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Rachespiel

Rachespiel

Titel: Rachespiel
Autoren: Niamh O'Connor
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weder Roberts davon abhielt, seine Waffe abzufeuern, noch das Kommando davon, zurückzufeuern.
    Jo kroch auf Dan zu und zerrte verzweifelt an den Stuhlbeinen, um den Stuhl zum Kippen und Dan in Sicherheit zu bringen. Er fiel mit einem dumpfen Krachen um.
    Sie konnte nichts sehen, aber sie wusste, dass die schmierige Substanz, die an ihm klebte, kein Benzin war. Sie küsste sein Gesicht und flüsterte ihm alles ins Ohr, was sie ihm zu sagen hatte. Egal was passierte, von nun an würden sie zusammenbleiben.

DONNERSTAG

72
    Sexton saß im Auto vor Jos Haus und starrte auf den eselsohrigen Umschlag in seinem Schoß – Mauras Abschiedsbrief. Jetzt, da es etwas gab, das er noch mehr fürchtete, als ihn zu lesen – nämlich Jo zu besuchen, um zu sehen, wie es ihr und ihrer Familie ging –, kostete es ihn gar nicht mehr so viel Überwindung, ihn zu öffnen. Er schlug mehrmals seinen Kopf gegen die Nackenstütze und blickte geradeaus auf die Straße. Dann ließ er das Fenster ein Stück herunter, damit kühle, frische Luft hereinkam, brach das Siegel und zog den Brief heraus. Was auch darin stand, es konnte nicht schlimmer sein als der Kummer, der ihn dort bei Jo erwartete. Er hatte ihre Hand gehalten, seit Roberts wieder in Haft genommen worden war, hatte ihr zugehört, wenn sie ihm ihr Herz ausschüttete, hatte sich bemüht, seinen eigenen Gram und seine Reuegefühle in Schach zu halten. Nur selten zuvor hatte er etwas so Herzzerreißendes gesehen wie den kleinen, ahnungslosen Harry, fein angezogen mit Weste, Hemd und Krawatte, an der Hand seines großen Bruders, als Jo ihnen die Nachricht schonend beibrachte. Rorys Gesicht war rot vom Weinen gewesen, aber vor Sexton hatte er sich keine einzige Träne erlaubt; er war wirklich ganz der Sohn seines Vaters.
    Sexton tat sein Bestes, um Jo Mut zuzusprechen, doch er wusste nur allzu gut, wie hohl Trostworte klingen konn ten, wenn man sie am meisten brauchte. Wenn er es schaffte, jeden Morgen aufzustehen und dem Tag ins Gesicht zu sehen, dann konnte sie das auch, hatte er ihr versichert. Vielleicht würde sie nie wirklich verwinden können, was geschehen war, aber für ihre beiden Jungen würde sie tapfer sein müssen, und ihnen zuliebe würde sie auch einen Weg finden, ihren Frieden damit zu machen.
    Sexton rieb sich das Gesicht. Er war erschöpft. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass dieser Fall vermutlich den größten Erfolg aller Zeiten für das Revier darstellte – ein Menschenhändler- und Drogenring war gesprengt und Barry Roberts endgültig aufgrund der ballistischen Ergebnisse, mit denen ihm die Morde an Fitz, Big Johnny und Murray Lawlor nachgewiesen werden konnten, hinter Schloss und Riegel gebracht worden. Ein paar der berühmtesten Fußballstars der Welt würden sich vor Gericht verantworten müssen, und sogar Justizminister Blaise Stanley war entlarvt worden. Er selbst war entlastet und von jedem Verdacht befreit, weil seine Ermittlungsarbeit den Mist, den er gebaut hatte, als er sich mit Tara in dem Hotelzimmer hatte antreffen lassen, wettgemacht hatte. Aber bei Gott, der Preis war hoch. Er wusste nicht, ob sie Jo je dazu bringen konnten, zurückzukommen.
    Er senkte den Kopf und las den Brief. Er bestand nur aus einer Zeile. »Ich liebe dich, aber ich kann nicht mehr. Patricia.«
    Sexton merkte, wie sich ihm die Nackenhaare sträubten. Warum hätte Maura mit einem falschen Namen unterschreiben sollen?
    Sie hat das nicht geschrieben , sagte er sich.
    Er sah sich die Nachricht genauer an. Es war eindeutig Mauras Schrift, aber nirgends ein Tränenfleck zu erkennen. Maura hatte keine einzige Folge von EastEnders gucken können, ohne sich die Seele aus dem Leib zu heulen. Niemals hätte sie einen Abschiedsbrief an ihn geschrieben, ohne zu weinen. Sich mit dem Staubsaugerkabel erhängen? Auch gleich noch ihr gemeinsames Baby dabei töten? Seine Frau hatte sich gar nicht umgebracht.
    Sexton schob den Brief ins Handschuhfach. Er konnte warten bis zu dem Tag, an dem Jo ihn nicht so dringend brauchte wie jetzt.

EPILOG
    Jo hatte Sonderurlaub während Dans Zeit in der Reha bekommen. In den Monaten ohne die Arbeit hatte sie jedes Zeitgefühl verloren. Es gab keine Wocheneinteilungen mehr, nur noch gute und schlechte Tage. Die guten Tage waren die, an denen er mit ihr zu sprechen versuchte und seine Kämpfernatur zum Vorschein kam. An den schlechten tat er alles, um sie zu vertreiben, sagte schreckliche Dinge, die ihr weismachen sollten, dass er sie nicht mehr liebte.
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