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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze
Autoren: Sue Twin
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wirst.«
    »Speise mich nicht mit Phrasen ab!«
    Er stöhnt. »Nur ein verletzter Krieger hat
wirklich gekämpft.«
    Ungläubig schüttele ich den Kopf. »Du siehst
schrecklich aus, und du wirst eine Narbe von der Wange bis zur Schulter
behalten.«
    »Mag sein. Aber niemand wird Fragen stellen. Dein
…«, er schnaubt, »dein … Ausbilder ist abgestürzt, ich bin verletzt. Ich werde
gewiss keinem unter die Nase reiben, dass dein Scout ein Wolfer war.«
    Erleichtert nicke ich. Das ist seit langem das
Vernünftigste, das ich aus seinem Mund gehört habe. Mir ist ebenfalls nicht
daran gelegen, irgendjemandem zu erzählen, dass sich ein Wolfer mitten unter
uns geschlichen hat.
    »Was hast du gesagt, bevor du dich von der Truppe
entfernt hast?«
    »Dass ich meine Verlobte beim Training überraschen
will.«
    Ich halte den Atem an. Seine Worte brennen in
meinem Herzen. Ich … ich bin seine Schwester. Wie soll ich ihm das bloß erklären?
    Jetzt sage ich auf gar keinen Fall etwas,
entscheide ich.
    Später! Das muss warten. Aber irgendwann muss ich
ihm sagen, warum ich niemals seine Frau werden kann. Mir wird schlecht, wenn
ich nur daran denke, dass mir dieses Gespräch noch bevor steht. Und zwar sehr
bald.
    Vor allem muss ich das Medaillon aus dem
Lüftungsschacht nehmen und Pa:ris geben. Irgendwie finde ich, gehört es ihm
mehr als mir. Ob er sich wohl noch an unsere Mutter erinnern kann? Vermutlich
nicht. Er war zwei Jahre alt, als sie starb.
    Pa:ris schiebt seine Finger zwischen meine und
drückt meine Hand fest. Ich sehe ihm in die Augen. Und da erkenne ich zum
ersten Mal im Licht der Sonne, dass auch er winzige violette Pünktchen auf der
blauen Iris hat. Nicht so ausgeprägt wie bei mir, aber doch vorhanden.
    Er ist einer von den Superkämpfern. So wie ich.
    Cesares Augen sind grau. Von ihm haben wir das
nicht. Die violetten Funken stammen von unserer Mutter. Das ist ihr
Vermächtnis.
    Plötzlich hasse ich mich nicht mehr für das, was
ich bin.

 
    Fünf Gills erscheinen in unserem Blickfeld.
    Hastig drücke ich Pa:ris einen Kuss auf die gesunde
Wange. Verlegen dreht er den Kopf weg und begrüßt seine Einheit. Alle Männer
tragen drei Sterne auf den Schulterpassen und dazu ein goldenes L für
Lieutenant, unsere Offiziere in Ausbildung. Dachte ich es mir doch, dass es
sich um eine Elite-Truppe handelt. Sie gehören zu den Besten der Besten und erhalten
von Anfang an drei Sterne. Pa:ris’ Zukunft steht unverrückbar fest: Wenn er mit
der Ausbildung fertig ist, bekommt er einen vierten Stern und wenn er das Amt
seines Vaters antritt, sogar einen fünften. Uniform trägt er dann nur noch zu
offiziellen Anlässen. Aber ich werde dann nicht mehr an seiner Seite sein. Ich
kann ihn nicht heiraten …
    Pa:ris nimmt eine stramme Haltung ein. »Wir haben
General Stone verloren. Eines der Biester hat ihn in die Tiefe gestürzt.«
    Die Offiziere legen formell die Hand über die
Brust. In ihren Gesichtern kann ich nicht lesen, was sie denken. Sie wirken
überrascht, vielleicht verwirrt oder ungläubig, aber niemand trauert.
    »Jungs, wisst ihr, wer die Nebelbombe geschmissen
hat?«, reißt Pa:ris’ Stimme mich aus den Gedanken.
    Ein kleiner, breitschultriger Gill senkt den
hochroten Kopf. »Jemand hat mir die Tasche mit dem Gerät geklaut, als wir auf der
Lauer lagen. Ich bin mir sicher, es war ein Tigare. Oder ein Wolfer. So wie der
springen konnte.«
    Pa:ris schiebt die Augenbrauen zusammen und ächzt
vor Schmerz. »Hast du sein Gesicht erkannt?«
    »Nein, er hat mir einen kräftigen Hieb verpasst.«
Er zeigt auf sein zugeschwollenes Auge. »Ich war kurz weggetreten. Hab ihn nur
von hinten und verschwommen gesehen. Dunkles Haar, nackter Oberkörper. Sehr
muskulös. Das ging alles viel zu schnell.«
    »Streifen auf der Haut?«
    »Kann schon sein. Oder es war Blut.«
    War es doch
Kill?, frage ich mich im Stillen. Vielleicht hat er sein Hemd ausgezogen,
um damit eine Verletzung zu verbinden. Hoffnung keimt in mir.
    Der Offizier reibt sich über das unrasierte Kinn.
»Ich glaub, es war doch kein Blut. Ja bestimmt war es ein Tigare.«
    Es wäre gut, wenn es bei dieser Version bliebe, denke
ich. Ich will nicht, dass sie sich fragen, ob es Kill gewesen sein könnte. Dann
stellen sie womöglich Nachforschungen über ihn an.
    »Also ein Tigare«, wiederhole ich hastig. Sofort
versuche ich das Thema zu beenden. »Hat vielleicht jemand was zu Trinken dabei?
Ich bin vor Erschöpfung so durstig, dass mir die Zunge am Gaumen klebt
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