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Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel
Autoren: Niamh O'Connor
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Schlinge um den Hals, die sich zusammenzog, wenn er sich gegen die Fesseln wehrte. Außerdem hatte er eine Plastiktüte über dem Gesicht, deren Henkel unter dem Kinn zusammengebunden waren. Hätte sich die Tüte nicht ganz leicht an der Stelle vor seinem Mund bewegt, hätte Jo ihn für tot gehalten, so blutgetränkt war sein Hemd. Roberts stand direkt hinter ihm und hielt ein Feuerzeug in der einen Hand und ein abgesägtes Gewehr in der anderen, das er auf Dans Kopf richtete, während im Bund seiner Jeans zusätzlich eine Glock steckte.
    »Setzen Sie sich«, befahl er.
    »Sind Sie nicht schon genug in Schwierigkeiten?«, sagte Jo und zog sich einen Stuhl heran.
    Sie glaubte zu bemerken, wie Dan sich beim Klang ihrer Stimme ein kleines Stück aufrichtete. Jo schluckte. Der Geruch von Benzin war überwältigend. Sie hatte ihn schon im Flur wahrgenommen, wo einer von diesen durchsichtigen Plastikläufern zum Schutz des Teppichbodens lag, und war mehr als einmal auf der dort verspritzten braunen Flüssigkeit ausgerutscht.
    Roberts lachte bellend. »Sie hat Mumm, was?«, sagte er und stupste Dan mit der abgesägten Flinte an. »Wette, sie ist ein Temperamentsbolzen im Bett.«
    Jo hörte gedämpftes Weinen aus einem anderen Zimmer. Roberts’ Augen schnellten zur Tür und gleich wieder zurück.
    »Ist das Ihre Mutter?«, fragte Jo.
    Roberts antwortete nicht.
    Jo sah sich um. »Sie hat ihr Bestes für Sie gegeben, das merkt man. Sie sollten mal die Drecklöcher sehen, in denen manche von den kleinen Wichsern, mit denen wir es zu tun haben, aufgewachsen sind. Das hier ist ein richtig schönes Zuhause, sauber und warm. Was wollen Sie dem Richter sagen, wenn Sie vor ihm stehen und Ihre Verbrechen nicht auf Ihre schwere Kindheit schieben können wie all die anderen?«
    Roberts warf sich in die Brust. »Ich geh nicht wieder rein, für nix und niemand.«
    »In der Schule haben Sie es auch nicht lange ausgehalten, was?«
    Beim Geräusch von tapsenden Schritten drehte Jo sich um und sah eine grauhaarige Frau auf rosa Plüschslippern hereinschlurfen. »Es ist nicht seine Schuld«, sagte sie.
    Roberts ächzte. »Ich komm schon klar hier, Mum«, sagte er.
    Jo verschränkte die Arme und wandte sich direkt an die Frau. »Lassen Sie mich raten – sein Vater war ein Säufer, der Sie regelmäßig verprügelt hat. Er ist schuld an allem, stimmt’s?«
    Roberts’ Miene gefror. »Wagen Sie es nicht, so mit ihr zu sprechen.« Silbrige Spuckefäden bildeten sich an seinen Mundwinkeln.
    »Ist schon gut, Barry«, sagte die ältere Frau mit starkem Dubliner Akzent. »Ich will der da, die alles zu wissen glaubt, erzählen, was man dir angetan hat. Barry war ein guter Junge. Er wurde mir weggenommen und in ein Heim gesteckt. Einer der Erzieher dort hat ihn missbraucht, meinen armen Jungen, den sie mir weggenommen haben.«
    »Halt die Klappe, Mum«, schrie Roberts.
    »Wie viele Menschen haben Sie umgebracht?«, fragte Jo ihn. »Neun, plus Murray Lawlor, Big Johnny und Fitz? Zwölf? Wenn man die jungen Junkies hinzurechnet, die Sie vergiftet haben, kommt man auf eine ganz schöne Summe, was? Außerdem haben Sie gestern drei Gefängnisbeamte töten lassen. Von denen sind Sie nicht missbraucht worden, oder? Wo soll das enden, Barry? Glauben Sie, man wird Sie einfach hier rausspazieren lassen? Sie nach alledem einen Flieger in irgendein Urlaubspa radies besteigen lassen? Gebrauchen Sie Ihren Grips, Mann!«
    Sein schweißglänzendes Gesicht verriet Jo, dass die Wirkung der Drogen in seinem Körper, welche es auch waren, angefangen hatte nachzulassen.
    »Er stirbt als Nächster«, erwiderte Roberts und deutete auf Dan. »Einer zum Abschied.«
    »Er ist denen da oben egal«, sagte Jo. »Er untersucht einen Fall, der den Justizminister sein Amt kosten wird, denselben, der darüber zu entscheiden hat, wie lange Ihr ›Lebenslänglich‹ dauert.«
    »Sie lügen«, sagte Roberts.
    »Ist alles auf Band. Es wundert mich, dass es Ihr Anwalt nicht erwähnt hat. George Hannah, nicht wahr? Er hat Freunde an höchster Stelle. Was glauben Sie, wie Fitz einer Verurteilung entgangen ist? Was glauben Sie, warum die mich hier reingelassen haben, um mit Ihnen zu reden? Die wären hocherfreut, wenn Sie mich auch beseitigen würden. Wenn Sie das Haus hier abfackeln, tun Sie genau das, was die wollen.«
    »Er wird nicht sein eigenes Zuhause in Brand stecken«, sagte Roberts’ Mutter. »Er will nur Zeit zum Nachdenken gewinnen.«
    »Klappe!«, brüllte Roberts. »Ich kann
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