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Radioactive -Die Verstossenen

Radioactive -Die Verstossenen

Titel: Radioactive -Die Verstossenen
Autoren: Maya Shepherd
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mein Gesicht streichen.
    Er reicht mir seine Hand und zieht mich auf einen freien Platz am Feuer neben Iris. Sie wirkt gedankenverloren und streicht dabei liebevoll über Dumbos Fell, der sich auf ihrem Schoß zusammen gerollt hat. Erst als sie uns sieht, lächelt sie.
    „Du bist wunderschön, wie eine Prinzessin“, verkündet meine kleine Schwester staunend.
    „Danke.“
    „Aber wenn du das Kleid anlässt, wenn wir zurück in die Sicherheitszone gehen, werden sie dich gar nicht wiedererkennen.“
    „Keine Sorge, ich ziehe es nicht an. Das wäre zu schade um das schöne Kleid.“
    „Nein, es ist schade unseretwegen. Können wir nicht irgendein Andenken mitnehmen? Irgendetwas kleines?“
    Ich höre bereits jetzt das Beben in ihrer Stimme. Sie ist den Tränen nahe.
    „Nein, das geht leider nicht. Die Legion würde es finden, egal was. Sie würden es uns wegnehmen.“
    „Und was ist mit Dumbo?“ Eine dicke Träne quillt aus ihren Augen, läuft über ihre Wange und tropft auf das rote Fell des Wüstenfuchses. Überrascht hebt er die Augen und beginnt unruhig zu winseln , als er Iris Gemütszustand bemerkt.
    „Er muss hier bleiben. In der Sicherheitszone sind keine Tiere erlaubt.“
    „Aber er wird mich vermissen...“, schluchzt Iris und schmiegt ihr Gesicht in das weiche Fell des Tieres. „Was ist , wenn ich ihn vergesse?“
    „Das wirst du nicht. Niemals.“
    „Es wäre so schön, wenn ich etwas mitnehmen könnte, das mich immer an ihn erinnert.“
    Ich verstehe sie gut. Mir geht es da nicht anders.
    Plötzlich beugt Finn sich zu ihr vor. „Du brauchst nichts , um dich zu erinnern, dein Kopf reicht dafür.“ Er grinst sie an und tippt ihr leicht mit dem Zeigefinger gegen die Stirn. „Da sind alle schönen Erinnerungen drin gespeichert und niemand kann sie dir wegnehmen. Wenn du Dumbo vermisst, brauchst du nur die Augen zu schließen und du siehst ihn vor dir. Alles, was du mit ihm erlebt hast, kannst du wie einen Film immer wieder abspielen. Er wird immer bei dir sein, egal wie viele Meilen euch auch trennen.“
    Ich schlucke gegen den Kloß in meinem Hals an. Seine Worte sind so schön und machen mich traurig zugleich. Ich weiß , er spricht nicht über Dumbo, sondern über seine Eltern. Er hat sie für immer verloren und ihm bleibt nichts als seine Erinnerung. Dagegen ist es leicht, nie Eltern gehabt zu haben.

    An diesem Abend schmeckt das Fleisch besonders gut und der Wein ist süßer , als ich ihn in Erinnerung hatte. Ein leichter Wind bringt die Flammen zum Lodern , während das Rauschen der Tannen sich mit dem Knistern des Lagerfeuers vermischt. Sogar Pep ist gekommen, um den Abend mit mir zu verbringen. Auch wenn er nicht ein Wort mit mir oder irgendjemandem spricht, weiß ich diese Geste zu schätzen. Er sitzt abseits von allen anderen. Normalerweise hätten er und Jep den Abend mit Musik versüßt. Doch Pep ist nicht in der Lage , seine Gitarre auch nur anzusehen, geschweige denn sie zu spielen. Stattdessen hat Gustav ein altes Gerät hervorgezaubert, das er als Grammophon bezeichnet. Es hat einen großen Trichter und eine Art Kasten, an dem eine Kurbel befestigt ist. Sobald man daran dreht, ertönt Musik. Sie ist kratzig und knistert fast so sehr wie das Feuer, aber ihr wohnt ein Zauber aus längst vergessener Zeit inne. Dieses Gerät zu sehen und seine wundersamen Töne zu hören , ist wie ein Wunder.
    Plötzlich steht Finn auf und reicht mir seine Hand. „Darf ich um diesen Tanz bitten, verehrte Dame?“
    Iris kreischt erfreut auf. „Sag ja, sag ja“, drängelt sie , bevor ich überhaupt ‚Nein’ oder irgendetwas anderes sagen könnte. Schüchtern ergreife ich seine Hand und lasse mich von ihm etwas abseits von dem Feuer ziehen. Er legt seine Hand auf meine Hüfte, während seine andere Hand meine umschließt.
    „Ich habe noch nie getanzt“, gestehe ich ihm unsicher und weiß jetzt schon nicht , wie ich mich bewegen soll.
    „Soll ich dir ein Geheimnis verraten?“ Neugierig schaue ich ihn an. „Ich auch nicht“, flüstert er und entlockt mir damit ein Kichern. Etwas ungeschickt treten wir von einem auf den anderen Fuß. Die Musik tritt in den Hintergrund, während ich nur noch an seine Hand auf meinem Rücken denken kann. Sie ist so warm und von der Stelle, wo sie liegt, breitet sich ein warmes Kribbeln über meinen Körper aus. An Finns Hand drehe ich mich um meine eigene Achse. Alles erscheint mir wie ein Traum. Zu schön , um wahr zu sein. Ich schmiege meinen Kopf an seine
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