft und angsterfüllt an.
    Er ist ein Mann in den besten Jahren, groß und stark, aber er hinkt ein wenig. Ich kannte ihn damals ganz gut, aber sicher erkennt er mich nicht wieder. Er ist in
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