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Riskante Geschäfte

Titel: Riskante Geschäfte
Autoren: Ian Fleming
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einem frugalen Mittagessen und der ausgedehnten faulen Siesta noch einmal gründlicher überdenken. Zum Cocktail mußte er zu den Arundels, und zum Dinner hatten ihn die Marchesis in den Shaw Park Beach Club eingeladen. Danach wieder ein hohes Pokerspiel und der übliche Secconal-Schlaf.
    Der Gedanke an die liebgewordenen Gewohnheiten ließen Bonds Bild etwas in den Hintergrund treten. He, Skorpion, wo steckst du? Octopussy wartet auf sein Mittagessen! Major Smythe konzentrierte sich wieder ganz auf die Suche und schwamm langsam das Riff entlang, das Gesicht mit der Atemmaske unter Wasser. Ein seichtes Tal zwischen den Korallenbänken erstreckte sich hinaus bis an die weiß schäumende Brandung vor dem Riff.
    Einmal lenkte ihn ein Hummer ab, ein dicker Brocken von mindestens drei oder vier Pfund. Unter normalen Umständen hätte Major Smythe ihn sich nie entgehen lassen, aber heute war er auf andere Beute aus.
    Zehn Minuten später erblickte er auf dem sandigen Grund ein algenbewachsenes Korallenstück, das kein Korallenstück war. Seine Füße berührten vorsichtig den Grund. Sofort bemerkte er, wie sich die Giftstachel aufrichteten. Es war ein prächtiger Bursche, mindestens dreiviertel Pfund schwer. Major Smythe hob seinen dreizackigen Speer und tastete sich millimeterweise heran. Die zornigen, rötlichen Augen des Fisches waren jetzt weit geöffnet. Sie beobachteten ihn heimtückisch. Major Smythe wußte, daß er den Skorpionfisch mit einem einzigen, genau senkrecht geführten Stoß erlegen mußte, weil sonst die scharfen Spitzen des Speers von dem hornigen Schädel abglitten. Er ging wieder in Schwimmlage und paddelte behutsam näher heran. Seine freie Hand benutzte er zum Steuern.
    Jetzt!
    Er machte einen Satz nach vorn und stieß zu. Aber der Skorpionfisch hatte die winzige Druckwelle gespürt, die dem Speer vorauseilte. Sand wurde aufgewirbelt, und der Skorpionfisch schoß beinahe wie ein aufsteigender Vogel hoch und unter Major Smythes Bauch hinweg.
    Fluchend warf sich Major Smythe in dem seichten Wasser herum. Richtig - der Fisch hatte genau das getan, was seine Artgenossen in ähnlichen Situationen immer tun! Er hatte sich zwischen algenüberzogenen Korallenfelsen versteckt und verließ sich ganz auf seine vorzügliche Tarnfarbe. Major Smythe brauchte nur ein paar Meter zu schwimmen und noch einmal kräftig zuzustoßen, diesmal genauer. Da - der Skorpionfisch zappelte an den drei Zinken seines Speers. Major Smythe keuchte vor Anstrengung und Aufregung. Plötzlich machten sich wieder die alten Schmerzen in der Brust bemerkbar. Er stellte sich auf, preßte den Speer fest durch den Fischkörper und hielt das häßliche, verzweifelt zuckende Tier in die Luft. Langsam watete er durch das seichte Wasser der Lagune zu seinem Strand zurück und setzte sich auf die Holzbank unter dem Weinstock. Den Speer mit seiner immer noch zuckenden Beute ließ er achtlos in den Sand fallen. Etwa fünf Minuten später spürte Major Smythe, wie die Haut in der Gegend des Solarplexus auf ganz seltsame Weise gefühllos wurde. Er blickte an sich herab - da wurden seine Muskeln vor Entsetzen und Fassungslosigkeit stocksteif. Ein kreisrundes Stück Haut, nicht größer als ein Golf ball, wurde unter der Sonnenbräune weiß. Mitten in der weißen Fläche zeigten sich untereinander drei feine Nadeleinstiche. Aus jedem Einstich quoll ein winziges Bluttröpfchen.
    Mit einer automatischen Handbewegung wischte Major Smythe das Blut weg. Die Einstiche waren kaum zu sehen. Aber dann fiel Major Smythe ein, wie der Skorpionfisch beim ersten Zustoßen mit dem Speer hochgesaust war.
    Ganz ohne feindselige Gefühle, beinahe mit einem Unterton von Hochachtung, sagte Major Smythe: »Du hast mich erwischt, du Schweinehund! Bei Gott - du hast mich erwischt!« Er blieb regungslos sitzen und blickte an sich herab. Dann fiel ihm ein, was er über Stiche von Skorpionfischen gelesen hatte.
    Behutsam betastete er die Einstiche und die weiße Fläche ringsum. Völlig taub und gefühllos! Darunter setzte schon ein leiser, pulsierender Schmerz ein. Bald würden die Schmerzen zunehmen, sich über den ganzen Körper ausbreiten und ihn so martern, daß er sich in den Sand werfen und hilflos um sich schlagen würde. Im nächsten Stadium kam das Erbrechen, der Schaum vor dem Mund, das Delirium, die Krämpfe und schließlich die letzte Bewußtlosigkeit. Die unausbleibliche Folge war der Herztod. Nach allem, was er gelesen hatte, mußte sich das grausige Geschehen
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