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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub
Autoren: Tommy Jaud
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Sogar sein dick bebrillter Sohn bebte und lief rot an vor Lachen. Ich ließ den Bierdeckel auf den Tisch fallen und rieb mir angespannt die Schläfen. Es war ein Kampf, den man nicht gewinnen konnte.
    »Greulich«, schoss er amüsiert nach, als sich das Gelächter wieder ein wenig gelegt hatte, »willst heut gar net über deine Gänsefüßlich sprechen?«
    Ich schüttelte mit dem Kopf. Heute war ganz bestimmt kein guter Tag, um über Grundsätzliches zu sprechen. Womöglich war es nicht mal ein gutes Jahr, um darüber zu sprechen. In diesem Augenblick war es mir ehrlich gesagt auch scheißegal, dass stündlich 440 Kästen mit dem Etikett Seppelpeter's - ganz was Spezielles oder Bamberg's bestes Braune's die Brauerei verließen. Ich war in Gedanken schon in der Mittagspause, in der ich mit Biene den neuen japanischen Imbiss testen wollte, der am Grünen Markt eröffnet hatte. Ich hatte die Nase voll von Seppelpeter's, Schnitzel's und Tradition's. Sollten die anderen Brauereien's doch an uns vorbeiziehen's! Wenn der alte Sack nicht wollte, dann wollte er nicht. Frustriert stampfte ich nach oben in mein kleines Dachgiebelbüro, surfte eine Stunde auf den
    Seiten ferienwohnungen.de, expedia und Robinson. Dann ging ich wieder nach unten, schloss mein Rad auf und fuhr die fünf Minuten zum Bamberger Bastelbär, dem kleinen Laden meiner Freundin.
    Der Bastelbär ist ein Laden für Kindergärtnerinnen und Mütter, also für Leute, die gerne kleine Holzkugeln auf Schnüre aufreihen und Holzenten dranbinden. Der Bastelbär ist demnach das exakte Gegenteil von dem, wofür sich Männer interessieren könnten. Ich glaube, dass auch noch nie ein Mann drin war, und wäre ich ein eifersüchtiger Zeitgenosse, dann hätte meine Freundin Biene den idealen Beruf. Aber eifersüchtig war ich schon lange nicht mehr.
    Biene war gut gelaunt, als ich den Laden betrat und Hunderte kleiner Glöckchen so laut dingdingding machten, dass einem schwindelig werden konnte. Sie trug ein weißes, leichtes Sommertop mit Spaghettiträgern und ihre Lieblingsjeans, die Jason und Miriam ihr aus den USA mitgebracht hatten.
    Ich hatte Biene vor fast zehn Jahren auf der Sandkerwa kennen gelernt, Bambergs berühmtem Bierfest. Es war schon ziemlich spät, Biene schenkte damals noch Bier aus für die Erlebniskneipe Zwetschgäbam. Nur mir wollte sie kein Bier mehr ausschenken, weil ich zwei Minuten nach der Sperrstunde zum Stand kam.
    »Ist das euer Kneipenerlebnis, dass man kein Bier mehr bekommt?«, probierte ich sie noch zu überreden.
    »Ja! Gefällt's dir?«, war ihre Antwort, während sie und ihre Kollegin den Stand für die Nacht sicherten. Was mich damals faszinierte, war schon bald ein Teil unseres Problems: Biene ist unglaublich stur. Ich bekam tatsächlich kein Bier mehr, dafür aber später einen Kuss in einem Hauseingang. Und wie 99,9 % aller Männer hatte ich während dieses ersten Kusses eines nicht im Kopf: dass ich mit dieser Frau rausziehen, Kinder machen und alt werden wollte.
    Dennoch: Vom ersten Kuss an waren wir ein Paar, wir fragten nicht, es war einfach so. Unsere ersten Jahre waren schön und allzu gerne würde ich heute noch einmal das Gefühl von damals nacherleben: die ganze Aufgeregtheit, die Verliebtheit und auch die Bewunderung für all die kleinen Dinge, die ich schön fand an Biene und das waren, besser sind eine ganze Menge: ihr hübsches, rundes Gesicht, die glatten blonden Haare und die Sommersprossen, die sie von Juni bis Oktober überall bekommt. Ich mochte ihre kecke Art und ihr freches Lachen und natürlich mochte ich, dass man mit ihr auch mal ein Bier trinken konnte. Dass sie um die Hüfte ein klein wenig robuster gebaut ist als ein Topmodel, hat mich nie gestört. Wir hatten eine ebenso schöne wie unbeschwerte Zeit und für eine Weile dachte ich sogar, dass ich mir nie wieder eine Frau suchen musste, dass Biene mehr sein konnte als nur meine Freundin. Mit der Gewissheit kam die Ruhe, diese Ruhe gab uns den Mut zusammenzuziehen, um unsere Beziehung weiter zu festigen. Und dann? Kam nichts mehr.
    »Und? Was hat der Seppelpeter gesagt zu deiner Präsentation?«, fragte mich Biene besorgt.
    »Pförds!«
    »Armer Mausbär!«
    »Ich glaub manchmal echt, der will mich loswerden!«
    »Ach was!«
    Frustriert setzte ich mich auf einen viel zu kleinen Kinderstuhl und nahm eine Tüte mit kleinen Holzkugeln aus einer Box. Biene hatte ihr Closed-Schild schon umgedreht und richtete ein paar letzte Artikel in den Regalen.
    »Irgendwann
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