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Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)

Titel: Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
Autoren: Jonathan Kellerman
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wurden die Oberschenkelknochen vermessen.
    Wilkinson meinte, dass zwei der Opfer vermutlich bereits ein Kind geboren hatten, eine Tatsache, die im Gespräch mit den Eltern nicht erwähnt wurde, warum auch.
    Milo sorgte dafür, dass die sterblichen Überreste rasch freigegeben wurden, und nahm an allen Beerdigungen teil.
    Umfangreichere Grabungsarbeiten auf dem Feld förderten keine weiteren Leichen zutage, auch keine sonstigen Beweise.
    Die Leichen von Dr. Louis Wainright und Krankenschwester Joanne Morton wurden nicht gefunden.
    Die Augäpfel in »Bern Shackers« Praxis in Beverly Hills waren für eine DNA -Analyse bereits zu sehr vom Formaldehyd angegriffen. Dr. Clarice Jernigan meinte, sie müssten nicht unbedingt von einem Opfer stammen, sondern könnten ebenso gut Modellpräparate für Optiker und Augenärzte gewesen sein.
    Dr. Jernigan ist eine ausgezeichnete und erfahrene Pathologin, und sie ist eine knallharte Realistin.
    Aber vor Wunschdenken ist niemand gefeit.
    Die Pizzakartons aus dem Tunnel werden ausschließlich von einem Imbiss-Stand in Oxnard benutzt, zwischen Santa Barbara und Malibu am Highway 1, der vor allem von der Straßenkundschaft lebt. Eine Schülerin, die an den Wochenenden abends dort jobbt, meinte, James Harrie hin und wieder gesehen zu haben.
    Das Mädchen ist ein schlaues Kind und kann sich noch ganz genau an das erinnern, was der Mann bestellt hat.
    Es war immer das Gleiche: eine kleine Margarita und eine große Pizza mit Salami und Pilzen.
    Grant Huggler wartet im Starkweather State Hospital für geisteskranke Straftäter auf seinen Prozess. Er ist ein Vorzeigepatient und entzieht sich einer simplen Diagnose. Sein vom Gericht bestellter Verteidiger und der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt John Nguyen haben unabhängig voneinander durchblicken lassen, dass sie mich als Sachverständigen anrufen würden, sobald der Fall vor Gericht käme. Ich habe beiden erklärt, dass ich das ungern tun würde, und sie sind nicht weiter in mich gedrungen. Aber sie sind Juristen. Noch haben sie nicht aufgegeben.
    Mit der Ungewissheit kann ich leben.
    Milo hat nie über das gesprochen, was auf dem Feld passiert ist. Er hat mich gefragt – zweimal, denn er ist im Augenblick besonders geistesabwesend –, ob ich glaube, dass Huggler je in einem Gerichtssaal landen oder in seinem Isolationsraum weggeschlossen bleiben würde.
    »Vielleicht verfrachten sie ihn auch in irgendeine andere Klapsmühle. Vielleicht nach Kansas? Wir schulden denen noch was.«
    Beide Male antwortete ich ihm, dass ich darauf nicht wetten würde.
    Ich bin in letzter Zeit leicht reizbar, wobei das Zusammenleben mit Robin und Blanche ganz gut klappt. Ich kommuniziere und handele korrekt und tue überzeugend so, als sei alles normal.
    Die Albträume haben im Großen und Ganzen aufgehört. Aber die Augäpfel spuken mir immer noch im Kopf herum und die vier Mädchen, deren Leichen nicht gefunden wurden, Louis Wainright und Joanne Morton.
    Belle Quigg hätte Louie wieder zu sich nehmen können, lehnte aber ab. Milo erklärte sie, sie habe auch so genug mit ihrem Alltag zu kämpfen.
    Louie und Ned sind von einer Familie aus Ojai adoptiert worden, einer Mormonen-Sippe mit zwölf Kindern, die sich seit Langem um alte, kranke und ausgesetzte Haustiere kümmert. Mir wurde berichtet, dass beide Hunde wieder Fleisch angesetzt haben und Ned sogar hin und wieder genug Energie zum Spielen hat.
    Ich habe mehrere neue Patienten abgewiesen, gehe mehr laufen und höre öfter Musik, alles von Steve Vai bis zu Bachs Brandenburgischem Konzert Nr. 6.
    Ich suche jeden Tag mein Arbeitszimmer auf, schließe die Tür und tue so, als würde ich arbeiten. In Wahrheit sitze ich aber meistens nur am Schreibtisch und grübele so lange, bis ich mich zwinge, damit aufzuhören.
    Ich habe überlegt, meine Selbsthypnose-Technik wieder aufzufrischen oder irgendeine neue Form der Meditation zu erlernen, die mir vielleicht hilft, mein Hirn zu entleeren.
    Ich denke darüber nach, die Eltern der vier Mädchen aufzusuchen, deren Leichen nicht gefunden worden sind, und mit Dr. Louis Wainrights erwachsenen Kindern zu sprechen.
    Zum Fall von Wainrights Krankenschwester Joanne Morton hat es keine Ermittlungen gegeben, und das stört mich mehr, als mir lieb ist.
    Ich mache mir Gedanken darüber, wie Grant Huggler und James Harrie zu dem werden konnten, was sie waren.
    Doch in diesem Punkt bin ich nicht sicher, ob ich wirklich eine Antwort hören will.

Jonathan Kellerman
    ist
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