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Die Erlösung der Frauen (German Edition)

Die Erlösung der Frauen (German Edition)

Titel: Die Erlösung der Frauen (German Edition)
Autoren: Lucius Forster
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Spaß macht. Es erinnert einen an die Geburt.
    Für Johann war der Sex ein rein intellektuelles Problem. Das lag aber nicht zuletzt daran, dass er kaum welchen hatte. Wenn er Frauen in seinem Domizil empfing, so genügte ihm das erotische Knistern, die reine Möglichkeit, sie in eines seiner fünf Schlafzimmer zu führen. Er tat es nie. Oft genug kam Donald in den Sinn, dass Johann homosexuell war, ohne es zu wissen oder sich eingestehen zu wollen. Aber in Wahrheit war er vermutlich einfach nur total verklemmt. Er ekelte sich vor den Gerüchen, vor dem schmatzenden Geräusch einer feuchten Muschi, vor Spermaflecken auf dem Bettlaken und Pinkelgeräuschen im Badezimmer. Er verachtete alles, worüber er keine Kontrolle hatte. Zu oft schon hatte ihn der Anblick einer nackten Frau schockiert, wenn sie ihre schicken Gewänder und ihr neckisches Lächeln abgelegt hatte und all ihre Makel zum Vorschein kamen. Johanns Sehnsucht nach absoluter Perfektion, das wusste Donald, würde ihm eines Tages zum Verhängnis werden. Als der Pegel der Whiskeyflasche einen besorgniserregenden Tiefstand erreicht hatte, stand Johann plötzlich auf und strich sich seine Jacke zurecht.
    Ich hoffe, Du bist bereit für ein kleines kulinarisches Experiment.
    Sie gingen in den Garten. Es hatte längst aufgehört zu regnen, doch das Gras und die Hecken waren immer noch pitschnass. Der Geruch von saftigem Grün lag in der Luft. Ein greller Halbmond stand am Himmel und beleuchtete die vom Unwetter übrig gebliebenen Wolken. Johann hatte eine Schaufel in der Hand und begann, in einer entlegenen Ecke des Gartens ein Loch zu graben.
    Seit drei Monaten warte ich auf diesen Moment. Ich freue mich, dass du dabei sein kannst.
    In etwa einem halben Meter Tiefe kamen zwei unförmige Klöße zum Vorschein. Sie sahen aus wie Meisenknödel oder getrocknete Haferbällchen. Es handelte sich um so genannte Tausendjährige Eier, laut Johann ein chinesisches Rezept, vermutlich einstmals schlichtweg eine Konservierungsmethode. Enteneier werden mit Kalk, Asche, Salz und grünem Tee überzogen und dann mehrere Monate in der Erde vergraben. Johann servierte die Spezialität auf der Veranda, wo er einen riesigen, barocken Kandelaber auf dem Tisch platziert hatte, der den gesamten Garten in ein angenehmes, heimeliges Licht tauchte. Die Eier schnitt er in Scheiben. Sie waren wabbelig, gallertartig, der Dotter tiefschwarz, das Eiweiß bernsteinfarben. Dazu reichte er Ingwer, Gurkenscheiben und Stücke vom Magen eingelegter Hühner. Es war ein erhabener, fast heiliger Moment und als Donald spätnachts den Heimweg antrat, war er seltsam beschwingt, so als ob plötzlich alles einen Sinn ergäbe. Die Lichter, die sich spiegelten auf dem nassen Asphalt, kamen ihm vertraut vor und versöhnlich, das Leben erschien ihm mit einem Male wahrhaftig und intensiv, durchdrungen von Klarheit. Er wankte, tänzelte und summte eine leise Melodie. Beim Einschlafen lauschte er feierlich lächelnd dem morgendlichen Gezwitscher der Vögel.

    // Er schlief nicht lange. Nach nur sechs Stunden erwachte er mit Herzrasen und einer Erektion, die sich anfühlte, als wäre sein Schwanz im Begriff auseinander zu bersten. Es war nicht das erste Mal. Das kam vom Alkohol. Er torkelte ins Bad, würgte zwei Kopfschmerztabletten herunter und stand dann völlig verloren nackt in der Küche herum, wo er an nichts anderes denken konnte als an Sex. Fast panisch überlegte er, welche seiner diversen weiblichen Bekanntschaften sich so früh am Morgen konsultieren ließ, um das Problem schnell und unkompliziert in den Griff zu kriegen. Er durchforstete sein Telefonbuch. Ein solches Unternehmen erforderte eine klare Strategie. Viele Frauen würden es als Beleidigung empfinden, dass er mit solch eindeutigen und rein sexuell motivierten Ambitionen an sie herantrat, ganz davon abgesehen, dass es unter der Woche war und die meisten wohl sowieso in irgendwelchen Büros oder Vorlesungssälen saßen. Am Liebsten hätte er wohl Jenny aufgesucht, bei der fühlte er sich wohl und sie wusste, woran sie bei ihm war, aber die arbeitete im Supermarkt. Der Gedanke, dass sie mit ihren riesigen Eutern und ihrem pausbäckigen Bauerngesicht gerade den Strichcode einer Milchtüte einlas oder das Wurstregal mit frischen, in Plastik verpackten Billigwaren bestückte, geilte ihn dermaßen auf, dass er nur noch nervöser wurde. Am aussichtsreichsten erschien es ihm, Paula anzurufen, die hatte eigentlich nie irgendwas zu tun und außerdem war
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