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Rettung am Straßenrand

Rettung am Straßenrand

Titel: Rettung am Straßenrand
Autoren: Lindsay Gordon
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reichte.
    »Ich bin es jedenfalls nicht«, meinte dieser und stellte sich auf die Zehenspitzen.
    »Und das ist Franco«, stellte Johnny ihn vor. »Dann lasst uns mal die Mädels ausladen, damit sie sich die Beine vertreten können.« Die Gruppe machte sich ans Werk. Johnny öffnete die hinteren Türen des Trucks. Ich hörte das Brüllen wütender Großkatzen, und mein Magen ballte sich vor Furcht und Aufregung zusammen. Die Männer zogen eine Rampe aus dem Wagen und brachten Ketten an den Käfigen an, und dann stellten sich alle hintereinander auf, um die Tiere die Rampe hinunterzuziehen.
    Im ersten Käfig saßen zwei riesige Löwinnen mit gesträubtem Fell. Sie knurrten, als ihre vorübergehende Heimstätte die Rampe hinunterrutschte. Als ihr Käfig auf dem Boden aufkam, wehte mir der Staub ins Gesicht und mit ihm der Geruch der Raubkatzen. Meine Nippel wurden augenblicklich hart, als ich den wilden, stimulierenden Geruch wiedererkannte, den ich bereits an Johnny gerochen hatte.
    Ich beobachtete ihn, wie er das Entladen überwachte. Wenn er an der Kette zog oder vom Wagen sprang, tat er es mit der mühelosen, kraftvollen Geschicklichkeit eines Mannes, der an harte körperliche Arbeit gewöhnt ist. Zugleich war an ihm etwas Geschmeidiges und Anmutiges, als wäre er ein Tänzer oder ein Akrobat – was er nach allem, was ich über ihn wusste, durchaus sein konnte.
    Die Crew lud noch drei weitere Käfige aus dem LKW, einen riesigen Löwen, zwei wunderschön gestreifte Tiger und eine Leopardin, der das Eingesperrtsein ganz offensichtlich nicht gefallen hatte. Sie fauchte und schlug um sich, als ihr Käfig bewegt wurde. Ich sah, wie sich Johnny neben ihren Käfig kniete und sein Gesicht so dicht vor das Gitter hielt, dass sie es leicht hätte zerfetzen können, um dann sanft auf sie einzureden.
    Obwohl ich seine Worte nicht verstehen konnte, bewirkten das leise Murmeln seiner Stimme und die Konzentration, gepaart mit Zärtlichkeit, die sich auf seinem Gesicht abzeichnete, dass mein ganzer Körper zitterte und in Flammen zu stehen schien. Als sich die Leopardin schließlich hinlegte und auf den Rücken rollte wie ein Kätzchen, das am Bauch gekrault werden will, hätte ich mich am liebsten neben sie gelegt.
    Nacheinander wurden die Käfige auf Karren geladen und zu einem großen Zelt hinter dem Hauptzelt gebracht. Als der letzte weggerollt wurde, gesellte sich Johnny zu mir. Er war durch die Anstrengung des Abladens ein wenig außer Atem. Ich merkte, dass er schwer atmete und dass Schweiß auf seiner Kehle glänzte. Mich überkam das dringende Bedürfnis, mich vorzubeugen und seine salzige Haut sauber zu lecken. Vielleicht ahnte er, was mir durch den Kopf ging, denn er grinste und streckte die Hand aus. Wortlos ergriff ich sie und erlaubte ihm, mich ins Zelt zu führen.
    Im Inneren sah ich mich erst mal um. Es wurde offensichtlich zu Lagerzwecken genutzt. Neben den Käfigen lagen Säcke mit Tierfutter und Strohballen sowie diverse andere Zirkusutensilien. Da standen ein bunt bemalter Clownswagen, ein Ständer voller farbenfroher Kostüme und eine riesige Kanone, deren Lauf mit Flammen bemalt worden war. »Wofür ist die denn?«, wollte ich wissen.
    »Franco ist die lebende Kanonenkugel.« So beiläufig, wie Johnny das sagte, hätte er ebenso erklären können, dass Franco Busfahrer oder Buchhalter war.
    »Ist das nicht gefährlich?«
    Johnny lachte. »Es ist so offensichtlich, dass du ein Außenseiter bist. Natürlich ist das gefährlich. Beim Zirkus geht es immer um Gefahr. Das ist doch der Reiz daran.« Er zog an meiner Hand und führte mich zur Seite, wo eine flache Scheibe aufrecht vor der Plane stand. Dann streckte er die Hand aus und setzte sie in Bewegung. Mir wurde klar, dass es sich dabei um die Drehscheibe eines Messerwerfers handelte, auf die er seine schöne Frau spannt, um seine Messer dann so zu werfen, dass sie zwischen ihren Gliedmaßen landen.
    Johnny beugte sich vor und hob ein Messer auf. Er stellte sich so hin, dass sich sein Gesicht direkt vor meinem befand und ich seinen heißen Atem auf der Haut spüren konnte. Sein kräftiger, animalischer Geruch war überwältigend und erregend. »Das Publikum fordert die Gefahr. Ihm gefällt die Idee, dass Fehler passieren können.« Meine Beine zitterten noch immer wie wild, aber ich war nicht davon überzeugt, dass sie es taten, weil ich Angst hatte.
    Ich konnte nicht anders, ich musste einfach die Hand auf seinen Pferdeschwanz legen, um sein Gesicht an mich
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