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1563 - Blut-Geschwister

1563 - Blut-Geschwister

Titel: 1563 - Blut-Geschwister
Autoren: Jason Dark
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»Warum stehst du auf, Walter?« Ein kurzes Husten. »Es ist zwei Uhr in der Nacht.«
    »Weiß ich, Amanda.«
    »Dann bleib liegen.«
    Walter schaltete auf stur. »Nein.«
    Seine Frau ließ nicht locker. »Hast du Durst? Willst du dir Wasser holen oder etwas zu essen?«
    »Auch nicht.«
    Walter Quirin quälte sich hoch. In seinem Alter, mit vierundsiebzig, stand man nicht so locker auf wie mit dreißig. Und den Grund seines Aufstehens wollte er seiner Frau auch nicht sagen. Er hatte ein Geräusch gehört, und das hatte ihm gar nicht gefallen. Schon deshalb nicht, wenn er daran dachte, was in den letzten Nächten in der Umgebung geschehen war.
    Es war draußen zwar finster, aber es gab einen klaren Himmel, und an ihm stand ein Mond, der noch nicht ganz voll war und aussah wie ein Kreis, der an der linken Seite eine Delle bekommen hatte. Deshalb würde er auch in der Nacht gut sehen können. Zudem konnte er sich auf das Licht der beiden nicht weit entfernt stehenden Laternen verlassen.
    Seine Füße fanden die Pantoffeln. Er schlüpfte hinein und ging über den Teppich auf das Fenster zu, dessen Gardinen nur halb vorgezogen waren.
    Er stellte sich vor die Scheibe und achtete darauf, dass sie durch seinen Atem nicht beschlagen wurde. Als er das Fernglas auf der Fensterbank liegen sah, nickte er zufrieden.
    Eigentlich hatte er es nur hier liegen, um Vögel zu beobachten, doch es war auch für andere Dinge gut. Das würde sich bald herausstellen.
    Seine Frau ließ ihm keine Ruhe. Sie saß jetzt im Bett und fragte: »Was machst du denn da?«
    »Ich schaue aus dem Fenster.«
    »Bist du ein Spanner?«
    »Quatsch.«
    Amanda schüttelte den Kopf. Ihr Mann ging manchmal seltsame Wege. Er war vor allen Dingen sehr neugierig. Das steckte noch immer in ihm, wenn sie daran dachte, welch einem Beruf er nachgegangen war. Er hatte für irgendeinen Dienst gearbeitet.
    Was er da genau getan hatte, das war ihr unbekannt geblieben. Walter hatte nie darüber gesprochen, aber sie konnte sich gut vorstellen, dass es ein Geheimdienst gewesen war, und da redete man eben nicht viel mit anderen Menschen darüber.
    Die Zeit war vorbei. Mit siebzig Jahren arbeitete man nicht mehr. Und beide hatten auch ihre Wohnverhältnisse verändert. In ihrem kleinen Haus lebte jetzt ihr Sohn.
    Die Alten waren in eine Senioren-Residenz gezogen, in der sie sich recht wohl fühlten.
    Es war kein Altersheim im üblichen Sinne. Man konnte das Haus eher mit einem guten Hotel vergleichen. Wer Unterhaltung haben wollte, der konnte sie bekommen, wer für sich bleiben wollte, dem stand auch nichts im Wege. Sie hatten hier ihre eigene Wohnung, und die drei kleinen Zimmer reichten ihnen. Zudem waren sie sehr geräumig. Hinzu kam noch das Bad. Ihre Möbel hatten sie mitnehmen können, zumindest einen Teil, und auch für ihr Auto gab es einen Garagenplatz.
    Walter stand weiterhin vor dem Fenster, ohne etwas zu sagen. Er starrte in die Dunkelheit, und seine Frau hielt es nicht mehr aus.
    Vom Bett aus fragte sie: »Was hast du denn?«
    »Ich habe was gehört.«
    »Und weiter?«
    »Nichts weiter. Jetzt will ich herausfinden, woher das Geräusch gekommen ist. Mehr nicht.«
    »Und was war es?«
    »Stimmen. Ein Lachen.«
    »Da werden welche ihren Spaß haben.«
    »Kann sein.«
    Amanda ärgerte sich über die Einsilbigkeit ihres Mannes. Das war wie früher als er noch im Dienst war. Den Job hatte jetzt der Sohn übernommen, und auch die Schwiegertochter hatte sich schon über seinen Dienst geärgert.
    Walter war noch nicht in seinem Ruhestand angekommen. Er ging weiterhin mit offenen Augen durch die Welt, und auch hier in der Senioren-Residenz traute er dem Braten nicht, obwohl man sich bemühte, den Bewohnern alles recht zu machen.
    Amanda hielt es nicht länger im Bett. Auch sie schlüpfte in ihre Pantoffeln und ging zu ihrem Mann.
    »Na, hast du was entdeckt?«
    »Im Moment noch nicht.«
    »Da war auch nichts.«
    »Das glaube ich nicht.«
    Sie stellte keine weiteren Fragen mehr und schaute nach draußen.
    Vor dem Haus lag eine sehr gepflegt aussehende Rasenfläche. Dahinter führte ein breiter Weg entlang, den man als Stichstraße bezeichnen konnte. Er endete an der normalen Straße, auf der nur wenig Verkehr herrschte. Diese Senioren-Residenz befand sich in einer sehr ruhigen Gegend.
    Jenseits der Straße gab es wieder ein nicht bebautes Stück Land. Man konnte es als Feld bezeichnen, Teile davon hatte ein Gärtner angemietet und dort seine Baumschule angelegt. Die Gewächse
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