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Räuberbier

Räuberbier

Titel: Räuberbier
Autoren: Gmeiner-Verlag
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zurück. »Wie alt ist eigentlich diese Hildegard geworden? Die ist bestimmt an Glutenmangel gestorben, oder?«
    Immerhin wusste ich, dass bei dem Wort Gluten das ›e‹ betont wurde. Hier half mir dieses Wissen aber nicht weiter.
    »Du immer mit deinem Fast Food. Was findest du daran eigentlich so gut?«
    »Es schmeckt halt«, war meine alles erklärende Antwort. Zwecks Alternativlosigkeit schob ich mir nach einer Weile ein kleines Stück des gesundheitsfördernden Selbstgebackenen in den Mund. Die Schokoladenglasur fand meine Zustimmung, den Rest weichte ich mit einem Schluck Kaffee ein.
    »Wann bist du mit deinem Freund Herrn Jäger verabredet, Reiner?«
    »So genau haben wir uns nicht festgelegt. Ab 14 Uhr kann ich kommen, bis dahin hat er die letzte Besuchergruppe verabschiedet.«
    »Willst du wirklich mit dem Auto nach Mannheim fahren?«
    »Das kannst du mir locker zutrauen, Stefanie. Ich habe zwar kein Navi, aber über den Rhein finde ich auch so. Im Notfall halte ich an und frage jemand. Auch drüben in Baden-Württemberg sollen viele Menschen deutsch sprechen. – Hab ich mal irgendwo gelesen«, ergänzte ich noch.
    »Das mein ich nicht«, konterte die Allerbeste aller Ehefrauen. »Du wirst bestimmt Alkohol trinken, so wie ich dich kenne.«
    »So schlimm wird’s nicht werden. Mehr als ein Bier werde ich wahrscheinlich nicht trinken. Außerdem hat Ferdinand auch Alkoholfreies.«
    Eine knappe Stunde später machte ich mich auf den Weg. Ich freute mich darauf, Ferdinand Jäger zu treffen. Etwa einmal im Jahr besuchte ich meinen ehemaligen Schulkameraden und das bereits seit Jahren. Er hatte es geschafft. Ferdi hatte einen Beruf gefunden, der ihm Berufung war. Von daher war es selbstverständlich, dass wir uns an seinem Arbeitsplatz trafen. Wie so oft nutzte ich die Fahrzeit, um sein Leben mit dem meinigen zu vergleichen. Was war aus mir geworden? Ein Kriminalhauptkommissar, der ständig die skurrilsten Verbrecher suchen und fangen musste. Dabei dachte ich damals, als ich in der Vorderpfalz meinen Dienst antrat, eher an ein geruhsames Beamtenleben. Dass es in der Metropolregion Rhein-Neckar so viele ausgekochte Schlitzohren gab, war mir bis dahin unbekannt. Inzwischen hatte ich mich mit meinem Job arrangiert. Wenn nur diese verflixten und nicht vorhersehbaren Arbeitszeiten nicht wären! Irgendwie müsste es verboten werden, außerhalb der Kernarbeitszeit der Kriminalinspektion Schifferstadt zu morden. Diese unsteten Arbeitszeiten waren unter anderem der Auslöser der Trennung zwischen meiner Frau und mir vor zwei Jahren gewesen. Wenigstens diese Weihnachten war alles glattgegangen. Eine terroristisch anmutende Gruppe, die kurz vor Weihnachten bei Altrip den Rheindeich gesprengt hatte, konnten wir rechtzeitig zum Fest dingfest machen. Zurzeit hatte ich Urlaub, und meine Kollegen Gerhard Steinbeißer und Jutta Wagner hielten die Stellung in der Dienststelle im Waldspitzweg.
    Ich befuhr die B 38 und erreichte so den Mannheimer Stadtteil Wohlgelegen. Glück oder Zufall, ich fand etwa 50 Meter von der großen Lkw-Zufahrt entfernt direkt an der Käfertaler Straße einen geeigneten Parkplatz. Das Schiebetor stand offen und ich ging zum kleinen einstöckigen Gebäude, an dem sich die Fahrer anmelden mussten.
    »Guten Tag, mein Name ist Reiner Palzki«, begrüßte ich die Dame, die wegen mir aus dem Häuschen herausgekommen war. »Ich habe einen Termin bei Herrn Jäger.«
    Sie nickte. »Ich weiß, Sie werden im Bräukeller erwartet. Kennen Sie den Weg?«
    »In- und auswendig.«
    Samstags ging es auf dem Betriebsgelände meist etwas geruhsamer zu, jedenfalls außerhalb der Hauptsaison. Es standen nur wenige Lkws, teils beladen, teils unbeladen herum. Das romantische Bild vom Bierkutscher, der seine Pferde einspannt, um die Produkte auszuliefern, war seit den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts aus dem Straßenbild verschwunden.
    Der leichte Nieselregen und die knapp über dem Gefrierpunkt liegende Temperatur ließen mich schnellen Schrittes zu dem 200 Meter entfernten Bräukeller gehen. Die unscheinbare Glastür und der Eingang in den Keller ließen bei einem Erstbesucher keine besonderen Erwartungen aufkommen. Umso höher war dann die Überraschung für die vielen Besuchergruppen, die kurz darauf unverhofft in dem rustikal und gemütlich eingerichteten Bräukeller standen. Die Wände des 150 Sitzplätze fassenden Saals waren mit zahlreichen Fotos, Gemälden und Zeichnungen geschmückt, die einen interessanten
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