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R4ge Inside

R4ge Inside

Titel: R4ge Inside
Autoren: Jeyn Roberts
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NICHTS
    Hallo.
    Ich weiß, dass du mich vermisst hast.
    Ich habe mich auch vermisst.
    Was soll ich sagen? Ich war unterwegs. Ich habe alles gesehen. Ich bin durch die Straßen geschlichen. Durch Eisenbahntunnel gekrochen. Über das Wasser gegangen, während sich Flammen in meinen Augen gespiegelt haben. Ich habe den Dreck von Löffeln geleckt und Kaugummi aus meinen Schuhsohlen herausgekratzt.
    Eigentlich spielt das alles keine Rolle. Im Moment lassen sie mich in Ruhe. Aber ich weiß, dass das nicht mehr lange so bleiben wird. Die Hetzer wollen mich wiederhaben. Sie haben die Schnüre der Marionette für den Bruchteil einer Sekunde locker gelassen und das unartige Kind ist in die Wildnis geflohen. Noch einmal werden sie den gleichen Fehler nicht machen.
    Ich höre, wie sie mich rufen. Sie fangen an, nach mir zu suchen. Sie haben mich auf dem Radar. Irgendwann werden sie mich finden und an den Füßen zurückschleifen.
    Dann wird sich alles ändern.
    Von einem Augenblick zum anderen wird sich die Geschichte wiederholen. Es wird nicht das erste Mal sein. Von dem Moment an, in dem die Menschheit aus der Ursuppe gestiegen ist, sind sie da gewesen, um uns daran zu erinnern, wo unser Platz ist. Offensichtlich hat eine kleine Schar Auserwählter das Ganze überstanden und kann davon erzählen, sonst wären wir jetzt nicht da. Aber wie viele von uns werden diese Runde überleben?
    Ticktack. Ticktack.
    Die Zeit wird knapp.
    Wenn mitten in der Stadt ein Baum umfällt – bemerkt das überhaupt jemand? Hören sie das Splittern des Holzes? Sehen sie, wie die Blätter über ihnen zittern? Spüren sie die Verzweiflung oder den plötzlichen Luftzug in ihrem Gesicht?
    Die eine, endlos lange Sekunde, bevor die Schwerkraft siegt und das, was einmal ein stolzer Baum war, zu einem Stück totem Holz wird.
    Baum fällt!
    Oder setzen sie ungerührt ihren Alltag fort, arbeiten einfach weiter mit einem Caffè Latte in der Hand, während ihre iPods plärren und ihre BlackBerrys klingeln? Während sie alles ignorieren, was sie erlebt haben?
    Es gab Warnungen. Es gibt immer Warnungen. Aber wir haben sie nicht gesehen. Wir wollten sie nicht sehen. Wir haben nicht geglaubt.
    Und jetzt sind wir am Ende.
    Das Spiel ist aus.
    Ãœberall auf der Welt scharen die Hetzer ihre Armeen um sich. Sie übernehmen die Städte. Sie bauen die Zivilisation zu ihren Bedingungen wieder auf. Sie haben Ansichten, die dir nicht gefallen werden.
    Menschen gelten als Viren. Als Mutation. Als Krankheit. Sie müssen aus der Welt geschafft werden. Die, die noch übrig sind, werden von den Hetzern kontrolliert, um sicherzustellen, dass die Menschen nicht wieder böse werden. Wie früher.
    Manchmal wache ich mitten in der Nacht auf, ergriffen von Panik, die ich nicht erklären kann, aus einem Traum, an den ich mich nicht erinnern kann. Ist das mein Leben? Bin ich dazu verdammt, mich für den Rest meiner Tage zu fragen, was real und was Albtraum ist?
    Wer bin ich?
    Ich bin nichts.
    Wirklich?
    Oder bin ich der, dem sie inzwischen vertrauen?
    Ich möchte der sein, mit dem sie morgens aufwacht, wenn die ersten Sonnenstrahlen auf ihr Kissen fallen. Ich möchte mit ihr zusammen auf der Ufermauer laufen, ihre Hand halten und zärtliche Blicke tauschen. Ich möchte sie in einem Schloss oder einer Blockhütte verstecken, wo sie in Sicherheit ist und nichts sie jemals wieder zum Weinen bringen kann.
    Aber vermutlich werde ich der sein, der ihr das Messer an die Kehle hält.
    Ticktack. Ticktack.
    Was wird als Nächstes geschehen? Ich weiß es genauso wenig wie du.

DREI WOCHEN VOR DEN ERDBEBEN
BEVOR DIE WELT UNTERGEHT
BEVOR DIE HETZER AUFWACHEN

DER MANN
    Im Keller gefiel es ihm. Hier unten war es ruhig. So schön ruhig.
    Hier konnte er die Stimmen viel besser hören.
    Als sie das erste Mal zu ihm sprachen, versuchte er, sie zu ignorieren. Er hatte Berichte im Fernsehen gesehen, über Leute, die vollkommen verrückt geworden waren. Stimmen zu hören verhieß nichts Gutes. Er versuchte, sie zum Schweigen zu bringen. Doch die Stimmen wollten nicht gehen. Die Trinkerei machte es womöglich noch schlimmer. Sie sagten furchtbare Dinge zu ihm. Sie flüsterten in seinem Kopf, was geschehen würde. Sie redeten über die Zukunft. Erdbeben. Tod. Chaos. Sie sprachen darüber, wie wichtig er sei. Er wollte es nicht glauben.
    Doch mit der Zeit wurde das, was die Stimmen
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