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Die Erlösung der Frauen (German Edition)

Die Erlösung der Frauen (German Edition)

Titel: Die Erlösung der Frauen (German Edition)
Autoren: Lucius Forster
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Wenn man an einem dieser global erwärmten deutschen Sonntage im Park oder auf einer Bierbank sitzt und verzweifelt versucht, die quälende innere Leere zu füllen mit einer Radlermaß – und dann ist da eine schöne Frau mit einer Sonnenbrille und lächelt einem zu und man fragt sich: Ist das jetzt schon das Paradies?
    Und dann empfängt sie einen zum Gespräch an ihren Tisch und mit all der jahrelang antrainierten Wortgewandtheit und dem kosmopolitischen Charme beschreibt sie dir die eigenen Abläufe, legitimiert sich als selbstverwirklichtes Geschöpf. Milliarden innerer Strömungen, das Chaos des Denkens, die Unberechenbarkeit der subtilsten Gefühle, alles gebündelt und hinaus gestoßen durch das vieldeutige Wort. Der Mund ist auch schon zu vielen anderen Sachen gut als zum Reden, denkt man sich, aber wenn sie dann bei dir liegt und sich als sehr geschickt herausstellt im Umgang mit Zärtlichkeiten und diese starken Düfte in der Luft liegen – für einen Moment steht dann der innere Dialog still, die Parteien schweigen. Bis es zu ende geht. Die Düfte werden plötzlich lästig und das Geschwätz erscheint unreflektiert und langweilig. Vielleicht bist du ein bisschen verliebt. Dann geht man auseinander.

    // Donald Köster war gerade 30 geworden und hatte dies zum Anlass genommen, die ein oder andere Überlegung hinsichtlich seiner Zukunft anzustellen. Nicht, dass er ernsthaft daran gedacht hätte, sein Leben zu verändern. Es handelte sich vielmehr um eine Art Gedankenspiel zugunsten des inneren Ausgleichs, quasi eine Art Selbstfindung im Kopfe. Das erste, was ihm dabei einfiel, ist dass er immer davon geträumt hatte, auszuwandern. Und zwar völlig unfokussiert, einfach irgendwo anders hin, eventuell in ein Gebiet, wo Palmen wuchsen, aber das war auch schon alles, was ihm einfiel: Palmen. Die gab es zum Beispiel auf Barbados, da hatte er mal Urlaub gemacht auf Kosten einer Best Agerin namens Gabriele. Gabriele hatte in den 80er Jahren sinnlos viel Geld verdient mit einer kleinen Boutique für Designer-Outdoor-Fashion in der Kaiserstraße, München Schwabing. Anoraks und Wanderstiefel für den Snob von Welt, der auch bei der Himalaya-Besteigung in 6000 Metern Höhe noch eine gute Figur machen will. Donald hatte Gabriele auf einer Vernissage des Aktionskünstlers Fritz kennen gelernt und eigentlich hatte er da gar nicht hingehen wollen. Aber eine vollbusige, junge Kunsttherapiestudentin namens Antje, die er auf der Straße angesprochen hatte, war um mehrere Ecken mit Fritz befreundet und um den Anblick ihres einladenden, nur seicht von einem dünnen Baumwollstoff umrankten Dekolletés in vollen Zügen genießen zu können, hatte er beschlossen, die ganze Sache auszusitzen. Leider war die Vorstellung noch schlimmer gewesen als erwartet: Fritz, der aussah, als wäre er soeben volljährig geworden, unfassbar übergewichtig und ein echter Berliner Sauprolet, hatte in einer heruntergekommenen Dachgalerie eine viktorianische Badewanne aufgestellt, sie mit Bayrisch Creme gefüllt und sich in Lederhosen bekleidet hineingelegt. Antje war natürlich total aufgeregt, was sich bei ihr dadurch äußerte, dass sie mit weit aufgerissenem Mund herumlief und dabei aussah wie eine Gummipuppe.
    Das ist ein krasser Typ oder? Ist ein Freund von meinem kleinen Bruder.
    Was ist sein Problem?
    Keine Ahnung. Der ist halt voll krass.
    Immer wieder griff Fritz mit der ganzen Hand in die Creme und schleckte sie genüsslich ab, wobei er sich Mühe gab, ein möglichst abstoßendes Gesicht dabei zu machen. Als Donald sich an einem als Bar verkleideten Tapeziertisch ein Bier holte, traf er dort auf Gabriele, die sich gemeinsam mit zwei Freundinnen über eine Flasche Champagner hermachte.
    Also ich finde das toll. Das ist wie eine Predigt. Dass man sich seine Schwächen ganz offen eingestehen soll.
    Ich sehe das eher so als Spiegel, den er dem Schlankheitswahn entgegen hält.
    Mein ich doch.
    Vielleicht ist es aber auch ne Kritik an der Reichhaltigkeit des bayerischen Essens.
    Fasziniert und sprachlos betrachtete Donald die aufgeregten Gesichter der älteren Damen, Gabrieles geliftete Stirn, die gebleichten Zähne, dezent aufgetragener und doch billig wirkender Lippenstift, im Laufe der Jahre auffällig hervor getretene Sehnen am Hals, ein gerötetes Dekolleté, die blonden Haare struppig, geziert von einer Rosenbrosche, ein sündhaft teures Kostüm aus karminrotem Schurwollbouclé mit schmalem Rock und goldfarbenen Knöpfen auf der Jacke,
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