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Radioactive -Die Verstossenen

Radioactive -Die Verstossenen

Titel: Radioactive -Die Verstossenen
Autoren: Maya Shepherd
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bleiche Haut und mein komplett abgemagerter Körper. Es war wirklich kein schöner Anblick. Jetzt sind fast schon drei Monate vergangen und trotzdem fürchte ich mich davor , mich selbst noch einmal zu betrachten. Florance hat mich dazu gedrängt , an meinem letzten Abend wenigstens ein Kleid zu tragen. Sie wollte mich bereits am ersten Tag dazu überreden, hatte dann aber nachgegeben, weil sie gesehen hatte, wie unwohl ich mich ohne meinen vertrauten Anzug aus der Sicherheitszone gefühlt habe. Jetzt habe ich das Gefühl , es ihr irgendwie schuldig zu sein. Sie hat ein dunkelblaues Kleid ausgewählt, das oben herum recht eng anliegt, dafür aber von der Hüfte abwärts weit fällt. Es reicht bis knapp über das Knie. Am besten gefallen mir daran aber die Träger, die sich im Rücken überkreuzen. Ich bin sicher, dass Florance darin bezaubernd aussehen würde, doch ich selbst kann mir mich darin nicht vorstellen.
    „Vertrau mir, Cleo. Dir wird gefallen, was du siehst“, ermuntert sie mich und schiebt mich vor den Spiegel.
    „Und Finn erst...“, kichert sie, doch das höre ich schon gar nicht mehr, da ich zu beschäftigt damit bin, die Person auf der anderen Seite des Spiegels anzustarren. Bin das wirklich ich? Ihr Haar ist nach wie vor kurz, doch es ist bei weitem keine Glatze mehr. Bestimmt fünf Zentimeter lange, braune Haarsträhnen rahmen ihr schmales Gesicht ein. Ihre Augen erstrahlen in einem warmen Braunton, während ihre Lippen voll und gesund aussehen. Keine Risse, keine Sprünge. Sogar etwas Farbe hat das Mädchen im Spiegel abbekommen. Sicher ist sie immer noch die Hellste unter den Rebellen, aber sie wirkt nicht länger kränklich. Unsicher fahre ich mir mit meinen Händen über das Gesicht und die kurzen Haare. Ich wollte immer wissen, wie ich aussehe. Ich dachte, wenn ich mich selbst sehen könnte, dann würde ich auch wissen, wer ich bin. Weiß ich es jetzt? Ich höre in mich hinein und lausche meinem eigenen aufgeregten Herzschlag. Das Bild im Spiegel präge ich mir ein, in der Hoffnung , es so nicht zu vergessen. Denn ich will nichts mehr als dieses Mädchen sein. Dieses Mädchen hat Freunde und eine Schwester Iris. Dieses Mädchen hat eine Familie, für die es sich zu kämpfen lohnt. Dieses Mädchen liebt Finn. Ich bin Cleo , und das kann mir keiner mehr nehmen.

    Gemeinsam mit Florance verlasse ich das Ankleidezimmer, um raus zu den anderen zu gehen. Der Geruch von geröstetem Fleisch steigt mir bereits in die Nase, doch im Gemeinschaftsraum sitzt Gustav zusammen mit Marie und scheint auf mich zu warten, da er aufsteht, als wir eintreten. Marie hält seine Hand, während Gustav leicht zittert und sich kaum auf den Beinen halten kann.
    „Cleo, hast du kurz Zeit? Ich möchte bitte mit dir reden“, sagt er und versucht dabei , so stark und förmlich zu klingen, wie es für ihn als Anführer üblich war. Ich weiß nicht , ob Finn und Pep den anderen von seiner Lüge erzählt haben. Ich weiß nicht einmal, ob sie sie über die Strommauer eingeweiht haben. Aber das geht mich auch nicht länger etwas an, also nicke ich und setze mich zu den beiden an den Tisch, während Florance uns alleine lässt.
    Auch wenn Marie nicht sehen kann, schafft sie es irgendwie , mir direkt in die Augen zu blicken. Wie immer, wenn sie in der Nähe ist, wird mir auf der Stelle etwas leichter ums Herz.
    „Wie geht es dir, mein Kind?“, fragt sie und es hört sich nicht nach einer Frage an, die man stellt, weil es von einem erwartet wird, sondern ehrlich interessiert. Wenn ich ihr sagen würde, dass ich vor lauter Angst nicht schlafen kann und es mir das Herz zerbricht, wenn ich daran denke, nicht mehr bei Iris, Finn und den anderen sein zu können, würde sie mich dann bitten , zu bleiben? Doch ich habe mich selbst dazu entschlossen , zu gehen , und deshalb gebe ich mich tapfer.
    „Ich habe Angst, dass es nicht so läuft , wie wir es geplant haben.“ Es ist nichts als eine Umschreibung für: ‚Ich habe Angst, dass die Legion mich sofort tötet.’
    Marie nickt verständnisvoll. „Du bist wirklich sehr mutig. Aber gerade weil du so bist, weiß ich, dass du es schaffen wirst. Wir glauben alle fest an dich.“
    Marie ist Gustavs Frau. Sie muss genau wie er von der Strommauer gewusst haben. So gesehen hat sie die anderen all die Jahre ebenfalls belogen. Trotzdem kann ich auf sie nicht wütend sein. Zudem scheint sie wirklich zu wollen, dass es funktioniert.
    „Warum jetzt? Ihr wusstet die ganze Zeit von der Mauer und
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