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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null
Autoren: Alexander Kröger
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wissen. Es kann der Grund nicht sein, mich zu meiden. Wie
dem auch sein mag. Wenn sie nicht zu mir kommen, gehe ich
zu ihnen!’
    Umsichtig, jedoch sehr aufgeregt, bereitete Robina ihren
Suchgang vor, dabei stets gespannt und gewärtig, dass sie doch
noch irgend ein Zeichen erhielte.
    Sie lud die Batterien zweier starker Handscheinwerfer,
versorgte sich mit Proviant für mehrere Tage, schulterte den
Brenner mit aufgesetztem Weitwurfkopf und marschierte in
die Finsternis hinaus.
    Noch schwieriger, als am Vortag nach der Grotte, gestaltete
sich die Suche nach dem Eselchen. Auf ihr treues Gefährt
wollte sie jedoch unter keinen Umständen verzichten, schon
aus Gründen der Sicherheit nicht.
    Als sie glaubte, in der Nähe der Stelle zu sein, an der sie das
Fahrzeug zurückgelassen hatte, ließ sie die Strahlen ihrer
Lampen Kreise beschreiben und hatte schneller als erwartet
Erfolg. Sie montierte die Scheinwerfer provisorisch an das
Eselchen und setzte sich langsam in Richtung Kuppel in
Marsch. Der Weg führte an dem Riesenkristall vorbei, der
haushoch aus der Ebene ragte, jetzt gegen den
sternenübersäten Himmel ein monströses schwarzes Viereck
bildete, drohend, unheimlich.
    Robina blieb stehen. So hatte sie ihre Schicksalswand noch
nie gesehen. Nichts von einer narrenden Reflexion. ,Ob ich
auch dagegen geprallt wäre, wenn es kein Licht gegeben hätte?
Nicht, Robina, nicht die Spiegelung, die unerklärliche
Atomisierung der REAKTOM, der Explosionsschub, hat das
Beiboot an die Wand geworfen. Warum immer wieder der
Zweifel? Wäre dem nicht so, lebten die Gefährten noch. Nun
habe ich dir, Wand, mit meiner Chronik, meinem Tagebuch
und dem daraus entstandenen Buchstabengebrenne deinen
Glanz genommen, und wie es scheint, unnötigerweise.
Niemand braucht das mehr zu lesen, ich kann es berich…’
    Weiter in ihrem Denken kam Robina nicht.
Über die Wand wanderte ein greller Lichtfleck, so als steuere
ihn jemand die Zeilen entlang: Langsam horizontal bis an die
Kante, dann ein schneller Sprung, und wieder von vorn ein
wenig tiefer. Das wiederholte sich drei, vier Mal, dann
verlosch das Licht. Wieder herrschte Finsternis.
Spontan hatte Robina die Scheinwerfer gelöscht, stand
überrascht, unfähig, einen Entschluss zu fassen. ,Sie machen
sich an der Wand zu schaffen, an meinem Geschreibsel. Lesen
sie es?’
Es dauerte Minuten, bis sich Robina entschloss, der Sache auf
den Grund zu gehen. Als sie sich auf das Gefährt schwang,
erschien der Lichtfleck abermals zum gleichen Spiel. Wieder
stand Robina und starrte.
„Hallo, Robina!“
Obwohl die Worte leise, beinahe geflüstert aus dem
Lautsprecher drangen, fuhr Robina bis ins Mark erschrocken
zusammen. Doch sie beruhigte sich schnell. Gleichzeitig mit
dem Gruß nahm sie das schwache Irisieren wahr, das vom
Kopf des Birne ausging, stets, wenn er sprach.
,,Birne!“, rief Robina freudig überrascht.
„Wir grüßen dich!“, fuhr die Maschine fort.
,Wir, er sagt wir! Nicht er grüßt mich, nachdem er nach
beinahe zwei Tagen Abwesenheit geruht zu mir
zurückzukehren, sondern irgendwelche Wir grüßen mich. Sie
haben ihn sich vereinnahmt. Der Treulose hat sich von mir
losgesagt!’ Aber Robina dachte dieses nicht ernsthaft, in ihr
jubilierte es.
,Der Kontakt, der Kontakt!’
„Wer ist wir?“, fragte sie zurück, und es sollte spitz klingen.
Dabei war sie sich bewusst, dass der Birne in den Jahren ihrer
Kommunikation niemals Nuancen im Ton begriffen hatte.
„Wir sind die, die das Funkfeuer installiert haben, die hier
Erze gewinnen, denen somit dieser Himmelskörper gehört.“
„Aha“, antwortete Robina leicht belustigt ob dieser
Klarstellung. Dabei zersprang sie beinahe vor Erwartung, auf
die Anderen zu treffen. „Und du bist nun einer von diesen
Wir?“, fragte sie.
„Ja, ein Helfer.“
„Über zwanzig Jahre warst du mein Helfer!“
Er antwortete eine Weile nicht. „Du hast mich manipuliert,
warst stark.“
„Aber du erinnerst dich! Lass’ es gut sein. Führe mich zu den
Deinen.“
„Das geht nicht. In zwei deiner Tage wirst du eine Nachricht
erhalten, dann komme zu dieser Wand, auf der deine Zeichen
stehen, die ich dir geholfen habe, dort einzubrennen.“
„Du bist verrückt, ich will sofort…“
„In zwei Tagen…“
Das Glimmen vor Robina erlosch. Sie ahnte mehr, als dass
sie es sah: Der Roboter entschwebte. „He, warte! Mistkerl. Ich
werde euch…!“ Gekränkt schwang sich Robina auf das
Eselchen, schaltete die Scheinwerfer ein und fuhr auf
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