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Räuberbier

Räuberbier

Titel: Räuberbier
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Höhenmetern schnaufte ich wie ein Walross, bei 30 Metern wünschte ich mir eine Basisstation wie im Himalaja. Und die Treppe nahm kein Ende …
    Auch wenn ich die Hoffnung aufgegeben hatte, sie hörte schließlich doch auf. Aber das Erreichte war keinesfalls das Paradies. Zugig war’s und eiskalt. Ich krallte mich am Geländer fest und versuchte, meinen Atem zu beruhigen.
    Ferdinand Jäger, der ganz normal atmete, lachte. »Ein bisschen Sport würde dir guttun, Reiner. Wenn ich das vorher gewusst hätte, wären wir mit Sauerstoffgeräten hochgegangen.«
    »Hör mir damit auf«, entgegnete ich stoßweise. »Warum geht der Aufzug nicht bis ganz nach oben?«
    »Weil nur selten jemand hoch muss. Das wäre zu teuer geworden.« Er zeigte auf die Oberseiten der Tanks zu unseren Füßen, die man durch die Gitterröste deutlich sehen konnte. »Das sind übrigens nicht nur Gär-, sondern auch Lagertanks. Man kann die Kombitanks für beide Zwecke verwenden. Wegen der Form nennen wir sie ZKG, das bedeutet zylindrokonische Gär- und Lagertanks.«
    Mir war das im Moment egal, zu sehr war ich mit mir selbst beschäftigt. Ich ging zu einem kleinen Unterstand, der zumindest vor dem Nieselregen schützte. »Gehen wir nach vorne, wo der Fritz gesprungen sein muss.«
    »Langsam, Ferdi«, stoppte ich sein Vorhaben. »Lass uns vorsichtig vorgehen.«
    »Du musst keine Angst haben, ich bin bei dir. Außerdem haben wir ringsherum ein Geländer.«
    »Du verstehst mich falsch. Mit vorsichtig meine ich, dass wir keine Spuren verwischen sollten.«
    »Welche Spuren?«, fragte mein Freund.
    »Vielleicht finden wir etwas am Geländer, wo er drübergestiegen ist.«
    Er drehte sich um und wollte Richtung Vorderfront gehen, was ihm nicht gelang, da ich ihn am Oberarm festhielt.
    »He, was soll das? Sag bloß, du bist nicht schwindelfrei?«
    Ohne auf die Frage einzugehen, zeigte ich in etwa zwei Metern Entfernung auf den Boden. Dort lagen mehrere hölzerne Bretter. Eines davon war mit einem Ölfleck verschmutzt, der sich durch den Nieselregen auf dem halben Brett verwischt hatte. Das Interessante daran war, dass Schuhspuren von zwei Personen zu der Vorderseite der Anlage zeigten.
    »Donnerwetter!«, stieß Ferdinand Jäger hervor, als er die Konsequenz der Spurenlage verinnerlicht hatte. »Da sind zwei Leute durchgelaufen, aber keiner ist zurückgegangen. Seltsam.«
    »Finde ich nicht«, antwortete ich. »Fritz Klein und sein mutmaßlicher Mörder sind über dieses Brett gelaufen. Klein hat dann die Abkürzung über das Geländer genommen, ob freiwillig oder nicht, lassen wir mal im Raum stehen. Da nur einer unten angekommen ist, muss der zweite den Weg über die Treppe zurückgegangen sein. Dieses Mal, ohne auf den Ölfleck zu treten.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Spurensicherung. Die Schuhspuren auf dem Holzstück sind im Moment noch sehr deutlich. Wenn wir sie liegen lassen, werden sie durch den Regen verwischen. Daher werden wir das Brett zu dem Unterstand tragen. Es ist zwar gegen die Bestimmungen, an einem Tatort etwas zu verändern, bevor es dokumentiert ist, hier ist aber Gefahr in Verzug.«
    Nachdem wir das nicht allzu schwere Stück geborgen hatten, gingen wir gemeinsam zu dem Punkt, an dem Fritz Klein mutmaßlich herabgestürzt war. Wir bemühten uns, nichts anzufassen und die Laufwege nur am äußersten Rand zu benutzen. Das Geländer, das nur aus zwei waagerecht verlaufenden Holmen bestand, mochte zwar den Bestimmungen der Berufsgenossenschaft entsprechen, meinem Sicherheitsgefühl aber bei Weitem nicht. Ohne es zu berühren, schaute ich über den Holmen hinweg nach unten. Das hätte ich besser sein lassen. Den Kloß im Hals würde ich so schnell nicht wieder loswerden. Ich fixierte meinen Blick auf das Geländer, bemüht, ja nicht mehr nach unten zu schauen. Ferdinand stand schweigend daneben und schien zu überlegen.
    »Hast du zufällig eine Tüte dabei?«, unterbrach ich Ferdi in seinen Gedanken.
    »Meinst du nicht, dass wir dafür zu alt sind? Wo soll ich jetzt eine Haschischzigarette hernehmen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Kannst du mal eine Minute ernst bleiben? Ich meine eine ganz normale Tüte aus Folie oder Papier.«
    »Ach so, dann sag’s doch gleich.« Er fummelte in seinem Mantel herum und zog die angebrochene Packung Weihnachtsgebäck hervor. »Das ist das Einzige, was ich dabei habe. Hast du Hunger?«
    Mein Halskloß vergrößerte sich auf den doppelten Umfang.
    »Na ja, immerhin etwas«, sagte ich und nahm die
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