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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze
Autoren: Sue Twin
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Klimmzüge,
schon gar nicht an einer glitschigen Felswand und nicht, wenn ich so zittere
wie jetzt.
    Der Wolfer legt seine Hände auf meinen Rücken und drängt
mich zur Seite. Irritiert wende ich den Kopf und sehe gerade noch, wie er aus
dem Stand heraus am Felsen hochspringt.
    Er reicht mir eine Hand – eine riesige Pranke –
ich greife danach, fühle mich plötzlich federleicht und lande mit sanftem Schwung
auf meinen nackten Füßen, stehe oben auf der Felskante.
    Spöttisch grinst er mich an und hebt dabei eine
seiner dunklen Augenbrauen. Der Gedanke, dass ich Futter für ihn bin, geht mir
nicht aus dem Sinn. Er greift nach meinem Nacken, zieht mich näher zu sich
heran und gräbt seine Nase in mein Haar.
    Jetzt holt er sich seine Beute, denke ich und bin auf alles gefasst, nur nicht darauf, dass
er zur Seite tritt und den Weg am Bach freigibt.
    Ohne zu zögern balanciere ich über die Steine am
Bachlauf den Weg zurück, den ich gekommen bin. Ich weiß ihn hinter meinem Rücken und eigenartigerweise fühle ich mich auf
einmal sicher. Mein Bewacher wird es nicht zulassen, dass ein Falkgreifer sich
auf mich herabstürzt.
    Nach und nach wird das Tosen des Wasserfalls
leiser, weicht dem abendlichen Zwitschern der Vögel und dem Rauschen der
Blätter im Wind. Der Rückweg scheint mir plötzlich viel länger als der Hinweg.
Offenbar war ich durch den Anblick der Bäume und den Duft des Waldes so
berauscht, dass ich überhaupt nicht auf die Entfernung geachtet habe.
    Mein Atem wird allmählich ruhiger, das Zittern
meiner Knie lässt nach. Jetzt friere ich kaum noch in den nassen Kleidern.
Meine Angst legt sich.
    Plötzlich knackst es laut im Unterholz neben mir.
    »Kill?«, höre ich jemanden bellen.
    Erschrocken blicke ich in die Richtung des Rufers.
Dort, am Waldrand, stehen drei kräftige Gestalten mit schulterlangem, dunklem
Haar. Noch mehr Wolfer! Jähe Angst packt mich.
    Sein Rudel!
    »Kill, nimm sie mit!«
    »Nein«, höre ich sein tiefes Knurren hinter mir.
    »Nimm sie!« Die Stimme klingt jetzt wütend und
herausfordernd. Der Wolfer fletscht die Zähne und tritt einen Schritt näher.
Die anderen beiden halten ihn an den Armen zurück.
    Hinter mir höre ich erneut dieses drohende Knurren.
    Die drei Gestalten fletschen die Zähne und knurren
zurück. Was werden sie mit mir anstellen? Werden sie es zulassen, dass Kill
mich gehen lässt?
    Mein Begleiter greift nach meiner Schulter. Ich
wirbele herum. Er tritt näher.
    »Du hast mir im Kampf gegen den Falkgreifer einen
Vorteil verschafft«, dringt seine dunkle, samtweiche Stimme an mein Ohr.
    Ich erschaure. Wenn
sie nicht gerade bellen und knurren, dann ist ihre Stimme kratzig und rau. Sie
können nicht normal sprechen. Das hat man mir in der Schule beigebracht.
Alles Lüge.
    Er ignoriert das unaufhörliche Knurren seines
Rudels.
    »Deshalb verzeihe ich dir, dass du in unser Revier
eingedrungen bist.«
    »Kill!« Das Rudel bellt.
    Er schürzt die Lippen, kommt mir wieder näher und
haucht in mein Ohr. »Lauf! Ich weiß nicht, wie lange ich sie zurückhalten kann.«
    Dann schubst er mich vorwärts, und ich beginne um
mein Leben zu rennen. Ich stolpere über das buschige Gras, trete in spitze
Steine, Glasscherben und rostige Schrauben. Doch ich achte nicht auf meine
blutenden Füße, ignoriere die scharf brennenden Schnitte unter den Sohlen und
nehme den kürzesten Weg – mitten durch den Müll – zum Stadttor.
    Hinter meinem Rücken glaube ich sein Lachen zu
hören. Oder bilde ich mir das nur ein?

 
    Der Statthalter

 
    I ch rüttele am Knauf.
Verschlossen! Keuchend drücke ich meine Hand gegen den Türscanner. Mein Name
blinkt an einem kleinen Bildschirm auf: Soraya Mistral. Erleichtert vernehme
ich das Klicken in den Scharnieren der Stahltür, drehe den Griff und rette mich
in die Stadt.
    Hinter mir knallt das Stahltor gegen die Zarge. Die
Scharniere quietschen und der automatische Schließmechanismus rastet ein.
    Ich ringe um Atem.
    Alina, hoffentlich bist du in Sicherheit, rasen
die Gedanken durch meinen Kopf. Sie ist vermutlich längst zurück in der Obhut
der Gemeinschaft , versuche ich mich
zu beruhigen. Wer sonst hätte die winzige Schraube aus dem Türriegel nehmen
sollen, die verhindert hat, dass die Tür ins Schloss fällt? Alina hat sicher in
ihrer Panik nicht daran gedacht, dass ich den Scanner benutzen muss, wenn das
Tor verriegelt ist. Es war ja auch mein blöder, blöder Plan. Mein Ärger, den
ich jetzt bekomme. Denn nun wissen alle, dass
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