Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze
Autoren: Sue Twin
Vom Netzwerk:
den Kämpfenden. Spitze Eckzähne blitzen im aufgerissenen Mund des Messerkämpfers
hervor.
    Hilfe, er ist gar kein Mensch. Er ist ein Wolfer. Ich hatte ja keine Ahnung, dass sie
rein äußerlich aussehen wie wir. Bis heute hatte ich sie mir immer animalischer
vorgestellt. So sehen sie jedenfalls auf unseren Bildern aus. In
Menschengestalt mit Fell und Reißzähnen.
    Unfähig mich zu rühren, beobachte ich ihn: Der Wolfer
hat braunes Haar, breite, muskulöse Schultern und abgesehen von den spitzen Raubtierfangzähnen
und, dass er sehr sportlich aussieht, entdecke ich an ihm nichts Ungewöhnliches.
Nein, wenn ich ehrlich bin, dann ist alles an ihm ungewöhnlich: Sein eckiges Kinn, seine hohen Wangenknochen, die eine
sanft geschwungene Linie in seinem Gesicht bilden, seine langen Wimpern, die
muskulösen Arme, seine beachtliche Größe und … Ich recke den Hals, um einen
erneuten Blick auf sein Gesicht zu erhaschen. Da reißt er den Kopf herum und schaut
mir direkt in die Augen.
    Unsere Blicke kreuzen sich. Seine Augen funkeln
goldbraun wie Bernstein im Sonnenlicht. Erschrocken weiche ich zurück. Himmel,
jetzt habe ich ein weiteres Problem. Wer auch immer von den beiden als Sieger
des Kampfes hervorgeht, ich werde seine Nachspeise sein.
    Ergeben sinke ich auf die Knie. Ich friere in
meinen nassen Kleidern und zittere wie Espenlaub.
    Verzweifelt greife ich nach hinten und ziehe einen
Pfeil aus dem Köcher, den ich am Rücken geschnallt trage. Die Pfeile sind
handgeschnitzt und mehr Spielzeug als Waffe. Angesichts der Gestalten vor mir,
kommt mir der Minipfeil lächerlich klein vor. Er ist für die Kämpfer da unten
nicht mehr als ein Schaschlikspieß, und er ist auf keinen Fall dazu gemacht,
einen Greifer oder einen Wolfer zu töten. Wir jagen damit Tauben; dazu
schleichen wir uns auf wenige Meter heran. Den zweibeinigen Bestien würden wir
uns freiwillig niemals ohne richtige Waffe nähern. Doch in der jetzigen
Situation habe ich keine andere Wahl. Vielleicht kann ich den Greifer schwächen,
so dass der Wolfer als Sieger übrig bleibt.
    Und dann?, fragt eine bohrende Stimme in meinem Kopf.
    Willst du etwa
um Gnade winseln? Wie lächerlich.
    Verdammt, ich kann es probieren, es wäre eine
winzige Chance.
    Zitternd spanne ich den Pfeil auf die Sehne. Ich
muss dichter an die Felskante, muss raus aus der engen Steinnische, um ungehindert
zielen zu können. Mit angehaltenem Atem nähere ich mich den Kämpfenden.
    Der Falkgreifer liegt über dem Wolfer, die Flügel
hat er angezogen. Er holt mit seiner Kralle aus und erwischt ihn an der
Schulter. Das Fleisch reißt blutig auf. Der Wolfer stöhnt und lässt das Messer
fallen. Seine bernsteinfarbenen Augen blicken mich erneut an. Gleich wird die Greifer-Bestie
ihm die Kralle durch das ebenmäßige Gesicht ziehen.
    Das ist der Moment, da ich handeln muss. Ein unerklärlicher
Zwang treibt mich an. Ich atme ein, halte die Luft an, konzentriere mich und
lasse den Pfeil los.
    Das Geschoss durchschlägt den Nacken und eine
Halsschlagader der geflügelten Bestie und bleibt dann stecken. Blut spritzt in
einer dünnen Fontäne hervor. Überrascht greift der Falkgreifer sich an den Hals
und zieht den Pfeil heraus. Er dreht den Kopf in einer grotesken Bewegung um
hundertachtzig Gad nach hinten und blickt mich schmerzerfüllt und wütend an. Blut
schießt rhythmisch aus der Wunde.
    Mir bleibt keine Zeit, einen weiteren Pfeil aus
dem Köcher zu ziehen.
    Hilflos   senke ich den Kopf.
    Wind bläst plötzlich über meine Arme, meine
Härchen richten sich auf, ich schließe die Augen und höre das Rascheln von
Federn. Schon befindet der Greifer sich mit seinen riesigen Flügeln ganz nah
über mir.
    Er verharrt direkt vor mir in der Luft.
    Ich kann nicht anders, ich muss den Kopf heben und
ihn ansehen.
    Sein spöttischer und zugleich mitleidloser Blick
jagt mir einen Schauer über den Rücken. Eine Ader an seiner Schläfe schwillt an
und tritt blau hervor, sein blondes Haar, das an der Stirn länger ist, klebt
schweißnass an seinem Kopf.
    Er hebt eine Hand, dreht sie so, dass ich seine
riesigen, gespreizten Krallen direkt vor meinen Augen erblicken kann. Dann zieht
er überraschend den Arm zurück. Er drückt die flache Handfläche gegen seinen
blutenden Hals, dreht den Oberkörper und steigt dabei langsam höher.
    Die Schläge seiner Flügel knallen und hallen
zwischen den Felsen. Schwerfällig fliegt er über den Wipfeln davon, wobei er
mehrmals am Himmel absackt, taumelt und dann wieder an
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher