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Radioactive -Die Verstossenen

Radioactive -Die Verstossenen

Titel: Radioactive -Die Verstossenen
Autoren: Maya Shepherd
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es war euch egal. Warum wollt ihr jetzt frei sein?“
    „Das fragst du noch? Diese Legion ist schon lange nicht mehr das, was sie einmal war. Früher herrschte dort so etwas wie Demokratie. Wir durften selbst entscheiden. Es gab keine Gehirnwäsche und auch keine Unterdrückung. Diese Menschen, wenn man sie überhaupt so nennen kann, haben meine Familie verletzt. Sie haben Jep getötet und zuvor Finns Eltern Maggie und Ned. Die beiden waren wie Kinder für mich. Der kleinen Emily haben sie ihren Vater Rick genommen. Wir gehören schon lange nicht mehr dazu.“
    Wie zur Bekräftigung nickt Gustav und blickt mich fast flehend an. „Wir wussten irgendwann nicht mehr , wie wir es den anderen sagen sollten. Gerade nach dem Tod von Maggie, Ned und Rick wären wir wie Verräter dagestanden, dabei hatten wir damit nichts zu tun. Wir wussten nicht, dass sie einen Angriff gegen uns geplant haben.“
    „Warum haben sie euch damals überhaupt angegriffen?“
    „Ich wusste es selbst lange nicht. Erst später habe ich es rausgefunden. Es war wegen Finn. Er hatte die Strommauer entdeckt.“
    Diese Aussage trifft mich tief. Finns Eltern wurden getötet und seine Schwester entführt, nur weil er etwas gesehen hatte, was er nie hätte erfahren dürfen. Er muss sich schuldig gefühlt haben.
    Langsam beginne ich , Gustav zu verstehen. Er liebt seine Familie und ich darf ihn nicht für eine Entscheidung verurteilen, die er lange vor meiner Geburt gefällt hat. Abgesehen davon: Hätte man mir in der Sicherheitszone angeboten , unter freiem Himmel, aber begrenzt durch Strommauern, zu leben, wäre das wohl nicht nur für mich, sondern für viele von uns wie das Paradies auf Erden erschienen. Die Strommauern wären uns dabei sicherlich egal gewesen. Besser durchsichtige Mauern als Mauern aus Stahl.
    „Entschuldige , Cleo, wir hätten ehrlich dir gegenüber sein sollen. Es wäre nicht fair , dich zurück in die Legion zu schicken, ohne das du alles weißt.“
    Gustavs blaue Augen, die sehr dem Lichtblau der Legion ähneln, suchen meinen Blick. Ich sehe seine eingefallenen Lider und die Schatten unter seinen Augen und nicke. „Ist schon okay.“
    „Wir sind wirklich stolz auf dich“, versichert er mir und legt seine Hand auf meine.
    Marie ergreift meine andere Hand. „In der Sicherheitszone gibt es jemanden, der sich bei dir melden wird, sobald er dich dort sieht. Er ist einer von unseren Leuten. Du musst ihm gegenüber ehrlich sein, damit er uns sagen kann, dass es dir gut geht.“
    „Welche Bezeichnung hat er?“
    „Das können wir dir nicht sagen. Wir wissen nicht , wie weit die Legion mittlerweile mit ihrer Gehirnforschung ist. Es könnte sein, dass sie sonst seine Nummer herausfinden, ohne das du es überhaupt willst. Wir dürfen das Risiko , ihn zu verraten , nicht eingehen.“
    „Aber wie soll ich ihn dann erkennen?“
    „Das wirst du, glaub mir. Du wirst schon bald alle Rebellen in der Legion erkennen. Sie sind anders als die Menschen dort. Die Führer bemerken das nicht, aber du wirst es sehen.“
    Es fällt mir schwer , ihren Worten zu glauben, da für mich, nach wie vor, alle Menschen, egal ob Rebellen oder Sicherheitsbewohner, im Grunde gleich sind. Diese Ansicht teile ich mit der Legion. Jedoch bedeutet Gleichheit nicht, dass jeder gleich aussehen oder sogar gleich denken muss. Gleich sind für mich die Menschen nur im Herzen. Denn das ist es, was den Menschen auszeichnet: die Fähigkeit , zu lieben.

    Als ich mit Marie und Gustav den Gemeinschaftsraum verlasse und hinaus zu den anderen trete, dämmert es bereits. Der Tag ist so schnell vergangen, viel schneller als es mir lieb gewesen wäre. Meine wenigen letzten Stunden habe ich weder mit Finn noch mit Iris verbracht. Auch wenn ich es bereue, weiß ich, dass ich es wieder so machen würde. Ich kann ihnen kaum in die Augen sehen, ohne dass mir die Tränen kommen. Ich möchte nicht, dass sie mich weinend in Erinnerung behalten.
    Finn tritt auf mich zu und verharrt für einen Moment lächelnd vor mir. Seine Augen gleiten von meinem Gesicht über das blaue Kleid. Verlegen blicke ich zu Boden. „Das ist eine Ausnahme“, verteidige ich mich leise.
    „Schade, es ist eine sehr schöne Ausnahme“, flüstert er zurück. Unsicher hebe ich den Kopf und sehe ihn an. In seiner Hand hält er eine weiße Blume. Ihre Blätter sind geschwungen und erinnern mich an einen Vogel im Flug. Er steckt sie mir hinter das Ohr. Meine Haut glüht , als seine Fingerspitzen zärtlich über
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