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Resturlaub

Resturlaub

Titel: Resturlaub
Autoren: Tommy Jaud
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Rechnen so erfolgreich, dass wir, also dein Vater auch schon reserviert hat.«
    »Was reserviert?«
    Biene ließ eine kleine Pause, sie war jetzt sehr aufgeregt und ihre Augen strahlten in heller Vorfreude.
    »Das Grundstück hier!«
    Ich bekam kaum noch Luft.
    »Von hier bis runter zum Wald!«
    Ich schloss die Augen.
    »Die Baugenehmigung wäre kein Problem und ... es ist nahe! Wir wären in einer Viertelstunde in der Stadt!«
    Mein Herz begann zu rasen, meine Gesichtshaut spannte sich an wie eine Frischhaltefolie über einem Krautsalat und ein dünner Schweißfilm bildete sich auf meiner Stirn.
    »Wir hätten auch vier Wochen Zeit, es uns zu überlegen!«
    Ich ließ Bienes Hände los, blickte hinunter bis zum Waldrand und biss von meinem Budderhörnla ab. Das war kein Picknick. Das war die erste gemeinsame Mahlzeit in unserem neuen Haus.
    Aber bitte mit Sahne
    ICH WÜNSCHTE, Biene hätte mir das Grundstück nie gezeigt. Ich wünschte, wir hätten die Uhr an diesem herrlichen Sommertag noch einmal um fünf Stunden zurückdrehen können. Dann wären wir zu Bambergs erstem Japaner gefahren, hätten eine Schale Yakisoba gegessen und uns einfach nur darüber gestritten, ob Ingwer eklig ist oder super lecker. Doch Biene hatte es mir nun einmal gezeigt, und nun stand dieses Grundstück zwischen uns beiden und wir standen uns an den Grenzen gegenüber und musterten uns misstrauisch. Natürlich hatte ich gleich nach der Mittagspause meinen Vater angerufen und ich hatte wirklich vor, mich schrecklich aufzuregen, wie um alles in der Welt er dazu käme, mit meiner Freundin an Finanzierungen herumzurechnen. Blöderweise war er es, der sich schrecklich aufregte.
    »Du bist 37!«
    »Ich weiß, wie alt ich bin!«
    »Ach? Und warum hast du dann nur eine Mietwohnung und einen alten Golf, wie ein Student?«
    »Ich hab doch die Hochzeitsversicherung, die ihr mal für mich abgeschlossen habt!«
    »Bub, wie der Name schon sagt, sollte man dazu heiraten. Ich geb dir mal die Mama, die wollte da sowieso nochmal mit dir sprechen!«
    »Das ist schlecht, ich hab ein Meeting jetzt!«, sagte ich blitzschnell, »grüß sie ganz lieb. Melde mich!«
    Ich legte auf und atmete dreimal tief durch. Natürlich rief mein Vater noch einmal an. Ich ließ es klingeln, fuhr den Rechner runter und schob mein Rad die ganzen 487 Meter zu unserer Wohnung. Rechnete man den Supermarkt mit ein, den ich ab und an besuchte und Bienes Bastelbär, so war mein Wirkungsradius oft mehrere Tage lang nicht größer als einen halben Kilometer. Ich fand das ziemlich dürftig für jemanden, der als Kind Zeitungsfotos von New York gesammelt hatte, weil er irgendwann mal dort wohnen wollte.
    Wir hatten eine schöne Altbauwohnung nur wenige Meter vom Fluss. Sie hatte drei große Zimmer und wenn man den Kopf aus dem Badfenster streckte, konnte man die Regnitz sehen. Ich strecke meinen Kopf nicht mehr aus dem Fenster, ich wusste ja, dass es den Fluss noch gab.
    Als ich mein Rad durch den Hausflur in den Hof schob, hörte ich bereits ganz leise Udo Jürgens' »Aber bitte mit Sahne« aus unserer Wohnung. Da in den letzten Wochen noch kein einziges Wort in Richtung »Lied für Arnes Hochzeit« gefallen war, hatte ich eigentlich ein ganz gutes Gefühl, an peinlichen ShowAuftritten vorbeizukommen. Denn wann auch immer sich eine Hochzeit auch nur andeutete, standen Biene und ihre beste Freundin Steffi schon parat, um irgendeinen bescheuerten Schlager dafür umzudichten. Wir sangen »Harry muss sein« statt »Griechischer Wein« auf Harrys Hochzeit, »Mit dieser ehrenwerten Maus« auf Heikos Hochzeit und schmetterten ein »Im Kleidchen vor mir steht ein schönes Mädchen« auf Eriks Hochzeit.
    »Sie pusten und prusten, fast geht nichts mehr rein«, tönte es aus unserem geöffneten Wohnzimmerfenster und ich überlegte sogar, kurz wieder ins Büro zu fahren. Schließlich schleppte ich mich dann aber doch die drei Stockwerke in unsere Wohnung nach oben und fand Biene und Steffi mit Radiorekorder, Block und Stift am Wohnzimmertisch sitzen.
    »Bist ja schon da!«, sagte Biene trocken, als ich die Türe zu unserem Wohnzimmer öffnete. Seit Mittag hatten wir nicht mehr miteinander geredet.
    »Hi«, begrüßte mich auch Steffi und legte ihren Stift beiseite.
    Ich war mir sicher: Steffi wusste bereits alles von meiner Grundstücksverweigerung und schaute nun ebenso kühl wie Biene. So einfach war das bei Frauen. Und es funktionierte sogar: Mir schnürte sich sofort der Magen zu. Ich hasste
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