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0282 - Frühstück in der Todeszelle

0282 - Frühstück in der Todeszelle

Titel: 0282 - Frühstück in der Todeszelle
Autoren: Frühstück in der Todeszelle
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In einer rauen Novembernacht des Jahres 1940 hockte ein zwanzigjähriger Bursche in der Todeszelle des Staatszuchthauses Sing-Sing und wartete auf seine Hinrichtung.
    John Keys war schlank, blond und hatte Züge von mädchenhafter Weichheit; doch sein Hirn war erfüllt von einem Menschenhass, der ihn eines Tages zu einem der grausamsten Gangster werden ließ, die jemals die Riesenstadt New York mit Angst erfüllt hatte.
    John Keys starrte in die Lampe, die außerhalb seiner Zelle hinter den schweren Eisengittern hing. Vor jeder der zwölf Zellen in diesem Flügel des Zuchthauses war eine solche Lampe angebracht.
    Wenn sie den Strom für den elektrischen Stuhl einschalteten, so dachte John Keys, dann werden die Lampen flackern.
    Man hatte John Keys bereits nach seinen Wünschen für die Henkersmahlzeit gefragt. Und um nicht feige zu erscheinen, hatte er seine Lieblingsspeisen bestellt; Hammelkoteletts, Pommes frites, Erdbeertorte und dazu eine Flasche Wein.
    Ein Wispern drang in diesem Augenblick aus der Nebenzelle und schreckte Keys aus seinen Grübeleien auf.
    Der Posten vor den Zellen, der sich gerade am anderen Ende des Ganges aufhielt, konnte das Wispern nicht hören.
    »Wie geht’s dir, mein Junge?«
    John Keys antwortete leise: »Ausgezeichnet, Kamerad.« Er wollte sich nicht anmerken lassen, wie ihm das Grauen die Kehle zuschnürte.
    Der Posten kam zurück. John Keys stand auf und packte die Gitterstäbe mit beiden Händen.
    »Ist es wirklich wahr? Werden Sie mich tatsächlich hinrichten?«
    Der Gefängnisbeamte lächelte beruhigend, aber er antwortete nicht, sondern ging weiter auf und ab.
    John Keys hielt sich für nicht schuldig. Er hatte es beteuert, aber sie hatten es ihm nicht geglaubt, weder die Detectives der Stadtpolizei noch die Geschworenen.
    John Keys hielt seine Tat für einen Dummejungenstreich.
    ***
    Er hatte eine teure Freundin gehabt, war arbeitslos gewesen und an einen Mann geraten, der ihn zu einem Raubüberfall mit Tränengaspistolen überredet hatte. In einem Drugstore waren sie eingedrungen mit Pistolen, die wie echte aussahen und den fast siebzigjährigen Besitzer außer Gefecht setzen sollten. Der Alte hatte sich gewehrt und John den Finger am Abzug gekrümmt. Der Alte war wie vom Blitz gefällt zusammengebrochen, der Komplize mit dem Geld aus der Kasse geflohen und John Keys wie erstarrt stehen geblieben, als er die Blutflecke auf dem Hemd des Alten gesehen hatte. John Keys Waffe war keine Tränengaspistole gewesen, sondern eine scharf geladene Kanone. Nur Augenblicke später hatte man ihn gefasst, und niemand hatte seinen Beteuerungen geglaubt.
    Darum saß er jetzt in der Todeszelle und wartete auf seine Hinrichtung.
    Das alles lag nun schon viele Monate zurück. Keys Verteidiger hatte sein Bestes getan. Berufung eingelegt, ein Gnadengesuch an den Gouverneur gerichtet. Alles ohne Erfolg.
    In ohnmächtiger Wut verfluchte John Keys die Polizei, den Staatsanwalt und seine Freundin, die ihn dazu getrieben hatte, um jeden Preis Geld zu beschaffen.
    Sie alle hatten Schuld, alle. Und am meisten natürlich der Lump, der ihn belogen und zum Mörder hatte werden lassen. Die Polizei hatte ihn nach dem Komplizen gefragt. Sie hatten behauptet, er müsse seinen Namen kennen, aber er wusste nur, dass der Mann Jack hieß. Er hatte ihn nicht einmal richtig beschreiben können.
    ***
    Plötzlich wurde John Keys todmüde. Er legte sich auf das Bett. Es war die letzte Nacht, die er in diesem Bett liegen würde. Er kniff die Augen zu und machte den verzweifelten Versuch zu schlafen. Er hörte die Schritte des Postens. Er zählte die Sekunden, und mit der Zeit wurde sein Atem ruhiger. Als der Morgen draußen dämmerte, fiel er in einen kurzen, unruhigen Schlaf.
    Gegen acht Uhr erwachte er. Es war Donnerstag.
    Donnerstag war der traditionelle Hinrichtungstag in Sing-Sing. Keiner wusste, warum.
    John Keys fuhr hoch und zog sich an. Der Elektrowagen mit dem Frühstück ratterte klappernd von Zelle zu Zelle. Dieses Frühstück war reichhaltig und gut, so gut, wie es nur im Todestrakt von Sing-Sing ist. John Keys versuchte an andere Dinge zu denken, an die vergnügten Abende mit Milly. Zeitweilig gelang es ihm, und dann wieder überwältigte ihn der Albtraum dessen, was seiner erwartete.
    Plötzlich erschienen drei Gefängnisbeamte vor seiner Zelle, die »Totenwache«, wie man sie nannte.
    »Komm, Boy«, sagte einer leichthin. »Es wird Zeit.«
    Sie schlossen auf und nahmen ihn in die Mitte. Als er an den
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