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Herrscher der Erde

Herrscher der Erde

Titel: Herrscher der Erde
Autoren: Frank Herbert
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Der Mann ohne Talente
     
    Hätte ich nicht den Streit mit meinem Vater gehabt, so wäre ich nie in die Taverne gegangen und hätte auch nicht den Null getroffen. Dieser Null war wirklich ein ganz gewöhnlich aussehender junger Mann. Man brauchte ihm keine besondere Aufmerksamkeit zu schenken, wenn man nicht so wie ich vorgab, Maria Graim, der Filmstar, zu sein und auf ihn, Sidney Harch, in der Bar zu warten, um von ihm einen geheimnisvollen Mikrofilm zu erhalten.
    Alles war meines Vaters Schuld. Er wurde wütend, weil ich nicht den Job annehmen wollte, Mist zu verbrennen. War das eine Arbeit für ein achtzehnjähriges Mädchen? Ich wußte, daß meine Alten knapp bei Kasse waren, aber das war keine Entschuldigung dafür, wie er mich behandelte.
    Der Streit fand während des Mittagessens statt, aber ich fand erst nach sechs Uhr Gelegenheit, mich aus dem Hause zu schleichen. Ich ging in die Taverne, weil ich wußte, mein Alter würde zorniger als ein Tele in einem Bleirohr werden, falls er es herausfände. Es bestand natürlich keine Chance, es ihm zu verheimlichen, denn jedesmal, wenn ich heimkam, bohrte er mich an.
    Die Taverne ist ein Ort, wo einander die Talente treffen, um Erfahrungen auszutauschen und über Jobs zu sprechen. Ich war nur ein einziges Mal dagewesen – in Begleitung meines Vaters. Er warnte mich davor, allein hinzugehen, weil eine Menge Schnupfer dort zusammenkamen. Man konnte das Zeug im ganzen Hauptraum riechen. Zwischen den Deckenbalken hing eine rosa Wolke aus einem Hyrotopf. Irgend jemand hatte ein venusisches Oinfilter in Gang. Für die Tageszeit waren bereits eine ganze Menge Talente versammelt.
    Ich fand eine freie Ecke an der Theke und bestellte ein blaues Feuer, weil das Maria Graim in den Filmen zu tun pflegte. Der Barmixer blickte mich scharf an, und ich glaubte schon, er wäre ein Tele, aber bohrte nicht. Nach einer Weile ließ er mir meinen Drink zuschweben und portierte mein Geld weg. Ich nippte an meinem Drink, wie ich es Maria Graim hatte tun sehen, aber er war zu süß. Ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.
    Der Spiegel an der Wand hinter der Theke verschaffte mir einen guten Überblick über den Raum, und ich sah in ihn hinein, als erwartete ich jemanden. Da kam der große, junge Mann mit dem blonden Haar durch die Eingangstür. Ich sah ihn im Spiegel und wußte sofort, daß er sich neben mich setzen würde. Ich bin eigentlich kein Präkog, aber manchmal sind mir solche Dinge klar.
    Mit den Bewegungen eines Gladiators kam er zwischen den Tischen auf die Theke zu. Da gab ich vor, Maria Graim zu sein, die in einer Bar in Port Said auf Sidney Harch wartete, wie ich am Sonntag im Kino gesehen hatte. Der Bursche sah mit seinem lockigen Haar und den blauen Augen sowie den gemeißelten Gesichtszügen auch wirklich Sidney ein wenig ähnlich.
    Er nahm den Stuhl neben mir und bestellte ein blaues Feuer mit wenig Zucker. Natürlich nahm ich an, daß er auf diese Weise mit mir ins Gespräch kommen wollte und fragte mich, was ich sagen sollte. Da entschloß ich mich, einfach Maria Graim zu spielen, bis es an der Zeit war, heimzugehen.
    Er konnte mich nicht aufhalten, selbst wenn er ein Porter war. Ich bin nämlich ein Pyro, und das ist eine gute Verteidigung gegen alles. Ich blickte auf meinen Rock hinab und drehte mich so, daß der Schlitz den Blick auf das Strumpfband freigab, so wie es Maria Graim zu tun pflegte. Es berührte den Blonden nicht im geringsten. Er trank aus und bestellte einen neuen Drink.
    Die Gerüche der Drogen machten mich ein wenig benommen, und ich wußte, daß ich bald gehen mußte. Daher fragte ich: »Welches ist deins?«
    Er wußte wohl, daß ich mit ihm sprach, sah aber nicht einmal auf. Das machte mich verrückt. Ein Mädchen hatte schließlich seinen Stolz, und ich hatte mich herabgelassen, die Unterhaltung zu beginnen! Vor ihm stand ein Aschenbecher mit einigen Papierfetzen darin. Ich konzentrierte mich darauf, und plötzlich entzündete sich das Papier. Ich bin ein ziemlich guter Pyro, wenn es darauf ankommt. Einige Männer hatten mir gesagt, ich könnte auch ohne das Talent ein Feuer bei ihnen entfachen, aber wie sollte ich das bei meinem neugierigen Vater je wissen?
    Das Feuer erregte die Aufmerksamkeit des Jungen. Er wußte, daß es auf mein Konto ging. Er streifte mich mit einem Blick und sagte: »Laß mich zufrieden. Ich bin ein Null .«
     
    Ich weiß nicht, woran es lag. Vielleicht hatte ich auch ein wenig von einem Tele – jedenfalls wußte
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