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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze
Autoren: Sue Twin
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schleifen am Boden.
    »He«, treibe ich sie an. »Schneller! Wir müssen
uns beeilen. Von der anderen Seite des Thronrats kommt eine Truppe mit sechs
Mann auf uns zu. Darunter befindet sich ein General, der es nicht zulassen
wird, dass auch nur einer von euch überlebt. Lieber schießt er alle, auch mich,
über den Haufen. Also reiß dich zusammen!«
    Sie blickt mich mit aufgerissenen Augen an und
beschleunigt tatsächlich ihre Schritte.
    Wohl zum x-ten Mal überprüfe ich den Zeitrahmen.
Erikson hat mir seine Uhr ans Handgelenk gebunden. Nur geliehen. Es ist jetzt zwei Uhr fünfzehn. Die Entscheidung des
Verwaltungsleiters hat kostbare Zeit verschlungen. Zeit, die ich nicht habe.
General Stone ist mit Sicherheit schon längst an dem Felsmassiv vorbeigekommen,
wo die Greiferbiester uns erwischt haben. Spätestens dort wird Stone sich
gefragt haben, wo Pa:ris ist. Ich male mir aus, wie sie mit ihren Feldstechern
die Klippen absuchen und die zerschellten Waffen entdecken …
    Wie ich es auch drehe und wende, komme ich zu dem
Schluss, dass die Einheit spätestens seit diesem Moment schnellstmöglich über
die Berge hastet. Und wenn in der Früh jemand von den Gills den Überfall der
Falkgreifer am Buddha mitbekommen
hat, dann läuft und klettert die Truppe bereits seit über acht Stunden durch.
    Der Aufstieg zum Apollo kommt mir heute viel länger vor, als gestern.
    Alles geht viel zu langsam.
    Zornig hake ich das Fernglas am Gürtel fest.
    Ich gehe auf die Greiferfrau zu und zerre ihr das
kranke Kind von der Hand. Sie lässt unwillig los. Ich hocke mich hin.
    »Klettere auf meine Schultern!«, befehle ich.
    Das Kind gehorcht. Ich packe seine schmutzigen,
dünnen Beine, damit es nicht runterfällt und beschleunige das Tempo.
    Eine Weile kann die Vogelfrau mithalten. Dann wird
sie wieder langsamer. Wütend blicke ich zurück. Es liegt nicht an ihr. Das
andere Kind ist erschöpft. Ich gehe zurück und schnappe mir auch dieses Kind,
indem ich es auf eine Armbeuge setze. Mit einem Arm halte ich nun das fiebrige
Kind auf meinen Schultern fest und mit dem anderen trage ich das gesunde. Kurz flackert der Gedanke in
mir auf, dass keines der Kinder
gesund ist. Ihnen wurden die Flügel amputiert.
    »Los jetzt!«, brülle ich wütend.
    Der Weg zieht sich unendlich. Jeder Schritt wird
zur Höllenqual. Die Kinder bohren ihre kleinen Krallen in mein Fleisch. Ich
kann es ihnen nicht verübeln. Sie müssen sich ja irgendwie festhalten, sie
haben Angst und das Kind auf meinen Schultern hat Schmerzen.
    Wenigstens
hat man ihnen die Krallen gelassen.
    Meine Muskeln brennen. Mir geht allmählich die
Kraft aus. Die hohen Stufen erfordern meine gesamte Konzentration, da ich mich
nur mit einer Hand daran abstützen kann. Ich keuche schwer. Irgendwie muss ich
es schaffen.
    Noch wenige Meter.
    Endlich erreichen wir Apollos Sitz.
    Der Greifer mit dem kupferfarbenen Haar kommt uns mit
zwei Flügelschlägen von seinem erhöhten Posten entgegen und riskiert dabei, ins
Schussfeld der Turmwachen zu geraten. Er hebt das kranke Kind von meinen
Schultern und setzt es auf seinen Arm.
    »Chraaa!«, schreit er mich an und verzieht zornig
das Gesicht.
    Ich verstehe auch so, was er meint. Beschämt senke
ich den Kopf. Wir umrunden die drei Gebirgsfalten. Auf dem Plateau nimmt mir
die Greiferkriegerin das andere Kind ab. Der Mann, den ich am Wasserfall
angeschossen habe, geht auf die befreite Vogelfrau zu. Sie fällt ihm um den
Hals und schluchzt. Ich glaube, sie weint.
    Kann ich dem Greifer trauen? Gilt unsere Abmachung
noch?
    Langsam gehe ich rückwärts. Ich drehe mich um zu
dem Felsen, an dem Pa:ris lehnt. Fuck! Er hat eine tiefe Kratzwunde, die sich von einer Wange über den Hals und bis
zur Schulter zieht. Sein Hemd ist aufgerissen und an der Schulter zerfetzt.
Haben die Greiferbiester ihr Wort gebrochen? Werden sie uns jetzt töten? Oder
hat Pa:ris während meiner Abwesenheit irgendetwas Provozierendes gesagt? Hat er
versucht, zu fliehen?
    Ich blicke ihn fragend an.
    Er hebt die Arme und ich falle zitternd hinein. Er
streicht mir beruhigend übers Haar. »Alles in Ordnung«, flüstert er.
    »Komm, wir müssen hier weg«, beschwöre ich ihn und
versuche ihn vorwärts zu ziehen. Aber er rührt sich nicht.
    »Erst, wenn die uns gehen lassen«, zischt er. Er
drückt mich fest an sich. »Puh, du stinkst«, sagt er , aber es klingt
liebevoll.

 
    Die befreite Greiferfrau breitet ihre Schwingen
aus. Ihre Fußspitzen heben kurz vom Boden ab, dann landet sie
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