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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze
Autoren: Sue Twin
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auch
sagen? Es tut mir leid? Nein, das wäre jetzt wirklich kein guter Moment.
    Immer wieder blicke ich zum Himmel, prüfe, ob noch
weitere Falkgreifer auftauchen. Es zeigt sich aber niemand. Weißgraue Wolken
sind aufgezogen. Sie gleiten sehr hoch von Westen nach Osten. Zu hoch für die
Biester. Dahinter können sie sich nicht verstecken. So weit oben ist selbst für
sie die Luft zu dünn und zu kalt.
    Mein Blick schweift über das abgeerntete Tal. Über
die Stoppelfelder. Die Stadt. Dahinter, im Norden, lösen sich allmählich die Nebelblau-Berge aus dem Morgendunst.
    Am Fuße des Berges Moses , direkt vor mir, liegt verlassen der Hain mit den Obstbäumen.
Hier und da leuchtet noch ein vergessener roter Apfel.
    Dann passiert es: Ein unkonzentrierter Schritt auf
dem Geröll und ich gerate ins Rutschen. Ich überschlage mich, schlittere auf
eine Kante zu und knalle gegen einen hochstehenden Basaltklotz. Die Greifer
machen ein schnatterndes Geräusch und bleiben abwartend stehen. Lachen die etwa über mich? Ich habe mir
den Rücken geprellt und die Ellbogen aufgeschürft. Am liebsten würde ich
brüllen vor Wut über mein Ungeschick – und vor Schmerz. Doch ich beiße die
Zähne zusammen, richte mich vorsichtig auf und kehre zur Gruppe zurück.
    Mit einem Gefühl im Magen, als hätte ich
Rasierklingen geschluckt, laufe ich auf Apollo zu.

 
    Endlich.
    Wir befinden uns auf der kleinen Terrasse mit der
zerklüfteten Kante und den drei Falten. Dahinter beginnt der Bereich, den die
Turmwachen mit ihren Gewehren erreichen können. Die Greifer beschließen, an
diesem Ort zu warten.
    Bevor ich mich von ihnen entferne, raunt Pa:ris
mir zu: »Wenn der General vor dir hier ist, dann sind wir alle tot.«
    »Das weiß ich!«, rufe ich zurück und laufe los.
Natürlich weiß ich das.
    Der General ist ein Arsch.
    Dem ist nichts heilig.
    Der wird sich nicht dafür interessieren, dass wir
uns auf heiligem Boden befinden und nicht zwischen den Felsen rumballern
dürfen. Er wird uns einfach abknallen. Erneut rechne ich fieberhaft die Zeit
aus, die mir bleibt. Gestern Abend hat Kill gesagt, wenn sie die ganze Nacht
durchlaufen würden, dann wären sie am Morgen bei uns am Buddha-Plateau. Was hat er genau damit gemeint? Bis zum
Sonnenaufgang? Acht Stunden? Ist Pa:ris die Nacht durchgejoggt? Zutrauen würde
ich es ihm. Er ist ohne Gepäck geklettert und gelaufen, da ist man schneller.
Aber dafür war es nachts.
    Respekt.
    Er hätte abstürzen können.
    Ich werde allmählich unruhig. Wenn die Gills den
Kampf auf dem Buddha-Massiv mitbekommen haben, werden sie sich beeilen. In Buddhas Schoß konnten sie
uns zwar nicht sehen, aber mit Sicherheit haben sie bemerkt, dass dort drei
Falkgreifer gelandet sind. Und sie wissen, dass Pa:ris dorthin wollte … Ich
muss davon ausgehen, dass die Gills mindestens genauso schnell sind wie ich.
Vermutlich sind sie längst dort angekommen und haben unsere Kampfspuren
gesehen.
    Dann müssen sie mich allerdings noch einholen. Ich
hingegen bin gleich am Ziel. Aber ich weiß nicht, wie lange ich benötige, bis
die Lagerleitung entschieden hat, die Geiseln herauszugeben. Es bleibt also
eng.
    Während ich über die Gesteinsbrocken hechte,
versuche ich verzweifelt Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Ich kenne Pa:ris
gut genug, um an seinem Tonfall herauszuhören, was er mir wirklich sagen
wollte: Komme nicht wieder zurück!
    Er müsste mich ebenfalls gut genug kennen, um zu
wissen, dass mich das nicht abhält.
    Pa:ris. Ich
will dich nicht auch noch verlieren. Das verkrafte ich nicht.
    Nicht zwei.
    Kill.
Liebster. Komm zurück!
    So sehr ich auch flehe, Kill bleibt verschwunden.
Dafür gibt es nur einen Grund: Er ist tot. Trotzdem werde ich um das Leben
desjenigen kämpfen, der das zu verantworten hat: Pa:ris. Ich kann es nicht
zulassen, dass auch er stirbt. Denn in meinem Herzen habe ich längst
geschworen, dass ich alles für ihn geben werde – sogar mein Leben. Ich liebe
ihn auf eine andere Art. Es gibt ein tiefes Band zwischen uns. Pa:ris ist der
einzige Mensch auf dieser Welt, für den es sich jetzt noch zu kämpfen lohnt.

 
    ***
    Ich muss nichts erklären. Mit ihren Ferngläsern
haben sie die Falkgreifer längst vom Turm aus gesehen. Ich öffne das Tor mit
meinem Daumenabdruck und laufe ihnen entgegen. Erikson und einem Offizier … und
irgendeinem blutjungen Verwaltungsfuzzi im grauen Hemd.
    »Kill ist tot«, sage ich außer Atem, »und Pa:ris
wird auch sterben, wenn ich die Gefangenen nicht
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