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Riskante Geschäfte

Titel: Riskante Geschäfte
Autoren: Ian Fleming
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den beiden blitzenden, laufend abnehmenden Goldbarren lagen dann, fein säuberlich gebündelt, fünfhundert neue Jamaika-Pfund, dazu ein maschinegeschriebener Zettel, der die verkaufte Goldmenge und den dafür in Macao erzielten Preis auswies.
    Das alles lief in einer sehr freundschaftlichen und korrekten Atmosphäre ab. Major Smythe fühlte sich bei der Zahlung einer zehnprozentigen Provision nicht übervorteilt. Auf jeden Fall war es ihm gleichgültig. Zweitausend Pfund netto im Jahr reichten ihm völlig. Seine einzige Sorge war, daß die Steuerfahndung ihm unbequeme Fragen stellen könnte, wovon er eigentlich lebte. Diese Möglichkeit erwähnte er einmal gegenüber den Gebrüdern Fu. Sie sagten ihm, er solle sich darum keine Sorgen machen. Bei den zwei nächsten Quartalszahlungen enthielt das Banknotenbündel jeweils nur vierhundert statt fünfhundert Pfund. Major Smythe verlor kein Wort darüber, und das Thema wurde nie wieder erwähnt. Es war eben an der richtigen Stelle »geschmiert« worden.
    So vergingen die Tage voller Sonnenschein und trägem Wohlleben und reihten sich zu Jahren. Mr. und Mrs. Smythe wurden dicker, und der Major überstand den ersten seiner beiden Herzanfälle. Sein Arzt befahl ihm, Alkoholgenuß und Zigarettenkonsum einzuschränken und sich nicht anzustrengen -was er auch bisher nicht getan hatte. Außerdem mußte er Fett und alles Gebratene meiden.
    In der ersten Zeit probierte es Mary Smythe mit Strenge. Als er dann heimlich trank und seine Zuflucht zu kleinen, kindischen Lügen nahm, hielt sie sich bei ihren Versuchen, ihn an der Selbstzerstörung zu hindern, etwas zurück. Aber es war schon zu spät. Für Major Smythe war sie bereits zum Sinnbild des Gefängniswärters geworden. Er ging ihr aus dem Wege. Sie machte ihm Vorhaltungen, er liebe sie nicht mehr. Als sie das Gezänk, das sich daraus entwickelte, nicht länger ertragen konnte, nahm sie immer häufiger Zuflucht zu Schlaftabletten. Dann, nach einer furchtbaren Auseinandersetzung, bei der er betrunken war, schluckte sie eine Überdosis, weil sie »es ihm zeigen« wollte. Die Dosis war tödlich.
    Der Selbstmord wurde vertuscht, aber Major Smythes gesellschaftliche Stellung litt doch sehr darunter. So zog er sich an die North Shore zurück. Von dort bis zur Hauptstadt Kingsley waren es zwar nur fünf Kilometer Luftlinie, aber er lebte hier trotzdem in einer ganz anderen Welt. Er wurde auf seinem Besitz Wavelets seßhaft. Nach dem zweiten Herzanfall ging er dazu über, sich langsam, aber sicher zu Tode zu saufen. Wahrscheinlich wäre es ihm auch gelungen, wenn nicht dieser James Bond aufgetaucht wäre und seinem Schicksal eine andere Wendung gegeben hätte.
    James Bond hatte Major Smythe mit keinem Wort unterbrochen. »Ja - so habe ich mir das auch ungefähr vorgestellt«, sagte er gleichmütig, als der Major seinen Bericht beendet hatte. »Soll ich Ihnen ein schriftliches Geständnis aufsetzen?«
    »Wenn Sie wollen. Ich brauche es nicht. Um die Vorbereitung der Gerichtsverhandlung wird sich Ihre alte Einheit kümmern. Mit der rechtlichen Seite habe ich nichts zu tun. Ich liefere nur meinen Bericht ab, der geht dann an die Royal Marines weiter. Dann bekommt ihn wahrscheinlich auf dem Wege über Scotland Yard der öffentliche Ankläger.«
    »Darf ich etwas fragen?«
    »Natürlich.«
    »Wie sind sie daraufgekommen?«
    »Es war nur ein kleiner Gletscher. Oberhausers Leiche ist zu Beginn dieses Jahres am unteren Ende zum Vorschein gekommen, als das Tauwetter einsetzte. Bergsteiger haben ihn gefunden. Seine Papiere und alles andere waren unversehrt. Die Angehörigen konnten ihn einwandfrei identifizieren. Von da an brauchte ich nur die Spur rückwärts zu verfolgen. Die beiden Kugeln haben dann alles besiegelt.«
    »Aber was haben Sie denn mit der ganzen Sache zu tun?«
    »Das MOB gehörte damals zu meinem - äh - Amt. So sind Oberhausers Papiere zu uns gelangt. Ich habe zufällig die Akte gesehen. Da ich gerade nichts anderes zu tun hatte, bat ich um den Auftrag, den Mörder jagen zu dürfen.«
    »Warum?«
    James Bond blickte Major Smythe gerade in die Augen. »Oberhauser war zufällig ein Freund von mir. Als ich ein Junge war, hat er mir das Skifahren beigebracht. Ein großartiger Mensch. Er war wie ein Vater zu mir, und genau das brauchte ich damals.«
    Major Smythe wandte den Blick ab. »So ist das. Tut mir leid.« James Bond stand auf. »Ich muß wieder zurück nach Kingston.« Major Smythe wollte sich erheben, aber Bond machte eine
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