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Räuberbier

Räuberbier

Titel: Räuberbier
Autoren: Gmeiner-Verlag
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vorgegaukelt, dass genügend Ärzte im Haus sind. Natürlich dürfen die Pfleger offiziell keine ärztlichen Leistungen erbringen, aber allein deren Anwesenheit beruhigt viele Patienten. Sind wir mal ehrlich, für Mandel- und Polypenentfernungen und so Zeug braucht man heutzutage kein gelerntes Personal mehr, das können Pfleger genauso gut, wenn sie zwei- oder dreimal zugeschaut haben. Heute Morgen habe ich in einer Klinik mal ein bisschen im Akkord ausgeholfen und ein paar Blinddärme erledigt. Ein Bypass war, glaub ich, auch dabei. Das geht heutzutage ja so schnell, das kann sich kein Mensch mehr merken.«
    Ferdinand schaute mich die ganze Zeit zweifelnd an. Mit Sicherheit wunderte er sich darüber, dass ich einen Typ wie Metzger kannte. In Anwesenheit des Notarztes konnte ich ihm schlecht sagen, dass man sich als Polizeibeamter seinen Umgang nur selten aussuchen kann.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als die Situation zu retten. »Herr Doktor Metzger, Sie müssen leider warten. Zuerst müssen sich die Polizei und ein richtiger Arzt vom ordnungsgemäßen Ableben des Mannes überzeugen.«
    Metzger grölte. »Ja genau, wir beide haben nun ausführlich genug auf den da gestarrt.« Er zeigte auf den toten Fritz Klein. »Kann ich ihn jetzt endlich einpacken? Es muss auch niemand den Hof sauber machen, wenn es noch eine Weile regnet.«
    »So geht das nicht. Die Polizei muss her. Hat die niemand angerufen?«
    Ich schaute mich um, inzwischen stand rund ein Dutzend Mitarbeiter herum. Nur der Staplerfahrer rührte sich. »Ich habe nur den Notarzt gerufen.«
    Ferdinand hatte begriffen und zückte sein Handy.
    Während er telefonierte, trat Metzger an mich heran und flüsterte mir ins Ohr: »Können Sie die Leiche nicht freigeben? Ihre badischen Kollegen sind immer so penibel und überkorrekt. Da muss ich immer ewig warten, das drückt meine Umsatzrendite. Für diese Sache kann ich höchstens 100 Euro in Rechnung stellen. Und wenn ich das noch versteuern würde, äh, versteuert habe …«
    Ich ließ mich nicht erweichen und ließ Metzger stehen.
    »Wie kommt man da hoch?«, fragte ich meinen Freund und zeigte auf den höchsten Punkt der Gärtanks.
    »Bis auf halbe Höhe in 18 Metern geht ein Fahrstuhl. Dann gibt’s nur noch eine Treppe. Die ist allerdings bei Regen nicht ganz unproblematisch, da rutschst du ganz schnell aus.«
    Meine Kombinationsgabe funktionierte. »Kann Panschers Gehilfe ausgerutscht sein? Wäre ein Unfall möglich?«
    Ferdinand schüttelte den Kopf. »Nur wenn er aufs Geländer geklettert wäre. Ansonsten kannst du zwar ein paar Meter die Treppe runtersegeln und dir ein paar Knochen brechen, aber spätestens das Geländer fängt dich dann ab.«
    »Machen wir uns auf den Weg, das will ich mir näher anschauen.«
    Ferdi deutete in Richtung Sudhaus. »Lass uns den trockenen Weg nehmen, wir sind nass genug.«
    In der Tat hatte sich durch den Nieselregen die Feuchtigkeit in der kompletten Kleidung breitgemacht. Hoffentlich war das nicht gleichbedeutend mit einem morgigen grippalen Infekt.
    Wir gingen in das Sudhaus und verließen es gleich wieder durch eine kleine Tür am hinteren Ende. Dahinter befand sich auf der rechten Seite ein kleiner Aufzug, in dem maximal vier normalgewichtige Personen Platz fanden.
    »Jetzt fahren wir auf 18 Meter Höhe«, erklärte mein Freund, um die Wartezeit im Aufzug zu überbrücken. »Mach besser deine Jacke zu, dort oben bläst fast immer ein kräftiger Wind.«
    Der Lift ging auf und wir betraten eine Ebene, die mit metallenen Gitterrosten begehbar gemacht war. In der Tat blies uns sofort kalte Luft ins Gesicht. In Kombination mit meinen feuchten Kleidern stand einer Grippe nun bestimmt nichts mehr im Weg. Auf den Rosten konnte man um alle Tanks herumlaufen. Ich zählte eine Gruppe zu sechs und eine zu vier Tanks. Ferdinand und ich liefen zur Hoffront und schauten nach unten. Die Höhe wirkte Respekt einflößend. Die Menschenmenge, die um den Notarztwagen und die Leiche herumstand, wirkte klein wie Insekten.
    »Ihr müsst weiter rauf!«, schrie plötzlich von unten eine undeutliche Stimme. Ich erkannte den Rufer als einen der Gabelstaplerfahrer. »Fritzl ist von ganz oben gesprungen!«
    Ich blickte nach oben und mir wurde leicht schwindlig. Die Tanks schienen in den Himmel gewachsen zu sein.
    »Auf, packen wir’s«, meinte Ferdinand und zeigte auf eine Metalltreppe. »Das Gipfelkreuz steht auf 34 Meter.«
    Was blieb mir anderes übrig, als ihm zu folgen? Bei ungefähr 25
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