Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Racheopfer

Racheopfer

Titel: Racheopfer
Autoren: Ethan Cross
Vom Netzwerk:
probieren wir es nicht einfach aus?«
    Ackerman seufzte und schüttelte den Kopf. »Sie wissen, dass mein Vater mich als Teil seiner Forschungsarbeit sämtlichen traumatischen Erlebnissen ausgesetzt hat, die die berühmtesten Mörder der Welt geprägt haben? Das war aber noch nicht alles. Er hat mich außerdem gezwungen, Bücher zu lesen, zahllose Bücher. Warum, habe ich nie ganz verstanden. Ich nehme an, er wollte sehen, inwiefern ihr Inhalt mich beeinflusste. Ein Buch, das ich bis in alle Einzelheiten studieren musste, war die King-James-Version der Bibel. Ich wurde zwar nie bekehrt, aber ich kann einige erinnernswerte Abschnitte auswendig. Ein solches Zitat aus dem Munde Jesu – der allgemein als weiser Lehrer betrachtet wird, selbst von denen, die seine Göttlichkeit in Zweifel ziehen – stammt aus dem Matthäusevangelium. › Denn so ihr den Menschen ihre Fehler vergebet, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wo ihr aber den Menschen ihre Fehler nicht vergebet, so wird euch euer Vater eure Fehler auch nicht vergeben.‹«
    Jennifer konnte kein weiteres Wort aus seinem Mund ertragen. Durch die Gitterstäbe spuckte sie ihn an. »Wagen Sie es ja nicht, mir mit der Bibel zu kommen! Sie sind ein geisteskranker Mörder. Sie haben kein Recht, mich zu belehren. Die Bibel spricht auch von ›Auge um Auge‹, aber Sie werden niemals für die Ströme von Blut bezahlen können, die Sie vergossen haben.«
    Ackermans Fassade der Gelassenheit bröckelte, und bevor sie begriff, dass er sich bewegte, schnellte er gegen die Gitterstäbe vor ihr. Er war jetzt nur noch Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. Sie roch seinen stinkenden Schweiß und spürte seinen heißen Atem auf der Haut, zuckte aber nicht vor ihm zurück.
    Er biss die Zähne zusammen, um die Wut einzudämmen, welche unter der Maske brodelte, die er der Welt zeigte. Dann stieß er hervor: »Auge um Auge, Zahn um Zahn, ja! Ich kenne die Bibel, Jennifer. Wissen Sie denn auch, was Jesus Christus sagte? ›So dir jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Backen, dem biete den andern auch dar.‹ Schon mal gehört? Nein? Na egal. Diese niedliche Debatte führt uns nirgendwohin, und ich sollte mich auf den Weg machen. Das heißt, wenn Sie mich nicht töten. Also, spielen wir.«
    Ackerman wies auf eine Stelle an der Wand hinter Jennifer. Dann hob er die Taschenlampe und beleuchtete einen Kasten mit einem großen Schalter an der Seite. Der Kasten war modern, passte nicht in die Umgebung und schien nur provisorisch auf zwei neue Stützbalken montiert zu sein. »Ich nehme an«, sagte Ackerman, »der Schaltkasten ist hier erst kürzlich installiert worden, damit die Arbeiter ohne Schwierigkeiten den Strom an- und abstellen können, wenn sie morgens zur Arbeit kommen und abends nach Hause gehen.«
    Er lenkte den Lampenstrahl auf eine Stelle unter dem Schaltkasten. Ein alter Holztisch war an die Wand geschoben und mit einem großen Trümmerstück beschwert worden. »Wenn Sie mich wirklich töten wollen, brauchen Sie sich nur auf den Tisch zu stellen und den Schalter umzulegen.«
    Ackerman ging zu Davids Stuhl und stellte sich hinter seinen Gefangenen. Mit der Taschenlampe beschien er ein langes, blankes Kabel zwischen Davids Beinen. »Das habe ich aus der Wand gezogen. Es ist mit dem Schaltkasten verbunden. Sie brauchen nur den Schalter umzulegen, und Ihre Rache ist vollendet. Alles, worauf Sie hingearbeitet haben, worauf Sie gehofft haben, werden Sie erreichen. Die elektrische Spannung beträgt nur einhundertzwanzig Volt, aber die Stromstärke ist tödlich. Sie reicht mehr als aus, um einen Mann umzubringen … oder zwei Männer, wie das Schicksal es will.«
    Jennifers Blick heftete sich auf David.
    »Legen Sie den Schalter um, Jennifer, und wir sterben beide durch einen Stromschlag«, sagte Ackerman. »Ich weiß, dass dieser Mann Ihnen sehr viel bedeutet. Ich sehe es in Ihren Augen. Ich habe es gesehen, als ich hier ankam. Da hat er Ihnen die Hand auf die Schulter gelegt. Eine Geste liebevoller Zärtlichkeit. Jemand schrieb einmal: ›Wer wenig erreichen will, muss nur wenig opfern. Wer aber viel erreichen will, der muss auch viel opfern.‹ Schön, nicht wahr? Ich sagte Ihnen ja, dass Ihre Rache einen Preis haben wird. Wenn Sie bereit sind, Ihren Freund zu opfern, können Sie alles beenden. Sie können mich in meinem eigenen Spiel schlagen.«
    Jennifer verstand nichts von Kabeln und Elektrizität, aber sie erinnerte sich, wie Kendrick erwähnt hatte,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher