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R4ge Inside

R4ge Inside

Titel: R4ge Inside
Autoren: Jeyn Roberts
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Aber ich muss dich auch daran erinnern, dass wir hier sind, um zu reden. Ich kann dir nicht helfen, wenn du mir nicht hilfst.«
    Es wäre ihm lieber gewesen, wenn sie nicht dauernd seinen Namen gesagt hätte. Niemand wurde gern daran erinnert, dass er existierte.
    Er seufzte. »Er ist nach dem Unterricht auf mich zugekommen. Hat mich gegen die Schließfächer gestoßen. Hat gesagt, ich hätte mit meinem Rad sein Auto gestreift. Dabei war ich nicht in der Nähe seines Wagens. Ich weiß nicht mal, wie er aussieht. Als ich es abgestritten habe, hat er mir zweimal eine verpasst. Mit der Faust.«
    Im Raum war es still bis auf das Kratzen von Dr.   Coats’ Kugelschreiber auf dem Papier. Sie machte sich mehrere Minuten lang Notizen, bevor sie Daniel wieder ansah. Er redete nicht weiter. Das Handy in seiner Tasche klingelte. Er hatte vergessen, es auszuschalten. Schnell zog er es heraus, während der Ryan-Adams-Song irrsinnig laut wurde. Die Gitarrenklänge hallten an den Wänden wider. Er machte das Telefon aus.
    Plötzlich wurde er rot und fühlte sich, als hätte er etwas furchtbar Peinliches getan. Als wäre er nur mit einem Regenmantel und einem Paar nasser Schuhe bekleidet zu diesem Termin erschienen.
    Als er den Kopf hob, bemerkte er, dass die Ärztin ihn genau beobachtete. »An was kannst du dich noch erinnern, Daniel?«
    Sein Mund war trocken, er konnte nicht schlucken. An was konnte er sich erinnern? Sie hatten ihm gesagt, dass er durchgedreht war. Dass er Chuck am Hemd gepackt und ihn mehrmals ins Gesicht geschlagen hatte. Und nachdem Chuck zu Boden gegangen war, hatte er ihm wiederholt auf den Kopf getreten, bis es dem Mathe- und dem Biologielehrer mit vereinten Kräften gelungen war, Daniel wegzuzerren. Chuck hatte ins Krankenhaus gebracht und wegen einer Gehirnerschütterung behandelt werden müssen. Die Ärzte hatten ihn geröntgt, weil sie befürchteten, dass Daniel dem erheblich größeren Jungen den Schädel eingeschlagen hatte. Hinterher hatte Daniel festgestellt, dass Blut durch seine Turnschuhe gesickert war und seine weißen Socken rot gefärbt hatte.
    Aber er konnte sich nicht mehr erinnern.
    Er wusste nur das, was man ihm erzählt hatte.
    Â»Ich weiß nicht«, antwortete er. »Das wär’s eigentlich.«
    Die Ärztin ließ ihr Klemmbrett sinken. »Das ist alles, woran du dich erinnern kannst?«
    Â»Ja.«
    Â»Ist dir das früher schon mal passiert? Dass du von bestimmten Vorfällen nichts mehr weißt?«
    Er zögerte, dann schüttelte er den Kopf. Log. Wartete, während sie sich noch mehr Notizen machte.
    Â»Kopfverletzungen?«
    Â»Nein. Vielleicht, als ich noch klein war. Aber nichts Größeres. Das, was allen Kindern passiert. Ich glaube, einmal bin ich von der Couch gefallen. Da musste ich in die Notaufnahme.«
    Â»Aber nicht in letzter Zeit?«
    Er schüttelte erneut den Kopf.
    Â»Irgendwelche anderen Schlägereien?«
    Â»Nein.« Zumindest keine, die er zugeben würde.
    Â»Was ist mit Aggressivität? Denkst du manchmal daran, anderen Leuten wehzutun?«
    Er hatte sich noch nie für gewalttätig gehalten. Er war eher der ruhige Typ, der jeden Tag zur Schule ging und mit ein paar guten Freunden abhing. Der nicht so wahnsinnig beliebte Junge, der in der Mittagspause las und Gitarre auf dem Rasen spielte, wenn das Wetter gut war. Make Love, not War. Es gab ein paar Mädchen, die dem zustimmen würden. Er war der Typ, von dem alle annahmen, dass er irgendwas Geisteswissenschaftliches studierte und irgendwann mal ein unverschämt erfolgreicher Schriftsteller würde. Selbst unter seinem Bild im Jahrbuch stand, dass er »sehr wahrscheinlich den Pulitzer-Preis in Literatur« bekommen würde.
    Aber gewalttätig? Nein, das war nicht seins. Zumindest hatte er das gedacht. Es war das, was er sich einredete.
    Lass sie leiden. Sie werden alle sterben.
    Daniel nahm seine Jacke. »Ich muss gehen.«
    Dr.   Coats sah ihn überrascht an. »Wir haben noch fünfundvierzig Minuten. Wenn du jetzt gehst, muss ich das melden. Du weißt, dass dieses Gespräch nicht freiwillig ist.«
    Das ist nicht wichtig. Nichts davon ist wichtig.
    Â»Es tut mir leid«, sagte Daniel. »Ich möchte nicht mehr reden. Ich muss los.«
    Er griff nach dem Türknauf und war schon aus dem Zimmer, bevor sie noch etwas sagen konnte.
    Draußen regnete es. Er zog
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