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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null
Autoren: Alexander Kröger
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himmlische
Trümmerstück irrtümlich einen Boliden nennen. Das Licht
brachte die Kristalle zum Strahlen, zauberte eine unvorstellbar
märchenhafte Farbenpracht hervor. Auch als sich später
herausstellte, dass dieses Künstliche neben dem Funkfeuer ein
Wegzeichen ist, hatte das nichts von seiner unwirklichen
Schönheit genommen. Und nun, als hätte jemand einen
Schalter…
,Jemand hat einen Schalter…!’ Plötzlich blitzte das
Hoffnungsfünkchen in Robina zum strahlenden Feuerball auf. ,Sie haben abgeschaltet!’ „Sie sind hier, die Anderen sind
hier!“ Ja, die Anderen! Nur sie haben Zugang zur Lichtquelle.
Aber warum, warum zeigen sie sich nicht, warum nehmen sie
das Licht? Sie sind nicht meinetwegen hier!’ Wie ein Schwall
kalten Wassers traf Robina diese Erkenntnis. Sie glitt neben
ihrem Gefährt auf den Boden, saß eine Weile wie gelähmt.
Später dachte sie: ,Wenn schon! Sie sind hier, und sie werden
wohl oder übel akzeptieren, dass ich es auch bin. Aber sie
müssen doch – wie ich auch – Interesse an einem Kontakt…
Müssen? Beileibe nicht!’ Doch dann begann Robina ihr
defätistisches Denken zu relativieren, ja es sogar als unsinnig
abzutun. ,Und warum sollten sie sich dann mit den S-O-SLichtsignal angekündigt haben? Mit meinem Signal? Es war
kein Traum, keine Halluzination. Sie sind da, und auch
meinetwegen! Aber weshalb verstecken sie sich, nehmen mir
den Roboter und das Licht weg? Sie werden es mir sagen!
Gewiss – sie werden es mir sagen!’
Robina erhob sich. Die Sicht war so schlecht, dass sie sich
entschloss, zu Fuß den Weg fortzusetzen. Freilich, die Fläche
glich einem glatten, erstarrten See. Doch es sprossen hie und
da kleine Kristallwürfel, Pyramiden und erstarrte Blasen
hervor, insbesondere aber gab es zahlreiche Einschläge von
Meteoriten, die Krater bis zu einen Meter Tiefe gesprengt und
entsprechende Trümmer umhergestreut hatten. Trotz der jeden
Sturz mildernden geringen Schwerkraft wollte Robina, auch
um ihr liebgewordenes Eselchen nicht zu gefährden, kein
Risiko eingehen, gerade jetzt nicht, wo die Anderen…
Obwohl sie den Weg Hunderte Male gegangen und gefahren
war, hatte Robina Schwierigkeiten, sich zu orientieren. Einen
Scheinwerfer führte sie nicht mit. Die Lichtpulsationen hatten
stets für eine ausreichende Beleuchtung gesorgt, selbst in den
unterbolidischen Räumen. Jetzt tastete sie sich voran, kam sich
vor, als wandle sie im Raum. Der Boden, auf dem sie lief, die
Uferkristalle reflektierten die zahllosen Fixsterne, die geringe
Schwerkraft tat ein Übriges, um den Eindruck zu verstärken.
Das Vorankommen wurde ihr so beschwerlich, dass sie sich
entschloss, das Eselchen stehen zu lassen, um sich besser auf
den Weg konzentrieren zu können. Dennoch hätte sie beinahe
das Ziel verfehlt. Erst als sie unmittelbar vor ihrem
Eisblumengarten stand, das Knirschen der Stängel- und
Blättersplitter unter ihren Füßen spürte, die von den
Zerstörungen herrührten, die sie hervorgerufen hatte, als sie
beim ersten Auftauchen des Signals in die Ebene rannte, fand
sie zum Eingang der Grotte und darin zu ihrem
Wohncontainer.
Erschöpft warf sich Robina auf ihr Lager.
Schon im Wegdämmern wurde sie durch mehrmaliges hart
dengelndes Knallen aufgeschreckt, Geräusche,
wie sie von
Detonationen verursacht werden, deren Schall sich in Gestein
fortpflanzt. Tiefer über dieses neue Phänomen nachzudenken,
fühlte sich Robina in dieser Stunde und ihrem Zustand nicht
mehr in der Lage. Sie schlief ein. –
4
    Der Bolid blieb finster.
In Robina stritten wirr Enttäuschung, Freude, Furcht und
Hoffnung. Sicher, dass der kleine Himmelskörper Besuch hatte
und diese Anderen wussten, dass auf ihm ein einigermaßen
vernünftiges Wesen hauste, befremdete Robina das
merkwürdige Verhalten der Ankömmlinge außerordentlich.
Erst als ihr die Idee einkam, es könne Vorsicht sein, die die
Fremden so handeln ließ, dachte sie versöhnlicher. ,Freilich –
woher sollten sie ursprünglich wissen, dass ich allein und ein
friedlicher Mensch bin, kein Hinterland, keine Waffen habe,
sie also von mir nicht das Geringste zu befürchten hatten?
Mittlerweile wird sie der Birne, den sie zweifellos zu sich
beordert haben, informieren. Klar, den Mikrokosmos dieses
Kristallscherbens habe ich verseucht, irdische Mikroben en
masse eingeschleppt. Niemand von uns hat an eine
Deaktivierung gedacht, als wir zu viert hier herumgesprungen
sind. Aber gegen Solches müssten sie sich leicht zu schützen
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