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Räuberbier

Räuberbier

Titel: Räuberbier
Autoren: Gmeiner-Verlag
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nicht wissen, wie viele Kapitalverbrechen Sie in Ihrer Laufbahn übersehen haben. Hier jedenfalls liegt ganz klar ein Fremdverschulden vor.«
    Er starrte mich mit seinen Schweinsäuglein an. »Wie bitte? Woher wollen Sie das wissen? Sie haben ihn ja nicht einmal springen sehen.« Er zeigte auf Fritz Klein, der nach wie vor auf dem nassen Boden lag. Metzgers Wagen stand daneben, er selbst war ins Sudhaus gegangen.
    Ich überreichte ihm die Tüte mit den Faserspuren. »Falls diese nur vom Toten sein sollten, habe ich einen weiteren Beleg.«
    Ich zeigte nach oben. »Ich habe ein Brett gesichert mit zwei verschiedenen Schuhspuren drauf. Klein war nicht alleine da oben.«
    »Wie kommt man da hoch?« Der nach wie vor namenlose Kommissar benahm sich wie ein Bluthund. Ich zeigte auf die Treppe, die alternativ zum Aufzug bereits auf dem Boden begann. Ein bisschen Sport würde ihm sicherlich guttun. Er gab seinem Assistenten zu verstehen, dass er ihm folgen solle, und erklomm mit diesem gemeinsam die ersten Stufen. Die Besteigung würde wohl eine Weile dauern.
    Ich winkte Ferdinand zu und wir gingen gemeinsam in den Bräukeller. Es wäre schade gewesen, die Reste des Imbisses verkommen zu lassen.
    »Ich bin wirklich froh, dass ich auf der anderen Seite des Rheins arbeite«, stellte ich schmatzend fest. »Das Kapitalverbrechen würde mir den ganzen Urlaub versauen.«
    »Du hast Urlaub?«, fragte Ferdinand Jäger erstaunt. »Ich dachte, an Weihnachten und Neujahr gibt’s bei euch Urlaubssperre. In diesen Tagen muss doch mächtig was los sein.«
    »Nein, eigentlich nicht«, wiegelte ich ab. »Ich habe auch keinen richtigen Urlaub, sondern Rufbereitschaft. So richtige Kriminalfälle gibt’s über die Feiertage nur selten. Das Meiste, was über Weihnachten reinkommt, sind Suizide. Okay, ab und zu metzelt mal einer seine Familie ab, da braucht es aber keine großen Ermittlungen. Und die alkoholbedingten Straftaten über Silvester regelt die Schutzpolizei.«
    »Dann kannst du einiges mit deiner Familie unternehmen, du Glücklicher.«
    »Morgen will ich mit Paul und Melanie nach Mannheim ins Technoseum. Da gehen die gerne hin.«
    Ferdi lächelte. »Du scheinst im Moment öfters in Baden-Württemberg zu sein.«
    Ich wollte darauf mit einem lockeren Spruch antworten, doch so langsam fing ich an, mich unwohl zu fühlen. Meine feuchten Kleider hingen an mir wie ein feuchter Sack. Zwei- oder dreimal hatte ich bereits niesen müssen, meine Stimmung war dahin.
    Ich stand auf und zog mir die Jacke an. »Entschuldige bitte, Ferdi, aber ich brauche dringend eine Dusche und frische Klamotten. Sonst liege ich in den nächsten Tagen auf der Schnauze.«
    Mehr zufällig griff ich in die Jackentasche und zog angewidert eine nasse und klebrige Pampe heraus.
    »Schade um das Gebäck«, meinte Ferdi lapidar.
    »Das kann man bestimmt wieder trocken föhnen und in Form pressen«, antwortete ich und pappte den Teigbrocken kunstvoll auf einen Bieruntersetzer.
     
    *
     
    »Papa, willst du wieder gegen mich verlieren?«
    Immerhin war ich bereits seit fünf Sekunden zuhause. Ich zog Schuhe und Jacke aus und folgte der Stimme ins Wohnzimmer. Paul hielt mir den Joystick hin. Eine weitere Begrüßung hielt er für überflüssig.
    »Später, mein Sohn«, antwortete ich. »Wo ist deine Mutter?«
    Paul zuckte mit den Achseln. Ich interpretierte das als ein Anzeichen für wachsende Selbstständigkeit.
    »Papa, fährst du mich morgen Abend in die Disco?« Melanie hielt ebenfalls nichts von der Belanglosigkeit einer Begrüßung.
    »Wo willst du hin?« Ich musste Zeit zum Überlegen gewinnen, schließlich wollte ich sie nicht mit einer sofortigen Absage bis an ihr Lebensende traumatisieren.
    »In die Disco nach Mannheim. Alle meine Klassenkameradinnen dürfen hin. Es sind doch Ferien. Bitte, erlaube es mir.«
    Aha, alle Klassenkameradinnen dürfen etwas, was sie auch will. Das gleiche verlogene Argument, das auch ich in meiner Kindheit benutzt hatte. Und meine Eltern wahrscheinlich ebenso. Was es aber insgesamt nicht glaubwürdiger machte.
    Vorsichtig fragte ich: »Was sagt deine Mutter dazu?«
    Das war ein Wort zu viel. Melanie schoss die Zornesröte ins Gesicht. »Spielverderber«, antwortete sie beleidigt und war im Begriff, das Zimmer zu verlassen.
    »Halt, einen Moment bitte.«
    Melanie blieb abrupt stehen und drehte sich um. Sie zog spontan ein strahlendes Lächeln auf und hoffte auf ein väterliches Entgegenkommen.
    »Wo ist Mama?«
    Enttäuscht murmelte sie:
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